Palmen aus Einhorn-Pimmeln

Auch wenn ich in meinem Leben eigentlich recht gefestigt bin und morgens normalerweise nicht in Tränen ausbreche, wenn mir beim Schuhebinden keine extraschöne Masche gelingt, gibt es doch so Momente, in denen ich kurz — wirklich nur ganz kurz — befürchte, in eine Parallelwelt gerutscht zu sein, wo Geroge W. Bush ein berühmter Maler ist, Intelligenz danach gemessen wird, welche Einstellung man zu Curly Fries hat und unser eigener Schatten uns die Sexyness aus dem Leib saugt. In solchen Momenten probiere ich es dann mit Entschleunigung und versuche mir einzureden, dass nichts davon besonders viel Sinn macht. Vermutlich hängt das alles nicht unwesentlich mit meinem letzten Hautarztbesuch zusammen, in dessen Praxis ich auch das Bild mit dem Ghandi-Zitat geschossen habe (wo der Spruch in Anbetracht der Wartezeiten übrigens ganz gut aufgehoben ist). Seither ist die Sache mit dem Teilzeitwahnsinn auf der einen und der Verlangsamung auf der anderen Seite zu einem dominierenden Thema in meinem Alltag geworden — und ich glaube, das liegt daran, dass die Ärztin mir nach einem kurzen, peinlichen Moment der Begutachtung meines ein bisschen weniger kurzen und peinlichen Penis eine Salbe und Sexverbot für eine Woche verschrieben hat.

Das ist vermutlich mehr Information, als selbst die geneigtesten Leser in nur einem einzigen Boner-Beitrag vertragen können — aber erst, wenn ihr an dem Punkt angekommen seid, wo ihr euch wünscht, Information wäre Essen, damit ihr es mit ein bisschen Kratzen am Gaumenzäpfchen aus eurem System erbrechen könntet, und die Überbeanspruchung eurer visuellen Vorstellungskraft so weit fortgeschritten ist, dass ihr euch die Hirnrinde ganz gern mit Lauge verätzen würdet, um die bösen Bilder von meinem Penis ein für allemal loszuwerden, seid ihr endlich dort angekommen, wo ihr verstehen könnt, wie es mir in diesen kurzen — wirklich nur ganz kurzen — Momenten des Wahnsinns tatsächlich geht. Gern geschehen. Leider hilft mir die Erkenntnis, dass alles nur am Entzug liegt, wenig, wenn gleich darauf die Gewissheit folgt, dass zumindest zwei meiner drei Befürchtungen direkt aus den Nachrichtenmeldungen der letzten Tage kommen (ja, sogar das mit den Curly Fries) und unmittelbar danach die Frage auftaucht, welche davon eigentlich kaputter ist.

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Bei der Sache mit den Bush-Bildern hatte ich zu Beginn zumindest noch die Hoffnung, dass es sich dabei um einen Wrong Boner-Beitrag handelt, der sich quasi von selbst schreibt. Immerhin las ich von der Sache zum ersten Mal in der Form von folgender Überschrift:

