Der Typ, der deutschen Gangsta-Rap in den Straßen Amerikas pumpt

Wir wissen nicht mehr genau, wie wir Eric Nulph gefunden haben. Wahrscheinlich war ein Video von ihm einfach falsch vertaggt und ist in der rechten Youtubeleiste eines Flo-Rida-Songs gelandet oder so—als ob Gott* uns über die weiten Kanäle des Internets einen Schatz schicken wollte. (*Larry Page)

Denn Eric Nulph ist zweifellos der großartigste Typ auf Youtube: Er ist der erste amerikanische Street-DJ für deutschen Gangsta-Rap. Und seine Videos sind durchweg wunderbar.

Eric sitzt in seinem Auto und moderiert einen Liedwunsch an, den einer seiner „Fans“ geäußert hat. Das alles natürlich auf deutsch. Eric ist Amerikaner, doch er hat in Deutschland Familie und fährt anscheinend voll auf Good Old Germany ab. Besonders deutscher Gangsta-Rap scheint es ihm angetan zu haben, und so fährt er durch Orlando oder Tampa Bay und pumpt die anmoderierten Liedwünsche aus dem Autoradio. Daraus entsteht natürlich nicht der beste Sound, aber wer will denn schon so kleinlich sein.

Videos by VICE

Wir haben einige der schönsten und verstörendsten Videos von Eric, dem Deutschrap-Street-DJ.

Schwesta Ewa feat. SSIO: Märchenrapper” (28. September 2012)

So sehen seine Posts in der Regel aus. Eric sitzt in seiner Karre irgendwo im Ghetto von Orlando (er wird nimmermüde zu betonen, dass er sich im Ghetto befindet), moderiert in sehr ordentlichem Deutsch ein Lied an, nuckelt ein letztes Mal an seiner Zigarette, ruft schließlich „Spiel!“ und lässt den Song aus dem Autoradio ab. Dann dreht er die Kamera um und fährt mit den Tunes im Hintergrund durch die Hood. Warum er so sehr auf deutschen Gangsta-Rap und Deutschland im allgemeinen abfährt, erzählt er nicht. Es interessiert uns auch nicht. Wir sind einfach froh, dass ein talentierter, amerikanischer DJ versucht, Deutschrap zu etablieren. Hoffentlich hat Schwesta Ewa schon ihr Visum für die USA geklärt um spätestens nächstes Jahr auf dem Coachella zu spielen!

Caught in the Crack: Du Muttergefickter Hurensohn” (12. Januar 2013)

Im Gegensatz zu den Arschloch-DJs der Welt, die im Club niemals einen coolen, aber unbekannten Song spielen würden, lässt Street-DJ Eric wirklich alles laufen. Er spielt nicht nur Sido, Farid Bang oder Schwesta Ewa, nein, er unterstützt noch relativ unbekannte Künstler wie Ashirreth oder Fabio69, mit denen er teilweise selbst bei Facebook befreundet ist. Wenn das mal keine Vetternwirtschaft ist. Aber so funktioniert nun mal das Game. Noch so ein Kollektiv, dem Eric eine Plattform bieten will, sind Caught in the Crack mit „Du Muttergefickter Hurensohn“. Eric könnte manchmal noch an der Beleuchtung seiner Videos arbeiten, man sieht eigentlich nur etwas, wenn er an der Fluppe saugt. Aber sehr cool von ihm, wie er der Gruppe Props gibt. U1L für immer, yo!

Kollegah feat. Farid Bang: Drive-By” (1. Januar 2013)

Dieses Video ist verstörend. Zum einen, weil Eric durchblicken lässt, dass er eigentlich keine Lieder mehr spielen möchte. Das wäre natürlich eine Schande für die Musikwelt, aber seit der Drohung sind nun auch fast drei Monate vergangen und Eric spint den Shit immer noch. Zum anderen ist das Video wegen einer Szene in der Anmoderation so furchteinflößend: Etwa bei 22 Sekunden spielt sich folgendes ab: „Hier nochmal Kollegah mit Farid Bang ,Drive-By‘, hier… (Kopfschwung links, Kopfschwung rechts) … in Tampa, Floridaaa“. Dieser Kopfschwinger ist gleichzeitig das Witzigste und Traurigste, und in dieser Kombination eben Angsteinflößendste, dass ich seit langem im Internet gesehen habe. Hat jemand schon Mal einen Moderator eine solche Bewegung machen sehen? Egal. Spiel!

