In einem französischen Krankenhaus gibt es ein Bild eines Superhelden-Gangbangs

Foto: Les médecins ne sont pas des pigeons | Facebook

Eine Wandmalerei mit vier Superhelden, die scheinbar eine Massenvergewaltigung vollziehen, hat in Frankreich für einen handfesten Skandal gesorgt. Auf der Wand—die in einem Krankenhaus in Clermont-Ferrand steht—sieht man Wonder Woman, wie sie von Batman in den Arsch gefickt wird, während ihr Superman gleichzeitig ins Gesicht spritzt. Auch Supergirl ist da und schiebt vorne noch eine Faust rein, während Flash in den Genuss eines Handjobs kommt. Dass es sich dabei um ein Werbeplakat für den Film Batman vs Superman: Dawn of Justice handelt, der nächstes Jahr in die Kinos kommt, davon ist wohl eher nicht auszugehen. Sicher ist auf jeden Fall, dass es in einem Land, das noch immer mit den Nachwirkungen vom Anschlag auf das Satiremagazin Charlie Hebdo zu kämpfen hat, für reichlich Gesprächsstoff sorgt.

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Der öffentliche Aufschrei begann am Samstag, nachdem die Facebook-Gruppe „Les médecins ne sont pas des pigeons” („Ärzte sind keine Trottel”) ein Foto der Wandmalerei auf ihrer Pinnwand gepostet hatte. Laut einem Facebook-Kommentar ist das zweifelhafte Kunstwerk vor 14 Jahren entstanden.

Doch erst die mit Photoshop hinzugefügten Sprechblasen haben das Bild politisiert. In ihnen heißt es „Schön tief!”, „Nimm diese Gesundheitsreform!” sowie „Du solltest dich ein bisschen besser informieren!”. Sie werden als Angriff gegen die Reformvorschläge der französischen Gesundheitsministerin Marisol Touraine gewertet. Die Reformen—bei denen es vereinfacht gesagt um die Art der Abrechnung geht—wurden von der französischen Ärztekammer zurückgewiesen, da sie weder auf die Bedürfnisse der Ärzte noch auf die der Patienten reagieren würden.

Da sich das umstrittene Bild im Studentenwohnheim der medizinischen Fakultät befindet, muss man wohl kein Sherlock Holmes sein, um darauf zu kommen, wer hinter diesem Vandalismus steckt.

Fans haben das Bild auf der Facebook-Seite verteidigt, indem sie auf Charlie Hebdo und das Prinzip der freien Meinungsäußerung verwiesen. Andere empfinden es als Doppelmoral, dass man den Propheten Mohammed in Comics karikieren darf, aber gleichzeitig die Finger von der Gesundheitsministerin lassen soll. So konnte man in einem der Kommentare lesen: „Steht denn Marisol Touraine über den Göttern? Denn über die kann man ja scheinbar Karikaturen machen …”

Wiederum andere beschwerten sich darüber, dass die Facebook-Gruppe das Foto überhaupt veröffentlicht hatte. Schließlich, so ein User, sind solche Wandmalereien „ein Teil unserer Traditionen in der medizinischen Fakultät”, die bisher auch noch keine Schwierigkeiten verursacht hätten.

Eine Reaktion vonseiten der Frauenrechtsgruppe „Osez le Féminisme” („Feminismus wagen”) auf den Facebook-Post ließ nicht lange auf sich warten. Sie veröffentlichten einen Artikel auf ihrer Website, in dem sie forderten, dass das Bild umgehend von der Wand entfernt wird und rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen eingeleitet werden. Zudem wurde die Wandmalerei als „frauenverachtend” bezeichnet. Die Darstellung einer Vergewaltigung würde dazu benutzt, Unzufriedenheit mit der Gesundheitsministerin und ihrem Gesetz zum Ausdruck zu bringen. Außerdem wurde davor gewarnt, dass Zeichnungen dieser Art „schwere Gewaltanwendungen erotisieren könnten” und auf diesem Wege „zu einem entwürdigenden Bild der Frau beitragen könnten.”

Foto: Les médecins ne sont pas des pigeons | Facebook

Am Montag verkündete die Uniklinik Clermont Ferrand, dass sie das Bild von der Wand entfernen und „disziplinarische Maßnahmen gegen die Verantwortlichen einleiten” würde. Auch über juristische Schritte werde nachgedacht.

Doch für „Osez le Féminisme” ist der Kampf hiermit noch nicht beendet, da der Vorfall in Clermont-Ferrand „kein Einzelfall” ist. Ich habe mich dazu mit Claire Serre Combe—eine Sprecherin der Frauenrechtsgruppe—unterhalten.

