Zugegeben, ich kenne mich in der Welt von Geschlechter-Politik und Gender-Mainstreaming nicht so gut aus. Ich weiß nicht, wie ich ein Binnen-I oder einen Unterstrich aussprechen soll oder ob es schon ein neues Wort für Geschlecht gibt, damit man Transsexuelle nicht mehr als Eichhörnchen bezeichnen muss. Ich weiß nicht mal, ob man bei seinen eigenen sexuellen Vorlieben nach Geschlechtern diskriminieren darf — ein Freund von mir steht zum Beispiel ausschließlich auf Pornos mit “kaukasischen Frauen” und musste sich dafür schon als rassistisch beschimpfen lassen (unter anderem von mir). Verdammt, ich weiß ja noch nicht mal, ob man Pornos schon wieder schauen darf oder der einzige Weg zu Nacktbildern von Frauen über Fotos von FEMEN-Protesten führt.
Wenn ich es mir genau überlege, weiß ich sogar so wenig, dass ich das Thema vielleicht gar nicht erst mit meinen Grindgriffeln angreifen sollte. Wenn ich es nämlich doch tue, kommt dabei so etwas raus wie der Titel dieses Wrong Boners. Und der reicht wahrscheinlich für sich alleine schon aus, damit mir in den kommenden Stunden die gesamte Feminismus-Twitterati den zur FEMEN-Faust geballten Fehdehandschuh in die Hashtag-Hackfresse haut.
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Zu meiner Verteidigung: Obwohl ich nicht viel über die ganze Thematik weiß, bin ich damit keineswegs alleine. Also ist es vielleicht gar nicht so gut, das Feld für die Fachleute zu räumen und den Schwanz einzuziehen, sondern eher an der Zeit, dem Feminismus selbst einen Harten zu verpassen, damit er einmal ordentlich in die Rollenklischees hinein stoßen kann, die dazu führen, dass in einem Land, das in den vergangenen Monaten wie kein anderes wegen Massenvergewaltigungen in den Medien war, trotzdem Werbesujets an die Öffentlichkeit kommen, die sich einen Spaß aus sexualisierter Gewalt machen.
DER EXTRAGROßE KOFFERRAUM DER SEELE
Wir Unwissenden sind nämlich nicht alle die Täter von Steubenville, auch nicht indirekt oder im übertragenen Sinne. Wir sind nicht alle gegen Fortschritt und gleiches Gehalt und mehr Selbstverständnis für Frauen in Führungspositionen, nur weil uns das Wort “Geschlechterdemokratie” nicht geläufig ist. Vielleicht sind wir auch nicht der Meinung, dass es zu mehr Gleichberechtigung führt, wenn manche Frauen allen Frauen vorschreiben, wie sie sich zu kleiden haben (nicht sexy) und was sie gefälligst tun sollen (nicht Hausfrau sein), aber das ist eine andere Geschichte. In jedem Fall sind selbst wir Veteranen des verkorksten Hosenzeltes uns einig, dass Menschen, die so eine Werbung entwerfen ganz dringend eine Haltungskorrektur nötig haben.
Dieses gestern geleakte Ford-Sujet aus Indien (das von Ford noch nicht kommerziell genutzt, sondern von deren Agentur online gestellt wurde) zeigt Silvio Berlusconi, der sich gerade ziemlich freut, weil er endlich ein Auto gefunden hat, wo gleich drei gefesselte Frauen im Kofferraum verstaut werden können. Der Slogan “Leave your worries behind” deutet an, dass es sich bei den Frauen um Stolpersteine für Berlusconis Karriere handelt, die er dank Ford nun problemlos alle gleichzeitig aus dem Weg schaffen kann, damit nicht noch mal so etwas passiert, wie der Sexskandal mit der minderjährigen “exotischen Tänzerin Ruby”.
Dass man sich nicht mal mehr die Mühe macht, den moralischen Umweg über kokette Sexspielchen (“die wollen das doch auch”) zu nehmen, sondern ohne Umschweife zum fröhlichen Vergewaltigungs-Kaffeekränzchen einlädt, ist auf gewisse Weise fast noch schockierender als die Massenvergewaltigungen in den Straßen Indiens. Während man den sexuellen Terror mit viel Ignoranz und Fantasie noch als Spontanaktionen sozialer Unruhen abtun konnte, schwingt in der Ford-Werbung eine institutionalisierte Akzeptanz mit, die eigentlich jedem Angst machen muss. Auch, wenn das Sujet von Ford nicht freigegeben war, rettet das genau gar nichts: allein, dass eine Agentur sich traut, so etwas zu entwerfen und einem Großkonzern vorzuschlagen, wo es der Entwurf dann auch noch in den Reviewing-Prozess schafft, ist schlimm genug.
MÄNNER ZUM AN-DIE-WAND-NAGELN
Man könnte das alles natürlich auch etwas anders sehen. Zum Beispiel, wenn man zu den Menschen gehört, die aus allem Dummen etwas Gescheites hervorkramen wollen und sich Philosophen nennen. Dann könnte der extragroße Kofferraum des Ford Figo mit seinen geknebelten Frauen auch ein Sinnbild sein — für den Stauraum in den Köpfen vieler Berlusconis, die ihre Einstellungen immer öfter wegsperren müssen, weil die Welt ihnen und ihren Ansichten gegenüber feindlich gesinnt ist.
Leider wissen wir aber, dass Werbung nicht so schlau und vor allem keine Wissenschaft ist: Sie untersucht nicht und bildet keine Theorien, sie wendet einfach an, was angeblich funktioniert. Wenn man also will, dass gewisse Dinge nicht mehr funktionieren, muss man woanders ansetzen. Eine Möglichkeit bietet der Fotograf Rion Sabean mit seiner Serie von Men-ups — das sind Bilder von Männern in klassischen Pin-up-Posen. Quasi als Kofferraum-Frühjahrsputz für Geschlechternazis und mit eigenen Bildunterschriften.
Links: “Süßer Sporthase sucht Stadion für Spielchen mit Schläger!”
Rechts: “Ups, da bin ich Dummerchen wohl auf dem Schmieröl ausgerutscht!”
Links: “Wenn du nicht willst, dass ich mir die Beine epiliere, musst du mich schon anketten, hihi!”
Rechts: “Von Handwerk verstehe ich nichts, aber ich will trotzdem in deinem Werkzeugkoffer kramen!”
Links: “Deine Hanteln — meine Hundeknochen.”
Rechts: “Haha, lesen!?”
Links: “Uuuuh, du hattest recht, anal macht total Spaß!”
Rechts: “Seit der Ohrfeige bin ich zwar fast taub, aber ich weiß, es hat dir mehr wehgetan als mir. Küsschen!”
Also, Männer — Ärmel hoch und Hosen runter. Jetzt wird zu Pin-ups von Männern, die sich wie Frauen präsentieren, masturbiert. Diesen Orgasmus sind wir der Frauenwelt schuldig. Mahalo!
Markus auf Twitter: @wurstzombie
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