Die Wahl ist geschlagen, Alexander Van der Bellen designierter Präsident und wir alle froh, dass es im vierten Anlauf jetzt endlich geklappt hat. Wahrscheinlich sind wir auch nicht die Einzigen, die von dem so eindeutigen Ergebnis dann doch ein bisschen überrascht waren.
Denn Van der Bellen hat die Wahl nicht einfach nur gewonnen. Mit 53,3 Prozent der Stimmen ist es auch das drittdeutlichste Ergebnis eines Kandidaten, der zum ersten mal für das Amt des Bundespräsidenten gewählt wurde. Nur Waldheim und Klestil konnten 1986 und 1992 noch bessere Ergebnisse einfahren.
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Was genau zu diesem deutlichen Ergebnis geführt hat und warum sich Norbert Hofer schließlich geschlagen geben musste, bedarf einer ausführlichen Analyse, an der wohl der eine oder andere Wahlkampfstratege bereits arbeitet. Was wir uns mit Google Trends aber schon vorab anschauen können, ist, was die Österreicherinnen und Österreicher in den letzten Tagen vor der Wahl besonders interessiert hat.
Allgemeine Suchanfragen zur Wahl
In den letzten 24 Stunden vor der Wahl interessierten sich die Österreicherinnen und Österreicher laut Google Trends vor allem für den technischen Ablauf einer Wahl in Österreich. In den Top 10 der Suchanfragen finden sich Fragen wie “Was muss ich zur Wahl mitnehmen?”, “Was passiert mit ungültigen Stimmen bei der Wahl?”, “Wie lange kann man wählen gehen?” und “Wie wähle ich richtig?”.
Die meisten Suchanfragen kamen dabei aus der Steiermark. Gefolgt von Wien, Salzburg, Oberösterreich und Tirol. Die Schlusslichter bilden Kärnten und Niederösterreich. Das Burgenland wurde für den Suchbegriff “Bundespräsidentschaftswahl” gar nicht erfasst. In dem kurzen Zeitraum der Erfassung hat es im Burgenland offenbar kein großes Interesse an der Wahl gegeben.
Die Frage, was mit den ungültigen Stimmen passiert, hat dabei allerdings nicht nur Menschen zu Hause vor dem Computer interessiert. Auch in den Wahllokalen soll diese Frage gestellt worden sein—von Wählerinnen und Wählern, aber auch zumindest einer Wahlbeisitzerin der FPÖ.
Zur Klärung: Ungültige Stimmen beeinflussen zwar die Wahlbeteiligung, werden aber keinem der zu einer Wahl antretenden Kandidaten zugerechnet. Das heißt, solltest du am Sonntag ungültig gewählt haben, hast du weder Van der Bellen zum Sieg verholfen, noch bist du dafür verantwortlich, dass Hofer verloren hat. Außer man glaubt dieser Theorie.
Suchanfragen zu Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer
Insgesamt wurde in den letzten sieben Tagen vor der Bundespräsidentschaftswahl öfter Norbert Hofer gegoogelt als Alexander Van der Bellen. Bei der Google-Suche schlug Hofer Van der Bellen mit 52 zu 48 Prozent.
Zu diesem “Sieg” verholfen hat Hofer aber vor allem die Linkswende, die am Samstag vor der Wahl eine “Fuck Hofer-Demo” organisierte und damit nicht nur bei der FPÖ für Aufregung sorgte. Auch Van der Bellen distanzierte sich deutlich von der Demonstration. Nach der Demo wurde bis Sonntag dennoch am öftesten in Zusammenhang mit Norbert Hofer gesucht.
Bei Van der Bellen hingegen war es sein Alter, das die Österreicherinnen und Österreicher am meisten interessierte. Van der Bellen ist übrigens 72 Jahre alt, wird allerdings noch vor seiner Angelobung 73. Gleich nach seinem Alter war aber vor allem seine vermeintliche Spionagetätigkeit für die Stasi von großem Interesse.
