“Was guck’ ich” dürfte die zentrale Kifferfrage des 21. Jahrhundert sein. Denn wenn Gras, Pizza und Schokolade schon auf dem Sofa-Tisch liegen und der Ice-Tea-Tetrapack im Kühlschrank nur auf dein Pappmaul wartet, kann der perfekte Abend trotzdem scheitern – an der richtigen Serie.
Als es nur South Park oder Bob Ross: The Joy of Painting gab, war die die Wahl einfach. Netflix und Co bringen den ein oder anderen an solchen Abenden an seine Grenzen: Das Kölner IW-Institut hat herausgefunden, dass die große Auswahl an Konsumprodukten aller Art viele Verbraucher überfordert – ob beim Handykauf, im Restaurant oder eben beim Streaming-Dienst. Netflix wollte Kiffern daher gleich die Qual der Wahl nehmen und produzierte mit Disjointed in diesem Jahr eine eigene Kiffer-Serie – die bei vielen Kritikern aber wegen uninspirierter Kifferklischees durchfiel.
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Weil wir niemanden in Deutschland Kiffen empfehlen wollen (Das ist immer noch illegal!), haben wir euch die ungewöhnlichsten und unterhaltsamsten Serien zum Entspannen herausgesucht – also “Netflix and Chill”!
Yu-Gi-Oh!
Es gibt Serien, die man nur dann erträgt, wenn man den Teil seines Hirns betäubt, der logische Verknüpfungen herstellt. Yu-Gi-Oh!, die vielleicht dramatischste (und möglicherweise auch einzige) Kartenspiel-Anime-Serie der Welt, ist so eine – dafür wird sie ab einem bestimmten Grad der Highness auch richtig, richtig gut. Die Spielregeln scheinen sich immer gerade so auslegen zu lassen, dass der Protagonist von ihnen profitiert? Klar! Menschen, deren Frisuren aussehen, als hätten sie haarscharf einen Nuklearschlag überlebt, spielen Karten, während sie auf futuristischen Motorrädern durch eine Stadt heizen? Kein Problem! Yu-Gi-Oh! ist großartige Unterhaltung. Ihr dürft nur nicht zu sehr darüber nachdenken.
American Vandal
Schon mal bekifft Making A Murderer geguckt? Lasst es. Außer ihr könnt erst zu Gewalttaten, menschlichen Abgründen und einer Paranoia vor einem unfähigen Justizsystem so richtig abschalten. Guckt lieber American Vandal. Im Stil der todernsten True-Crime-Dokus versuchen zwei Hobby-Detektive in acht Episoden ein Verbrechen aufzulösen, das behämmerter nicht sein könnte: Jemand hat auf dem Parkplatz der Highschool 27 Autos mit Pimmeln besprüht. Nun gilt es, die (Un)Schuld des Hauptverdächtigen zu beweisen. Dazu wird etwa die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen untersucht, der mal behauptet hat, dass die Schulschönheit ihm beim Ferienlager am See einen runtergeholt hätte. Spätestens wenn das alles peinlich genau mit Alibis, Animationen und Einsichtwinkeln analysiert wird, liegt ihr selig pubertär lächelnd in der Couch. Highschool-Charme, dumme Witze, liebeswürdige Vollidioten, es ist das American Pie der Dokus.
Dirk Gentlys holistische Detektei
Die große Stoner-Frage nach dem Sinn des Lebens hat Douglas Adams schon in Per Anhalter durch die Galaxis gelöst (Antwort: 42). Aber auch Dirk Gentlys holistische Detektei, macht den Eindruck, der Autor sei beim Verfassen der Buchvorlage high gewesen: Ein Detektiv stolpert durch die Welt und weiß weder genau, welchen Fall er gerade recherchiert, noch welcher Freak als nächstes in sein Leben platzt. Alles hängt mit allem zusammen, aber nur das Universum weiß genau, wie. Was eben noch völlig wirr erscheint, ergibt im nächsten Moment Sinn. Kommt euch bekannt vor? Genau.
Wildes Deutschland
Eine einschläfernde Stimme, träumerische Landschaften und vierbeiniges Treiben – gibt es etwas Angenehmeres für langsame Augen und trägen Verstand? Nein. Wer den Klassiker aller Naturdokus Planet Earth schon gesehen hat, der sollte deren deutsche Schwester Wildes Deutschland gucken. Ob Greifvögel, die in den Alpen nach Schneehasen jagen und sie verspeisen, oder die Ansiedlung des Luxes: Wildes Deutschland ist lehrreicher und entspannter als jede Schulstunde. Und dabei kann man immer wieder einnicken.