VICE: Hey Claire. Kannst du für jeden, der vielleicht ein bisschen langsam im Kopf ist und es nicht versteht, noch mal erklären, warum ihr die Wandmalerei entfernen lassen wolltet?
Claire Serre Combe: Sie zeigt eine Frau, die von mehreren Männern vergewaltigt wird. Man muss folgende Zahlen bedenken: Jedes Jahr werden in Frankreich 75.000 Frauen Opfer einer Vergewaltigung, nur 10 Prozent davon sagen überhaupt etwas und in nur 2 Prozent der Fälle kommt es zu einer Verurteilung. Gleichzeitig finden es zukünftige Ärzte OK, wenn bei ihnen ein solches Bild zu sehen ist. Das zeigt doch, dass bei unserer Einstellung etwas gehörig schief läuft. Ich finde es allerdings noch schockierender, dass das Gemälde für politische Zwecke eingesetzt wurde. Das übermittelt eine extrem degradierende und beschämende Botschaft und ist ein klarer Angriff gegen die Gesundheitsministerin.

Wisst ihr, wer das Bild gemalt hat?
Darüber liegen uns keine genauen Informationen vor. Das verändert jedoch nichts am Kern des Problems: Junge Studenten und Assistenzärzte sind einer riesigen Wandmalerei ausgesetzt, die frauenverachtend ist. Das Bild ist absolut inakzeptabel.

Das Gemälde wurde vor über zehn Jahren angefertigt, wie kann es da irgendeine Relevanz für die jetzigen Vorhaben der Ministerin haben?
Ja, das Bild wurde vor einer ganzen Weile gemalt und trägt den Titel „Internes de Clermont Ferrand: les super héros” [Assistenzärzte von Clermont Ferrand: die Superhelden]. Um gegen die derzeit diskutierten Reformen zu protestieren, wurden die Kommentare in den Sprechblasen hinzugefügt. Wir wissen nicht, ob diese Kommentare wirklich auf die Mauer geschrieben oder nur mit Photoshop eingefügt wurden.

Standet ihr in direktem Kontakt mit der Universität?
Nein. Wir haben aber einen Brief an die Ärztekammer in Puy-de-Dôme geschrieben, in dem wir die Übermalung des Gemäldes forderten und verlangten, dass man etwas gegen die Künstler unternimmt. Wir haben dazu noch darum gebeten, dass man angemessene Schritte einleitet, um Ärzte und angehende Mediziner für das Problem der Gewalt gegen Frauen zu sensibilisieren. Solche Wandmalereien dürfen an keiner Universität mehr zu finden sein.

Gibt oder gab es an anderen französischen Universitäten denn ähnliche Vorfälle?
In der Studentenwelt gibt es im Allgemeinen öfters solche Probleme. So ein Gemälde ist uns schon mehrfach aufgefallen, aber wir hatten es noch nie mit einem so gravierenden Fall zu tun. Hier geht es um Vergewaltigung, also ein Verbrechen.

Wir müssen oft einschreiten, vor allem wenn es um die Plakate für Studentenpartys geht. Zum Beispiel wurde in Grenoble vor zwei Jahren eine Party vom Universitätsdekan abgesagt, weil Feministinnen und andere Vereinigungen das Plakat als sexistisch und erniedrigend auffassten. In Toulouse haben Studenten vor zwei oder drei Jahren eine „DSK-Party” veranstaltet—DSK ist dabei eine Anspielung auf Dominique Strauss-Kahn, der versucht haben soll, sich an einem Zimmermädchen zu vergehen. Das ließ uns vermuten, dass es sich um eine Party mit dem Thema Vergewaltigung handelt.

Haben eure Bemühungen schon etwas zum Positiven verändert?
Ja, wir haben uns schon als nützlich erwiesen. Wir finden es jedoch nicht so gut, dass wir die ganze Zeit unsere Augen offen halten und die Leute warnen müssen. Die Einstellung der Studenten verändert sich, leider aber nicht schnell genug. Es ist zwar eine gute Sache, dass gewisse Dinge entfernt oder verboten werden, aber unsere eigentliche Aufgabe ist es, innerhalb der Universitäten das Bewusstsein der jungen Menschen für diese Art der Probleme zu verbessern. Sie müssen einsehen, warum es gefährlich ist, Frauen in einer gewissen Weise darzustellen.

Vielen Dank, Claire.