Wie das erste Wort des Artikels dann aber verrät, ist hier keine gerade kommende Künstlerin gemeint, sondern eine Künstlerin aus Cumming, was mir vielleicht keinen ganzen Boner, aber zumindest einen pubertären Wortwitz gebracht hat und damit merkwürdigerweise auch eins zu eins auf die gesamte Bush-Präsidentschaft anwendbar ist. Jedenfalls geht es in dem Beitrag von FOX 5 um die Malerin Bonnie Flood, der man alleine wegen ihrem Nachnamen locker noch zwei Cumming-Pointen anhängen könnte und die in Florida Kunstkurse gibt. Und weil es in Florida sowieso nur um kubanische Rhythmen, aufgeblasene Muckis und alte Orangenbauern geht, muss man dafür nicht gleich New Yorker Niveau haben, sondern kann ruhig als Martha Stewart der Pastellfarben ein bisschen Geld mit haustiermalenden Staatsmännern machen. “Er hat mit Hunden begonnen. Am Anfang malte er um die 50 Hunde”, erzählt Bonnie über Bush. “Er hat die Leinwand ausgepackt und mit dem Hundemalen begonnen und ich dachte nur ‘Oh mein Gott, ich male doch gar keine Hunde!’” (Eilmeldung: Gelegentlich isst der Präsident auch gerne gutes Essen, das aber nicht jedem gleich gut schmeckt, weil das ja auch vom Geschmack abhängt.) “Aber der Präsident lernt schnell und schon bald malte er weniger Hunde und mehr Landschaften. Er wird als großer Künstler in die Geschichtsbücher eingehen.” Res ipsa logitur. Hier ein paar Beispiele:

Das ist der Mann, unter dessen Führung der Krieg gegen den Terror zum Rundumschlag gegen Afghanistan und den Irak und vielleicht auch ein bisschen gegen die gesamte muslimische Welt wurde. Und zwar links beim Duschen (was die rechte Hand macht, sieht man zum Glück nicht) und rechts beim Baden (auch hier keine Spur von Pillermann oder Fingerchen, dafür aber zehn wiedergeborene Christenzehen).

Das hier ist ein weiteres Bild aus dem Pinsel des Mannes, den Hugo Chavez noch “Mr. Danger” nannte und der uns Nachgeborenen bestenfalls unter “Bob Ross Bush” in Erinnerung bleiben wird. Der Nachrichtenwert dieser FOX 5-Schlagzeile ist natürlich in etwa so groß wie bei “Woman in sumo wrestler suit assaulted her ex-girlfriend in gay pub after she waved at man dressed as a Snickers bar“, aber irgendwie muss man die Zeit bis zum nächsten republikanischen Präsidenten ja rum biegen.

Nachdem ich mit dem Artikel durch war, habe ich kurz — wirklich nur ganz kurz — “Adolf Hitler” gegooglet und war zum ersten Mal ein bisschen beruhigt, dass die Geschichtsbücher immer noch dieselben waren und Hitler nicht nach der Kapitulation von Nazideutschland mit rassistischen Zyankali-Performances im Paris der 60er-Jahre oder, noch schlimmer, mit pointilistischen Großleinwand-Gemälden von Blondies nassem Schnäuzchen langersehnte Erfolge in der Kunstwelt verzeichnen konnte. Etwas hat sich aber trotzdem verändert: Seit ich die Nachricht vom Paintbush gelesen habe, wuchert in mir der leise Verdacht, dass nicht der Sexentzug die Nachrichten, sondern die Nachrichten den Sexentzug merkwürdig machen. Die Salbe geht, aber die spasmischen Newsmeldungen bleiben. Wenn nicht mal die Kunstwelt sicher ist vor spät aufblühenden Präsidenten, die aus Gründen, die kein nichtreligiöser, nichtalkoholkranker, nichtgeläuterter Mensch jemals zur Gänze verstehen wird, glauben, ihre Badewannenlangeweile in Akryl und Öl verewigen zu müssen, wer garantiert mir dann, dass die Schlagzeilen von morgen nicht noch um (Parallel-)Welten schlimmer sind?

Die Antwort ist, niemand garantiert mir das. Und in solchen Momenten ist das Gefühl von schwelendem Wahnsinn stärker als je zuvor und ich bin nur den Wimpernschlag einer Realdoll vom koitalen Komplett-Kollaps entfernt und habe Angst, dass die Last der News-Welt in meinem Gehirn irgendwann so etwas Ähnliches anrichtet, wie die Erinnerungs-Abspielgeräte in Strange Days, wenn man den Regler bis zum Anschlag dreht und für den Rest seines sabbernden Lebens in einer Kammer aus bunten Farben gefangen ist. Auch, wenn ihr Strange Days vielleicht nicht gesehen habt, weil er heute zu alt aussieht und ihr damals noch zu jung wart, wisst ihr glaube ich, was ich meine.