Eric meets Bertan

Street-DJ Eric hat natürlich viele Fans in Deutschland. Anfang September besuchte ihn Bertan aus Tübingen und Eric ließ es sich nicht nehmen, früher von der Arbeit abzuhauen um seinen Anhänger vor der Florida Mall zu einem Interview zu treffen. Vor dem Gespräch stellt er sich seinem Youtube-Fan nochmal vor („Ich bin hier—in flesh. Ich bin jetzt Living Legend—legendär!“), befragt den gelangweilten Kollegen zu seinem Florida-Trip und wird dann vom Eingang des Einkaufszentrums gebeten, weil dort Nichtraucherzone ist. Vielleicht sollte er das nächste Mal selbst interviewt werden. Wir haben versucht, Eric für ein Video-Interview zu bekommen, doch der werte Youtube-Star ließ sich nicht zu einer Antwort herab. Gut, Kanye West gibt auch keine Interviews.

Eric in the Hood

Eric hat über 300 deutsche Gangsta-Rap-Songs (wer hätte gedacht, dass es überhaupt so viele gibt) „aufgelegt“, doch der 33-Jährige kann noch mehr. In seiner Rubrik „Eric in the Hood“ hängt er sich an den Funkverkehr der Polizei von Orlando und fährt zu einem Einsatz. Nun, das hört sich spannender an, als es sich im Endeffekt darstellt. Im Grunde fährt Eric durch die Hood, spielt „Bad Boys“ von Bob Marley und hält die Kamera für zwei Sekunden auf eine Handvoll Streifenwagen mit Blaulicht, die auf einem Parkplatz halten. Dabei kommt ein sarkastisches „Oh, oh!“ von Eric und das war‘s. Obwohl, nachdem er am Schauplatz vorbeigefahren ist, wendet er an der nächsten Kreuzung und filmt das Theater noch ein Mal.

Will it be Romney or Obama in 2012?

Das großartigste Video jedoch ist dieses Filmchen, das Eric vor der Präsidentschaftswahl im November gedreht hat. Darin positioniert er sich deutlich als Romney-Anhänger und erklärt, dass es keine Alternative für Mitt Romney gibt, wenn man vorankommen will. Um seine Einstellung künstlerisch zu unterfüttern, hat der König unter den mobilen Vehikel-Filmern eine Art Gegenüberstellung gedreht. Darin fährt er durch ein Viertel der Oberschicht, wo Mitt Romney-Wähler leben und unterlegt es mit klassischer Musik. Dann fährt er ins Ghetto, wo „die Wähler von Barack Obama wahrscheinlich leben“. Musikalische Untermalung: Maschinengewehrschüsse. Erics Botschaft: Wähl Romney, dann kannst du in einer Nachbarschaft mit Vorgarten leben, wo überall klassische Musik gespielt wird, wenn du aber Barack Obama unterstützt, wirst du bald in der Hood den Gewehrkugeln ausweichen müssen. Dieses kunstpolitische Meisterwerk mündet in einem Epilog, in dem Eric an das amerikanische Volk appelliert, die richtige Entscheidung zu treffen. Aus den Boxen dröhnt „O Fortuna“ aus Carl Orffs „Carmina Burana“. Hätten wir Eric Nulph früher entdeckt, wir hätten uns im Eilverfahren eine Greencard und die amerikanische Staatsbürgerschaft besorgt und wären seinem Aufruf gefolgt.

Wir, die Noisey-Redaktion, verlangen nicht viel, doch wir möchten euch innigst ans Herz legen, den Youtube-Kanal von ericanulph1980 zu abonnieren. Spiel!

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