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Boston Celtics

Len Bias—der „Next Jordan", den das Kokain umbrachte

Bias galt als das größte College-Talent seit Michael Jordan. Er sollte den Celtics eine goldene Zukunft sichern—bis es zur wilden Draft-Nacht kam. Es folgten Antidrogen-Gesetze und ein weiterer Schicksalsschlag für seine Eltern.
Foto: Isaac Brekken/AP

Die Verbindung zwischen Sportlern und unerlaubten Substanzen ist fast so alt wie der Sport selbst. Der Traum von Titeln und millionenschweren Verträgen oder einfach nur ein etwas zu groß geratenes Ego sorgen dafür, dass so manch einer zu allem bereit ist, solange er dadurch besser wird. Oder eben den Eindruck erweckt.

Doping bedeutet im ursprünglichen Sinne, dass man sich mit verbotenen Mitteln einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz verschafft. Doch in den letzten Jahrzehnten haben Freizeitdrogen ein neues Phänomen hervorgerufen: Sportler, die zu verbotenen Substanzen greifen, weil sie einfach Lust auf die berauschende Wirkung haben—ohne sich durch den Konsum einen Wettbewerbsvorteil verschaffen zu wollen. Der Erste, der einem in diesem Zusammenhang in den Sinn kommt, ist Diego Armando Maradona. Unbestritten ein fußballerisches Genie, aber gleichzeitig ein Mensch mit autodestruktiven Verhaltensmustern—und einer ausgeprägten Kokainabhängigkeit.

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Doch auch in der Welt des Basketballs gab es Fälle von Drogenmissbrauch. Und der wohl tragischste trägt den Namen Len Bias. Wer das ist? Wir erzählen euch kurz seine Geschichte. Die Geschichte des besten Basketball-Spielers aller Zeiten, der nie auf Profi-Niveau spielen konnte.

Der US-Amerikaner Leonard Kevin Bias war der perfekte Sportler. Er spielte für die University of Maryland, sorgte aber schon bald landesweit für Schlagzeilen. Die Expertenwelt war von seiner Sprungkraft, seiner Athletik und seinem Spielverständnis begeistert. Und weil er außerdem in kniffligen Momenten einen kühlen Kopf bewahrte, gewann er während seiner College-Zeit gleich zweimal die Auszeichnung als besten Spieler der Atlantic Coast Conference.

Der 2,03-Meter-Forward war so gut, dass sogar Vergleiche zu Michael Jordan gezogen wurden. So meinte Celtics-Scout Ed Badger über Bias: „Er kommt so nah an Michael Jordan ran wie lange keiner vor ihm. Ich sage nicht, dass er so gut ist wie Michael Jordan, aber er ist ein ähnlich explosiver und aufregender Spieler." Zum Zeitpunkt der Äußerung spielte Jordan seine zweite Profisaison bei den Bulls.

Michael Jordan und Len Bias duellieren sich in einem College-Spiel

Im Jahr 1986 sollte auch Bias' NBA-Traum in Erfüllung gehen. Und damit auch der Traum der Boston Celtics. Denn deren Präsident, Red Auerbach, sagte nach dem Draft, dass er Bias seit drei Jahren auf dem Schirm hatte und keinen anderen Spieler wollte.

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Am Dienstag, den 17. Juni 1986, war es dann so weit. Die Celtics, amtierender NBA-Champion, wählten Bias als zweiten Overall-Pick bei der Draft im Madison Square Garden aus. Sein neuer Trainer zeigte sich entzückt: „Wir werden um Bias herum die Mannschaft aufbauen, denn er ist so gut, dass ihn keiner aufhalten kann", so Trainer K.C. Jones im Interview. Bias sollte an der Seite von Larry Bird, Kevin McHale, Robert Parish und Dennis Johnson sich zum Superstar entwickeln und die Kelten in die 90er führen.

Noch am selben Abend fuhr Bias mit seiner Familie nach Maryland zurück. Die Stimmung war ausgelassen, schließlich war der Sohnemann im Begriff, schon bald ein neues Leben zu führen. Angefangen mit einem Reebok-Sponsorenvertrag in Höhe von 1,6 Millionen Dollar. Und vielleicht, ja vielleicht würde er sogar Jordan vom Thron stoßen können.

Bias im Trikot der University of Maryland. Foto: Icon SMI/Getty Images

Einen Tag später ging er mit Teamkollegen und Kumpels vom College aus, darunter auch mit seinem langjährigen Freund Brian Tribble. Die Jungs hatten eine Menge Spaß, tranken Alkohol und nahmen Kokain. Gegen sechs Uhr morgens—nachdem Bias schon wieder zurück auf dem Campus war, wo er und seine Freunde noch mehr Koks konsumierten—begann sich Bias plötzlich unwohl zu fühlen. Erst klagte er über Atembeschwerden, dann bekam er schwere Krämpfe. Tribble rief daraufhin die Feuerwehr. Doch als der Krankenwagen im Leland Memorial Hospital ankam, war Bias' Zustand schon kritisch. Gegen kurz vor neun Uhr morgens wurde sein Tod festgestellt: Len Bias starb durch eine Überdosis Kokain an Herzrhythmusstörungen. Laut Informationen des TIME Magazine ist es wahrscheinlich, dass Bias in jener Nacht zum allerersten Mal mit Kokain in Berührung kam.

Der unerwartete Tod von Bias erschütterte und schockte die amerikanische Gesellschaft. Schon seit einigen Jahrzehnten hatte der Kokainkonsum in den USA angezogen, trotzdem galt die Droge als weitestgehend harmlos. Plötzlich aber war klar: Auch Koks konnte töten. Nur zwei Monate nach Bias' Tod legte die US-Regierung ein Programm zur Drogenbekämpfung in Höhe von 1,6 Milliarden Euro vor. Und 1988 erließ der US-Kongress ein strengeres Anti-Drogen-Gesetz, das sogenannte „Len Bias Law."

Für die Eltern von Bias sollte es nicht der einzige Schicksalsschlag bleiben. Rund vier Jahre nach dem Tod von Len starb auch ihr jüngerer Sohn Jay bei einem Drive-by-Shooting. In der Folge engagierten sich beide sowohl im Kampf gegen Drogen als auch für strengere Waffengesetze in den USA.

Auch Jay war ein großes Basketball-Talent. Doch nur sein größerer Bruder galt für einige Sportjournalisten als der beste Basketballer aller Zeiten, der nie als Profi spielte.