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Diese Katze beweist, wie kinderleicht es ist, eine Off-Shore-Firma anzumelden

„Und ich muss ihnen keinen Ausweis zeigen?“ — „Nein, nein. Das Bild von ihrer Katze war niedlich.“
Alle Screenshots: Fusion

Suki ist eine flauschige, schwarze Katze. Und noch mehr: Seit kurzem ist sie auch stolze Leiterin einer Firma in Delaware.

Das ist kein Witz, sondern ein praktischer Beweis eines undurchsichtigen Systems, das den Leak der #PanamaPapers so sensationell macht. Undurchsichtige bis eigenartige Firmenkonstruktion wie im Falle von Suki haben auch die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca zu zweifelhaftem Ruhm gebracht: Die Kanzlei auf Panama verkauft seit fast 40 Jahren anonyme Briefkastenfirmen mit Scheindirektoren. Wie die internationale Recherchekooperation zu den PanamaPapers zeigt, hilft Mossack Fonseca dabei auch den Mächtigen der Welt, ihr Vermögen vor Strafverfolgung oder schlicht dem eigenen Steuersystem zu verstecken.

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Wie einfach es ist, so eine Offshore-Briefkastenfirma aufzusetzen, hat eine Redakteurin der US-Plattform Fusion, die auch an der Recherche-Kooperation der Panama Papers beteiligt ist, getestet. In einem Video spaziert sie in das Büro eines Notars in Delaware, wo sie innerhalb von fünf Minuten eine Quatsch-Firma namens „She Sells Sea Shells" aufsetzt—und zwar nicht für sich selbst, sondern auf den Namen ihrer Katze Suki.

„Wir wissen ja oft nicht mal selbst, wer unsere Kunden sind"

Dafür musste sie keinerlei Identifikationsmöglichkeiten vorweisen—keinen Ausweis, keine Dokumente, die belegen könnten, dass Suki vertragsabschlussfähig ist. Aber der größte Vorteil ist, dass niemand mehr nachvollziehen kann, wer die Firma ins Leben gerufen hat—der von der Notarfirma einberufene Leiter der Firma „She Wells She Shells LLC" ist auf dem Papier eine schwarze Katze.

Der Vertragsabschluss der Offshore-Firma, den Fusion auf Video dokumentiert hat, geschieht nicht in geheimniskrämerischer Atmosphäre sondern eher in entspannter Runde: Spätestens als die Journalistin die Mitarbeiter der Notarfirma dazu bringt, den zungenbrecherischen Namen der neuen Firma auszusprechen, ist das Eis gebrochen.

„Wir wissen ja oft nicht mal selbst, wer unsere Kunden sind", erklärt die freundliche Anwältin der Reporterin unbekümmert. Und oftmals—das impliziert ihre Antwort zumindest—wollen sie das auch gar nicht so genau wissen: „Wir kennen den Namen der neuen Firma, aber wir wissen nicht, was sie tun oder welche Art von Geschäft sie betreiben", so Nancy Wolf.

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Doch warum sind Briefkastenfirmen so begehrt? Der Vorteil in dem fadenscheinigen System liegt in der mangelnden Kontrolle. Eine Firma, die gegen eine geringe Gebühr in Steueroasen wie den britischen Jungferninseln oder in Panama registriert wird, kann die Vermögen von Präsidenten, Funktionären oder Schwarzmarkt-Waffenhändlern kinderleicht verschleiern. Das Briefkastenfirmen-System ist auch der Grund, warum die Hälfte aller Boote weltweit entweder in der Karibik oder in Jersey registriert sind.

In den USA hat der Bundesstaat Delaware solche sehr auf die Privatsphäre von Kunden zugeschnittenen Datenschutzgesetze—was per se natürlich nicht schlecht ist, aber im Umkehrschluss auch denen zugute kommt, die etwas Dreckiges zu verstecken haben—quasi als Einladung zum Missbrauch.

Um das Konstrukt noch ein wenig mehr zu verdunklen, richten sich die Reichen und Mächtigen ihre Scheinfirmen gern noch über einen Mittelsmann wie einen Agenten ein. In dem von Fusion dokumentierten Fall fungiert die Journalistin als Mittelsmann für die eigentliche Drahtzieherin, Katze Suki—ähnlich wie es Putins wohl bester Freund Sergej Roldugin laut Recherchen der SZ für ein wundersames Firmennetzwerk im Interesse des Kreml-Chefs getan haben soll.

Briefkastenfirmen sind nicht per se illegal, selbstverständlich gibt es auch Fälle, in denen sie eine legitime Geschäftsoption darstellen. Jedoch: Business-freundliche, anonyme Strukturen wie diese dienen allzu häufig dazu, Einnahmen in Millionenhöhe vor dem Fiskus des eigenen Landes zu verstecken. Sie erschweren die Nachverfolgung von Finanzverbrechen enorm—und verstecken den gefährlichen Eindruck, dass für die Reichen und Mächtigen eigene Regeln gelten, dass sie sich nicht an die nationalen Gesetze halten müssen. Mit ihrem kurzweiligen Video sorgt Fusion nun immerhin für eine der unterhaltsameren und weniger ernsten Nachrichten in der Flut der PanamaPapers-Berichterstattung. Was Putin und Poroschenko können, kann eine Katze schon lange.

In Delaware hielt Natasha Del Toro nach nicht mal fünf Minuten das Zertifikat für ihre neu gegründete Firma in der Hand. Darauf befand sich eben nicht ihr Name, sondern der der Anwaltskanzlei—und der von Suki als Geschäftsführer.