Deshalb finde ich, dass es Zeit ist für eine Art Gegenansage, ein Aufbäumen der Kunst, eine Flucht nach vorne — gewissermaßen für einen Bush’schen Bildersturm, bei dem wir so gut es geht die Ekelbilder (zumindest in unsren bunten Kopfkammern) abmontieren und mit etwas anderen ersetzen. Und auch, wenn das wahrscheinlich wirklich am Sexentzug liegt, fällt mir im Augenblick nur eine passende Antwort auf Bush-Hündchen ein. Und sie heißt Pony-Porno. Oder auch Einhorn-Porn. Oder Einporn. Hm. Das ist natürlich alles nicht ganz neu und gab’s bereits im Jahr 2006 mit “Fucking a Unicorn (in C Major)“:

Aber das, wovon ich rede, sind nicht einfach nur eure gewöhnlichen Einhörnchen-Pörnchen, sondern die samtverkleideten Deluxe-Nischen unter den Kabinensex-Kabinen. Nicht nur Pony-Sex, sondern Pony-Sex mit speziellen Fetischen. Weil man dem Durchschnitts-Bush wenn überhaupt, dann nur mit dem krassesten Extremen auf dem Knuddelsektor beikommt. Hier also meine derzeitigen Lieblinge. Lernt und onaniert.

Fußfetisch-Cupcake-Crushing: Für diese Art von gezeichnetem My Little Pony-Fußsex gibt es offenbar richtig viel Publikum. Zumindest gibt es dazu richtig viele Bilder. Also, mehr als drei, verteilt über das ganze Internet. Fast immer schauen die Damen (oder sagt man Stuten?) dabei irgendwie angepisst drein. Das scheint irgendwie Teil dieses … Dings zu sein und könnte daher rühren, dass sie die süßen Bömbchen mit Zierkirsche lieber in als unter sich hätten. Vielleicht ist es auch nur Verwunderung, weil sie genau wie ich nicht verstehen, warum der Künstler nicht einfach einen Penis zeichnen kann, wenn er doch offensichtlich einen Penis meint. Oder etwa nicht? Ich bin verwirrt und hungrig.

Die mies gelaunte Toy-Masturbatorin: Generell stellen sich die Künstler hinter Einporn-Bildern ihre Modelle scheinbar gerne übellaunig vor, was vielleicht daher kommt, dass es den stärksten Gegensatz zur immer quietschvergnügten My Little Pony-Vorlage darstellt. Trotzdem kannst du dir sicher sein, dass sie es dir wieder mit einem dieser Masturbatoren besorgen wird — und wenn auch nur, um nicht zu gutgelaunt ins Bett gehen zu müssen.

Der Elektro-Verstärker-Bondage-Musik-Fetisch: Zugegeben, hier bin auch ich ein bisschen ratlos, was den richtigen Zugang angeht. Irgendwie scheint das zur Fesselung verwendete Verstärkerkabel wichtig zu sein, irgendwie sieht aber im Gegensatz zu anderen Bondage-Abarten keiner der Beteiligten besonders so aus, als wäre die Sache für irgendjemanden unangenehm. Egal, mit Musik und Stimulation in Zusammenhang mit Strom an der Muschi kann ich jedenfalls was anfangen.

Next-Level-Scheiß ohne Anfassen: Ich weiß nicht, wer von euch The ABCs of Death gesehen hat, aber vielleicht so viel: Es handelt sich um einen Anthologie-Horrorfilm, der genauso viele Episoden und Regisseure hat, wie das Alphabet Buchstaben und in einer davon geht es um ein ziemlich krankes (lies: japanisches), Wie-Saw-aber-auf-Sex-artiges Marathon-Masturbations-Spiel, wo die Beteiligten zu ständig extremeren Vorlagen kommen müssen, weil sie andernfalls von riesigen Bohrern anal aufgespielt werden und naja, was soll ich sagen, das hier wirkt für mich genau so nur noch schwieriger, weil offenbar ohne Anfassen. Ähm, ja.

