Foto: imgao | FUTURE IMAGE
"Die Klientel, die so aussieht wie das, was letztes Jahr Probleme gemacht hat, wird gezielt herausgezogen", sagte ein Polizist zu unserer Reporterin, die am Kölner Hauptbahnhof die Silvesternacht verbrachte. Ist es falsch, die Männer, die den Täterprofilen des letzten Jahres entsprechen, gezielt herauszuziehen? Wo endet die Rationalität? Wo beginnt Racial Profiling? Diese Diskussion führen die Menschen in Deutschland seit der Silvesternacht.Dass Leute von der Polizei kontrolliert werden, weil sie optisch in ein Raster fallen, passiert nicht nur an Silvester in Köln, sondern jeden einzelnen Tag: im Zug, in Geschäften, in der U-Bahn. Wenn Menschen wegen ihrer vermeintlichen Herkunft kontrolliert werden, nennt sich das Racial Profiling. Dass Menschen wegen ihres Aussehens kontrolliert werden, passiert auch anderen: Linken, die "szenetypisch" aussehen, oder einfach dem Typen mit Dreadlocks. Wir haben mit vier Menschen gesprochen, für die Personenkontrollen Alltag sind.Am Silvesterabend bin ich um halb zehn mit meinen beiden Cousins am Kölner Hauptbahnhof angekommen. Wir wollten an den Kölner Ringen feiern. Dass viel Polizei am Bahnhof sein würde, haben wir uns schon gedacht. Als wir zum Hintereingang raus wollten, wurden wir direkt von einem Polizisten angehalten: "Sie sehen nordafrikanisch aus, wir müssen Sie kontrollieren." Als wir dann unsere deutschen Ausweise gezeigt haben, flüsterte ihm ein Kollege zu "Deutsche kontrollieren wir nicht" und meinte zu uns, dass wir gehen können. Die absurde Situation hat uns geschockt.Draußen am Bahnhof kam die nächste Kontrolle. Dort wurden wir mit hundert anderen Männern von Polizisten und Absperrungen eingekesselt, wegen unseres Aussehens. Bestimmt 70 Prozent der Leute um uns herum haben kein Deutsch gesprochen—die wussten gar nicht, was passiert. Wir haben 45 Minuten gewartet und dass wir deutsche Pässe hatten, half uns auch nicht mehr. Manche Leute haben sich aufgeregt, weil sie so lange warten mussten, die wurden dann von der Polizei mit den Worten rausgezogen: "Du verbringst die Nacht in der Zelle." Ich habe mich durch die Kontrolle nicht so schlimm gefühlt, weil ich es nach dem letztem Jahr nachvollziehen konnte, aber ich habe mich gefragt, was all diejenigen von uns Deutschen denken, die unsere Sprache nicht sprechen.
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Irgendwann habe ich eine Polizistin angesprochen, dass sie uns jetzt bitte kontrollieren soll. Wir mussten unseren Ausweis zeigen und wurden abgetastet, dann durften wir endlich gehen. Überall am Dom herum gab es wieder Kontrollen, die waren aber alle ein bisschen freundlicher. Nach Mitternacht wurden wir dann an den Kölner Ringen wieder kontrolliert.Viermal wurde ich an diesem Abend wegen meines Aussehens von der Polizei durchsucht, das macht mich schon wütend. An Polizeikontrollen bin ich aber leider gewohnt, das passiert auch, wenn ich in der Düsseldorfer Altstadt oder der Dortmunder Nordstadt feiern gehe.
Hassan arbeitet als Schauspieler | Foto: privat
Ich lebe seit ich zwölf bin in Deutschland, bin mittlerweile 58 Jahre alt, spreche Schwäbisch und arbeite als Schauspieler. Über "Racial Profiling" könnte ich ein Buch schreiben, so viel habe ich da erlebt. Ich wurde gefühlt schon überall kontrolliert. Im Zug kamen einmal zwei Polizisten auf mich zu und haben mich mitgenommen auf die Wache, ohne irgendeinen Grund. Am Bahnhof habe ich mal Leberkäse gegessen und ein Weißbier getrunken, da kamen zwei Polizisten und haben mich kontrolliert. Am Flughafen musste ich mich dafür verantworten, dass ich zwei Laptops dabei hatte und wurde dann auf Sprengstoff und Drogen kontrolliert. Ich könnte noch lange so weiter erzählen.
Es fühlt sich wahnsinnig scheiße an. Man wird vorgeführt, wird plötzlich von allen angeschaut und die Menge applaudiert, wenn der Schwarzkopf abgeführt wird. Natürlich durfte ich später immer wieder gehen, wenn die Papiere gecheckt waren, aber die Demütigung vorher bleibt und dann hörst du kein "Entschuldigung" oder eine Erklärung. Ich war eine Zeit lang selber im Polizeidienst als Polizeifreiwilliger und habe als Marokkaner mit Polizeiuniform für viel Getuschel und komische Blicke gesorgt. Trotzdem habe ich viel mehr Respekt und Anerkennung zu spüren bekommen, sobald ich die Uniform anhatte.
Einmal war ich zivil in einem Kosmetikgeschäft und wollte ein Parfüm für meine Freundin aussuchen, da tippt mir plötzlich jemand auf die Schulter: Die Geschäftsführerin hatte die Polizei gerufen, weil sie mich für einen Dieb hielt, und hat gesagt: "Das ist einer von denen." Jetzt aber das Gute: Der Polizist kannte mich und meinte nur: "Nee, der Hassan war das sicherlich nicht." So schön endet eine Kontrolle aber meistens nicht.
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Ozan, 19, aus Herne
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Irgendwann habe ich eine Polizistin angesprochen, dass sie uns jetzt bitte kontrollieren soll. Wir mussten unseren Ausweis zeigen und wurden abgetastet, dann durften wir endlich gehen. Überall am Dom herum gab es wieder Kontrollen, die waren aber alle ein bisschen freundlicher. Nach Mitternacht wurden wir dann an den Kölner Ringen wieder kontrolliert.Viermal wurde ich an diesem Abend wegen meines Aussehens von der Polizei durchsucht, das macht mich schon wütend. An Polizeikontrollen bin ich aber leider gewohnt, das passiert auch, wenn ich in der Düsseldorfer Altstadt oder der Dortmunder Nordstadt feiern gehe.