In Umlauf gebracht hatte dieses Gerücht Norbert Hofer im letzten TV-Duell der beiden Kandidaten am 1. Dezember bei Ingrid Thurnher. Bezugnehmend auf das Buch “Mein Protokoll” des ehemaligen Generaldirektors für öffentliche Sicherheit, Michael Sika, warf Hofer Van der Bellen vor, im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie zu Militärausgaben für den DDR-Geheimdienst spioniert zu haben. Die FPÖ hatte diesbezüglich allerdings schon 2001 eine parlamentarische Anfrage gestellt, die ergab, dass die Vorwürfe haltlos seien.
Die Diffamierungsversuche von Ursula Stenzel gegen Van der Bellens Vater schienen die Wählerinnen und Wähler hingegen nur mäßig zu interessieren. Van der Bellens Vater, den die FPÖ-Stadträtin ins Nazieck gestellt hatte, schaffte es nur auf Platz 10 der Top-Suchanfragen in Verbindung mit Van der Bellen. Für größeres Interesse sorgte da noch das Video von Frau Gertrude.
Bei Norbert Hofer schafften es auch seine Frau und sein Kinder—und damit zwei sehr private Wahlkampfthemen—in die Top 5 der Suchanfragen. Aber auch seine Mitgliedschaft bei der deutschnationalen Burschenschaft Marko-Germania und seine Einstellung zur Todesstrafe wurden zahlreich gegoogelt.
“Ich bin davon überzeugt, dass die Menschen ein gutes Gespür dafür haben, welche Themen für direkt-demokratische Abstimmungen geeignet sind und dass die Wiedereinführung der Todesstrafe nicht mit unseren Werten vereinbar ist”, hatte Norbert Hofer auf die Frage der APA geantwortet, ob er bei Volksabstimmungen denn auch Fragen zulassen würden, die der Europäischen Menschenrechtskonvention widersprechen.
Das Boulevardblatt Österreich titelte drauf: “Hofer würde über Todesstrafe abstimmen lassen” und auch Heute suggerierte Ähnliches. Norbert Hofer stellte später seine Aussage richtig und beteuerte seine Ablehnung gegenüber der Todesstrafe und einer Abstimmung über diese. Tatsächlich hätte der Bundespräsident aber ohnehin nicht die Möglichkeit, eine solche Volksabstimmung durchführen zu lassen, oder zu verhindern, wenn sie vom Parlament zugelassen würde.
Norbert Hofers Alter interessierte die Wählerinnen und Wähler kaum—obwohl es immer wieder Wahlkampfthema war. Während es bei Van der Bellen an erster Stelle der Top 10 Suchanfragen steht, liegt es bei Hofer nur auf Platz 10, hinter Kornblume, Unfall und Lebenslauf.
Eine Tatsächliche Analyse des Wahlergebnisses lässt sich mit Google Trends freilich nicht erstellen. Dafür spielen zu viele Faktoren—zum Beispiel das Gefälle zwischen Männern und Frauen oder Jungen und Alten—ein viel zu große Rolle. Außerdem sind die Suchanfragen nach einem Kandidaten oder mit ihm verknüpften Themen kein Indiz für das tatsächliche Wahlverhalten einer Person.
Es zeigt aber doch, welche Themen in der Schlussphase des einjährigen Wahlkampfs besonderes Interesse geweckt haben und welcher Kandidat eher mit Sachthemen oder Privatleben in Verbindung gebracht wird. Hier liefert Google Trends ein recht eindeutiges Ergebnis: Während sich bei Van der Bellen etwas weniger als die Hälfte der Suchanfragen direkt auf seine Person oder sein Privatleben bezogen (4), waren es bei Hofer deutlich mehr als die Hälfte (7).
Paul auf Twitter: @gewitterland
Titelbild: Google Trends