Der sogenannten Islamische Staat bemüht sich seit geraumer Zeit, den Einsatz von Drohnen zu einem weiteren Teil der eigenen Kriegsführung zu machen. Das zeigen nicht zuletzt mehr als hundert Bilder von IS-Drohnenangriffen, die in den ersten 20 Februartagen ausgeführt wurden. Zusammengestellt wurden die Beweisfotos von Nick Waters, einem Militäranalysten des Recherchenetzwerks Bellingcat. Bei allen Bildern handelt es sich um Screenshots von IS-Medienkanälen, über die Videomaterial von Bombenangriffen verbreitet wird.
Waters erklärte gegenüber Motherboard, dass die Datenbank helfe, einen Einblick in das Ausmaß der Drohneneinsätze des Islamischen Staats zu bekommen. Er betont allerdings auch: „Wir sehen nur die erfolgreichen Angriffe: nicht, wie viele Angriffe ihr Ziel verfehlten, fehlschlugen oder abgeschossen wurden. Das bedeutet, dass es noch viel mehr unbemannte Missionen gibt, von denen wir keine Bilder gesehen haben.”
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Bereits Anfang Februar zeigten Dokumenten, wie der IS versucht, eine neue Art von Drohnenkriegsführung zu entwickeln. Entdeckt wurden die internen Unterlagen im Irak von einem Forscher der Harvard University, der sie dann unter anderem an Analysen des Combating Terrorism Centers in West Point weitergab. „Die Dokumente liefern einen verblüffender Blick hinter die Kulissen und bieten auch neue Details”, erklärt der West-Point-Analytiker Don Rassler damals gegenüber Motherboard.
Waters selbst beleuchtete im Februar in einer Untersuchung mit dem Titel Death From Above: The Drone Bombs of the Caliphate umfangreich die Drohnenoperationen des Islamischen Staats. Er legte dabei unter anderem neue Details offen, welche Waffenabwurfsysteme und Munitionsart der IS nutzt. Die neueste Untersuchung von Waters verdeutlicht jedoch allein durch die Bilder, wie weitverbreitete der Einsatz von Drohnen als Waffen inzwischen für den IS geworden ist.
„Die größten Vorteil von Drohnen ist, dass sie Überwachung, Informationssammlung und eine gute Zielerfassung ermöglichen”, so Waters gegenüber Motherboard. „Diese Fähigkeit erlauben dem IS, seine Kräfte viel effizienter einzusetzen und zur richtigen Zeit im richtigen Bereich zu konzentrieren sowie den Kommandeuren am Boden während des Kampfes eine bessere Einschätzung der Situation zu ermöglichen.”
Als ehemaliger britischer Infanterie-Zugführer, so Waters, wäre ihm bei der Aussicht auf diese Möglichkeiten vor, während und nach eines Kampfeinsatzes das Wasser im Mund zusammengelaufen. „Wir haben ein paar Mal Desert Hawk eingesetzt, was gelinde gesagt, scheiße war”, sagt er trocken.
„All das zeigt, dass der IS mit überraschender Treffsicherheit mit wenig Munition und beinahe vollständigem Überraschungsmoment in Gegenden zuschlagen kann, die für sicher gehalten werden”, so Waters gegenüber Motherboard. „Diese Möglichkeiten ändern strategisch noch nichts, aber sie führen dazu, dass Soldaten am Boden zusätzlich auch noch auf den Himmel achten, und nicht nur auf die Gegner am Boden; was alleine schon hektisch genug ist.”
Da private Drohnentechnologie im Jahr 2017 immer billiger und einfacher zu beschaffen ist, werden die Drohnenangriffe des Islamischen Staats wahrscheinlich nicht nachlassen. Analysten wie Waters nutzen die daraus produzierten Propagandabilder für ihre eigenen Zwecke: Um so viele Informationen wie möglich zusammenzutragen und den Feind zu verstehen. „Die Datenbank zeigt auch, dass die Art der Munition, die der IS nutzt, immer auf irgendeine Art modifiziert wurde”, sagt er. „Das verdeutlicht ihre Fähigkeit, selbst hergestellte Waffen und Munition in eine industriellem Maße herzustellen und effektiv Waffen zu verändern, die sie erbeutet haben.”