Der Nazi-Ultra, der von Atlético zu Real überlief

„Ich bin einer von Atlético, mir gefallen Madrid und die Stufen des Bernabéu. Wem das nicht gefällt, der weiß es nun. Heil Hitler”, erklärte Ende 2013 Antonio Menéndez Mories, genannt „El Niño” oder „Niño Skin”. El Niño ist nicht nur einer der bekanntesten Neonazis Spaniens, er war auch prominentes Mitglied der Ultras Sur, der mittlerweile aus dem Bernabéu verdammten Ultragruppierung von Real Madrid.

Ultras Sur? War da nicht was? Ja, und zwar der legendäre Torfall von Madrid am 1. April 1998 beim Halbfinal-Hinspiel der Champions League zwischen Real Madrid und Borussia Dortmund. Ausgelöst wurde der Torfall durch zahlreiche Ultras Sur, die solange an einem Zaun rüttelten, bis dieser zusammenbrach—und mit ihm das daran verbundene Tor.

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El Niño war damals nicht im Stadion, weil noch Atléti-Fan. Das kann er beim Rückspiel gegen City nächste Woche auch nicht sein—und das nicht nur, weil die Ultras Sur (offiziell) keinen Zutritt mehr ins Stadion erhalten (auch wenn sie bei Auswärtsspielen immer wieder auftauchen). El Niño sitzt nämlich im Knast, weil er laut Informationen der spanischen Tageszeitung ABC 2013 einen Celta-Vigo-Fan mit einem Messer angegriffen hat. Es war der Höhepunkt einer kriminellen Karriere, die ihn mehr als ein Dutzend Mal mit der spanischen Justiz kollidieren ließ. Wenn er nicht gerade Menschen erpresste oder zusammenschlug und Drogen vertickte, war El Niño Frontsänger bei der Neonazi-Band „Outlaw Madrid”.

Am liebsten sorgte er aber einfach nur für Stress. Sei es innerhalb der Ultragruppierung seiner angeblichen neuen Liebe, Real Madrid, oder gegen seine alten Jungs von der Frente Atlético. Denn die Geschichte von El Niño ist die eines echten Überläufers. Kurz nach der Jahrtausendwende wurde er von der bekanntesten Atlético-Ultragruppierung rausgeschmissen, woraufhin er das Undenkbare durchzog: Er wurde Fan, ja sogar Ultra, von Real. Schnell zettelte er einen Umsturz der Alten Garde um José Luis Ochaíta und Álvaro Cadenas an, denen er vorwarf, vom Verein und einigen Spielern geschmiert worden zu sein. Sein Ziel: Sich und seine politisch deutlich mehr involvierten Kumpanen (rechtsextrem, versteht sich) an die Spitze der Ultras Sur zu katapultieren. Insider-Berichten zufolge soll ihm das auch gelungen sein.

Wer eine so schwierige Vergangenheit hat, weil er nur wenige Jahre zuvor noch Atlético-Ultra war, der muss natürlich beweisen, dass er jetzt ein echter Madridista ist. Darum soll ein brutaler Angriff auf die Bar Río Duratón, Hauptquartier der Frente Atlético, auch auf sein Konto gehen. Zusammen mit einem Dutzend anderen Schlägern überfiel El Niño—ausgestattet mit Messern, Baseballschlägern und Schlagstöcken—die Bar und verletzte drei Atlético-Ultras schwer. Der Tipp, dass zu der Zeit wichtige Frente-Mitglieder in der Bar sein würden, kam übrigens von Atlético-Fans, die mit der Frente auf Kriegsfuß stehen.

In einem Jahr kommt El Niño wieder auf freien Fuß. In einem Interview mit der Tageszeitung La Gaceta gaben ein Dutzend Ultras Sur zu Protokoll, dass El Niño noch immer viele Freunde in ihren Reihen hat. Man muss davon ausgehen, dass das letzte Kapitel über den Nazi-Ultra noch nicht geschrieben ist.