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Der 19-Jährige, der durch seine Sucht nach Mikrotransaktionen über 11.000 Euro verlor

Jahrelang hat ein heute 19-Jähriger den Großteil seines knapp bemessenen Geldes in Mikrotransaktionen gesteckt. Am Ende waren es 13.500 US-Dollar, umgerechnet 11.375 Euro. Wie es ist, als Jugendlicher süchtig nach den Kleinstzahlungen in Videospielen zu sein, berichtete er jetzt in einem ausführlichen Post auf Reddit. Sein anonymer Erfahrungsbericht “Ich bin 19 und spielsüchtig” ist ein öffentlicher Brief an EA und die Macher von Star Wars: Battlefront II. Der User mit dem Namen Kensgold knüpft mit der Schilderung seiner Suchtgeschichte somit auch an die öffentliche Debatte um Lootboxen und Mikrotransaktionen an, die nach der Veröffentlichung des Shooters Mitte November in Gang kam.

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Mit seinem neuesten Shooter trat EA ins Gamer-Fettnäpfchen, als kurz vor Release das Heldensystem bekannt gegeben wurde. Um die bekannten Star Wars-Charaktere zu spielen, hätte man zum damaligen Zeitpunkt 40 Spielstunden pro Charakter investieren müssen. Alternativ konnte man aber auch einfach für echtes Geld Lootboxen kaufen, um diesen Prozess zu beschleunigen.

Das brachte EA nicht nur das am meisten abgewertete Posting auf Reddit ein, sondern auch anhaltende Kritik von Gamern und Politik. Während erstere vor allem den Fairness-Charakter des Spiels gefährdet sahen, forderten Abgeordnete weltweit, den Verkauf von Lootboxen als Glücksspiel zu klassifizieren. EA und DICE brachen letztendlich vor den Fans ein und reduzierten die Preise von “Top-Helden” in der Ingame-Währung um 75%. Dass damit das Problem des Suchtpotenzials, das Mikrotransaktionen in Games entwickeln können, nicht gelöst ist, zeigt die Geschichte von Kensgold.

Als 13-Jähriger fing der Reddit-Nutzer ganz klein mit einem Browser-Spiel an. “Ich denke, dass ich ungefähr 30 Dollar dafür ausgegeben habe, aber ich war auch sehr jung und hatte eigentlich überhaupt kein Einkommen”, so Kensgold im Interview mit der Seite Kotaku. Seine Mitspieler seien Erwachsene gewesen, für die es kein Problem darstellte, ab und zu mal ein paar Hundert Dollar locker zu machen. “Um mit ihnen mithalten zu können, begann ich Geld abzuheben, das ich in jungen Jahren gesparrt hatte”, schreibt Kensgold auf Reddit. Ein Jahr später hatte er sich auf das inzwischen nicht mehr existierende The Hobbit: Kingdoms of Middle-earth konzentriert.

Das im Jahr 2013 veröffentlichte Smartphone-Spiel war einerseits bekannt für sein Grinding – sich wiederholende Aktivitäten, um Punkte zu sammeln – und andererseits für seine Pay-to-Win-Mikrotransaktionen: Die Spieler konnten entweder schneller vorankommen, indem sie repetitive Aktionen durchführten oder indem sie Geld zahlten. Der Kauf der Ingame-Währung Mithril war außerdem ein Muss, um seine eigenen Ressourcen davor zu schützen, von anderen Spielern geplündert zu werden.

Hauptsache Geld ausgeben

Doch obwohl Kensgold bereits 800 US-Dollar in Käufe für Kingdoms of Middle-earth investiert hatte, begann er 2015 noch zwei weitere Spiele zu zocken, Clash of Kings und Age of Warring Empire. Beide setzen sehr stark auf Mikrotransaktionen. Im Laufe von weniger als einem Jahr summierten sich so seine Ausgaben auf satte 4.116 US-Dollar, wie er schreibt. “Zu den schlimmsten Zeiten hatte ich zwei Jobs, und überlegte, die Schule abzubrechen”, schildert Kensgold die Ausmaße seiner Sucht nach den Ingame-Käufen.

Im Januar 2016 wechselten die meisten von Kensgolds Freunden dann zu Spielen wie Smite und Counter Strike: Global Offensive (CS:GO), bei denen man ausschließlich Geld für kosmetische Artikel ausgeben konnte. Diese Gegenstände verändern lediglich die Optik von Figuren oder Ausrüstungsgegenstände, verschaffen dem Käufer aber keinen Spielvorteil. Trotzdem gab der junge Kensgold abermals hunderte US-Dollar aus. “Ich glaube, das lag daran, dass ich in den Handyspielen meinem Gewissen beigebracht hatte, dass es nicht viel ist, mal eben hundert Dollar auszugeben”, so Kensgold.