Somebody Feed Phil
Essen und Kiffen gehören zusammen, wie die zwei Teile deines Grinders. Außerdem gibt es wenig Schöneres als zu essen und sich dabei noch mehr Essen anzugucken. In Somebody Feed Phil schlendert Phil Rosenthal – der Schöpfer der erfolgreichen Sitcom Alle lieben Raymond – durch Lebensmittelmärkte in Asien und ranzige Grillrestaurants in den USA. In jeder Folge bereist er eine Stadt und stellt neben deren Leckereien auch die Kultur vor: Pho in Saigon oder veganes Frühstück in Tel Aviv. Und falls der Kühlschrank leer ist, stiftet Somebody Feed Phil zu überambitionierten Road-Trip-Plänen zum nächsten Schnellimbiss an.
BoJack Horseman
Was ist noch besserer Serienstoff als ehemals erfolgreiche Männer mit Suchtproblem, die sich in Selbstmitleid und Welthass suhlen? Ehemals erfolgreiche Tiere mit Suchtproblem, die genau das tun. Im Kern ist die Geschichte um ein depressives Pferd tiefgründig und traurig. Das Faszinierendste an BoJack Horseman ist allerdings, dass die Serie gleichzeitig auch unfassbar lustig ist – und dabei sowohl smarte Gesellschaftskritik in schmerzhaft wahre Satire packt als auch absurdesten Kifferhumor bedient. (Bis heute ein absolutes Highlight: die achte Folge der zweiten Staffel, in der der Labrador Mr. Peanutbutter seine erste eigene Gameshow hostet: “Hollywoo Stars & Celebrities: What Do They Know? Do They Know Things? Let’s Find Out!”. Wenn du wissen willst, warum es “Hollywoo” und nicht Hollywood heißt, musst du die Folgen davor gucken.)
Brooklyn Nine-Nine
Suchst du seit Jahren nach einer Serie, die so dreckig wie Family Guy, so pubertär wie Die wilden Siebziger und so liebenswert wie Modern Family ist? Dann hast du im besten Fall noch einige Staffeln Brooklyn Nine-Nine vor dir. In dem Polizeibüro in New York geht der alberne Cop Jake Peralta (gespielt von Hot Rod-Schauspieler Andy Samberg) seinen Kollegen mit Stirb langsam-Zitaten auf die Nerven und löst irgendwie dann doch jeden Fall. Ganz sicher: Du wirst nie wieder in deinem Leben einen Polizisten so sehr lieben!
Mord mit Aussicht
Illustration: Laura Hausmann | Foto: Imago | Horst Galuschka
Lustige deutsche Comedy-Serien sind seltener als Grasdealer in Bayern, aber dem Schmunzelkrimi Mord mit Aussicht muss man eine Chance geben. Eine junge Kölner Kriminaloberkommissarin wird dort in die fiktive Ortschaft Hengasch in der Eifel versetzt und muss nun, statt nach Dealern und Terroristen, nach vermissten Kaninchen und Gartenzwergen-Bombern fahnden. Highlight der Serie ist ein dümmlicher Dorfpolizist (Bjarne Mädel), der von seiner Frau “Muschi” betüdelt wird. Die Serie strotzt vor provinzieller Trägheit und nimmt dich in jeder Folge mit auf eine Reise zu Onkel Norberts 50. Geburtstag und all den Gesprächen, die dich dort am Tisch erwarten.
Assassination Classroom
Das Tentakelmonster Koro-sensei will die Erde zerstören, ist aber großzügig und gibt der Menschheit eine letzte Chance. Sollte es den Schülern der 3-E an der Kunugigaoka-Mittelschule gelingen, Koro-sensei zu töten, erhält nicht nur der Attentäter zehn Milliarden Yen von der Japanischen Regierung, nein, dann wäre auch die Menschheit gerettet. So geht das über eine Länge von 47 Folgen, deren tieferer Sinn sich vor allem Leuten erschließt, die in einer höheren Bewusstseinsebene schweben.
Big Mouth
Eine Gruppe von Siebtklässlern mit melonengroßen Köpfen lässt sich von einer Horde haariger Monster und verstorbener Jazzmusiker in die Geheimnisse der Sexualität einweihen – das ist der Plot von Big Mouth. Spoiler: Teenies wie Monster sowie Geister sind permanent spitz. Das klingt, als hätte Brisko Schneider (Bastian Pastewkas Rolle als Sexaufklärer in der Wochenshow) Wo die wilden Kerle wohnen verfilmt, entpuppt sich allerdings schnell als das klügste, lustigste und niedlichste Aufklärungsfernsehen, das momentan verfügbar ist. Nur eben für Erwachsene. Da du, wenn du das hier liest, deine Pubertät schon durchschritten haben solltest (falls nicht, lies das hier), dürfte Big Mouth dich in deinem breiten Zustand nicht intellektuell überfordern, während Yonis zu sprechen anfangen, Riesendildos pornosüchtige Teens heimsuchen und regelmäßig irgendwas in die Hose geht.
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