“Tentacle Pony Penis Porn”: Keine Gattung und keine Kultur ist wirklich komplett, bevor sie nicht ihre eigene Abwandlung des guten alten “Tentacle Rape Porn” entwickelt hat. Ich weiß nicht, ob so etwas irgendwie ganz von selbst passiert, oder in jahrelanger Lobbying-Arbeit von einer Horde an Spin-Doktoren ausgetüftelt wird, aber solange am Ende genau das richtige Maß an entmenschlichtem, machistischem Blödsinn dabei raus schaut, damit ich mich ausreichend unwürdig und stellvertretend für die ganze Spezies schlecht fühlen kann, soll mir das egal sein.

Self-Sucking Pony: Ich kann mich zwar problemlos in eine Nutella-Priesterin oder einen Tannenbaum hineinfühlen, aber hier fehlt es selbst mir ein bisschen an Identifikationspotenzial. Aber manchmal braucht es das auch gar nicht, damit man eine Sache trotzdem wertschätzen kann (auch wenn ein Wort wie “wertschätzen” nicht nach etwas klingt, das man im Zusammenhang mit sich selbst blasenden Ponys verwenden würde). Ich kann mich zum Beispiel mit keinem Charakter aus Girls identifizieren, aber dafür mit ihrer Autorin Lena Dunham. Ähnlich ist es hier. Außerdem sind Erregung und Bewunderung oft nur einen Ponysprung voneinander entfernt.

Die alte, abgehalfterte Arschgeweih-Schabracke: Normalerweise würde ich das Wort “Schabracke” nicht verwenden (das Wort “Arschgeweih” übrigens auch nicht) und vermutlich auch kein Bild von etwas, das wie eine aussieht, in irgendeine noch so abwegige Boner-Liste aufnehmen. Aber lasst uns nicht vergessen, dass “normalerweise” seine Gültigkeit verloren hat, als George Walker Bush zum ersten Mal seine Pinselspitze auf ein Stück Leinwand gepresst hat — und nein, das ist immer noch kein Code für irgendwas Perverses. Der Fetisch, junge Ponys als aufgetakelte, abgehalfterte Korsett-Ladys zu zeichnen, die wortwörtliche Tram Stamps auf dem Hinterteil kleben und entweder Hämorrhoiden oder aufgedunsene Schamlippen haben, ist ziemlich exakt das perfekte Gegenteil zu Bushs pastelligen Hündchen auf türkisem Grund. Mehr noch: Es ist das, was der Ex-Präsident tatsächlich malen sollte, aufdass er an der Kunst — und wir mit ihm an der Welt — gesunden mögen.

Und wer weiß, vielleicht tut er das sogar noch, wenn nur genügend Menschen fest genug daran glauben. Lasst uns alle kurz — wirklich nur ganz kurz — an Telepathie glauben und ihn mit unseren Alphawellen auffordern, als nächstes ein Landschaftsgemälde vom Paradies zu malen; aber mit Einhorn-Pimmeln anstelle von tropischen Palmen. Was meint ihr? Womöglich kann die Kraft der Gedanken ja doch mehr als die Zeit bis zum nächsten Pipimachen zu verlängern. Und soviel also dazu.

Wer bis hierher tapfer drangeblieben ist, hat sich zum Abschluss auch noch etwas Befreiendes verdient: Mein Penis sieht nämlich trotz Hautarztbesuch und Salbenkur ganz normal aus. Nur, damit ihr zumindest dieses eine beunruhigende Bild für immer los seid. Mahalo!

Markus auf Twitter: @wurstzombie

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