Heute spielt Kensgold weder Smite noch Counter-Strike. Er traf die Entscheidung, das Glücksspiel mit CS:GO Skins zu beenden, nachdem er schließlich Anfang dieses Jahres mit einem Therapeuten über seine Kaufgewohnheiten gesprochen hatte. Er löschte seine komplette Sammlung an gekauften Gegenständen, überwies das restliche Geld wieder auf sein Bankkonto und versucht seitdem, Mikrotransaktionen und Einkäufe in Games gar nicht erst zu tätigen.

Wie Lootboxen Gamer süchtig machen

“Mir geht es nicht darum, EA oder irgendwelche Firmen zu verurteilen. Aber mir war es wichtig, meine Geschichte zu teilen, um zu zeigen, dass diese Kaufhandlungen nicht so harmlos sind, wie sie scheinen. Es ist nicht so, als würde man im Laden nur einen Kaugummi kaufen”, sagte Kensgold.

Der Begriff Mikrotransaktion oder Micropayment bezeichnet grundsätzlich ein Zahlungsverfahren geringer Summen, die vor allem beim Kauf von bezahlten Inhalten, also digitalen Gütern wie Songs und Zeitungsartikeln anfallen. Das zugrundeliegende Konzept setzt darauf, dass viele Kleinstbeträge zusammen durchaus lukrativ sein können, wenn nur ein einmaliger Produktionsaufwand besteht.

In der Games-Industrie sind es besonders Free to Play-Spiele für Handys und Browsergames wie Puzzle & Dragons, Kantai Collection und The Idolmaster: Cinderella Girls, bei denen Mikrotransaktionen enthalten sind. Diese Spiele haben vor allem in Japan eine große Spielerpopulation. Cinderella Girls bringt laut der japanischen Tageszeitung Nikkei Shimbun monatlich über eine Milliarde Yen (etwa 7.5 Millionen Euro) an Einnahmen aus Mikrotransaktionen ein. In einigen Multiplayer Free to Play-Spielen können Gamer durch Ingame-Käufe einen signifikanten Vorteil gegenüber Spielern erzielen, die kostenlos spielen. Solche Spiele werden als “pay to win” oder p2w Spiele bezeichnet. Auf die Erfolgszahlen aus Asien wurden schließlich auch Publisher aus dem Westen aufmerksam. Bereits 2012 sagte Peter Moore von EA voraus, dass Mikrotransaktionen in der Zukunft unausweichlich Teil der Gaming-Welt sein werden.

Lootboxen können dabei ein Teil von Mikrotransaktionen in Games sein. Allgemein ist eine Lootbox ein verbrauchbarer virtueller Gegenstand, der eingelöst werden kann, um eine zufällige Auswahl weiterer virtueller Gegenstände zu erhalten. Das reicht von einfachen Anpassungsoptionen für den Avatar oder Charakter eines Spielers bis hin zu spielverändernden Ausrüstungen wie Waffen und Rüstungen. In einigen Spielen erhält man Lootboxen durch häufiges Spielen, oft kann man diese aber auch gegen Echtgeld kaufen.


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Mit echtem Geld gekaufte Lootboxen unterscheiden sich von anderen Mikrotransaktionen in Games, da man als Spieler nicht weiß, was man bekommt. Damit gerät das Prinzip ins Feld des Glücksspiels. Spieler können in einen regelrechten Zwang verfallen, ihr Glück mit den Lootboxen immer wieder auf’s Neue herauszufordern. Solche Zwangsschleifen können zu Suchtverhalten führen, wie Psychologen der Universität British Columbia erforscht haben. Während viele Spieler niemals echtes Geld in solche Lootbox-Systeme investieren, können diese bei sogenannten Whales zu großen Geldausgaben führen. Als Whales werden von der Industrie Gamer bezeichnet, die bereit sind, regelmäßig viel Geld auszugeben, um schnell neue Inhalte wie bessere Ausrüstung zu bekommen.

Belgien und Australien haben deshalb bereits erste Schritte unternommen, Lootboxen zu verbieten. Auch in Deutschland sind Politiker nun auf das Thema aufmerksam geworden. Im Bayerischen Landtag haben die Fraktionen der SPD, CSU und Freien Wähler Eilanträge gestellt. Zwei der Anträge wurde stattgegeben, Bayern könnte hier einen Präzedenzfall schaffen. Die Freien Wähler fordern eine Altersfreigabe ab 18 Jahren für Spiele mit Lootboxen. CSU und SPD möchten dagegen eher die Medienkompetenz im Umgang mit Lootboxen fördern. Die Gambling Commision Großbritannien hat dagegen bereits klargestellt, dass aus ihrer Sicht keine Glücksspielsachlage vorliegt und die Whales keiner erhöhten Suchtgefahr unterlägen.

Auch Kensgold war ein Whale. “Ich hatte Glück”, schreibt Kensgold in seinem offenen Brief auf reddit. “Als mir klar wurde, dass ich Hilfe brauchte, besorgte mir meine Mutter einen Therapeuten. Andere haben vielleicht nicht so viel Glück.”

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