Die immer ungerechtere Verteilung von Reichtum ist eine linke Gebetsmühle. Aber stimmt ja auch: Wer was hat, der hat auch keine Probleme durch Finanzgeschäfte noch mehr zu verdienen. Geld wandert zu Geld. Der UckerTaler ist ein volkswirtschaftlicher Unterwanderungsversuch, betrieben von einigen Bewohnern des strukturschwachen Nordostens von Brandenburg. Der Wert des UckerTalers bemisst sich nach der Arbeitszeit. Für fünf Minuten Maloche gibt es einen Taler. Durch diese „Währung“ ist nicht nur gegenseitige Nachbarschaftshilfe möglich (A gibt B Holz, B gibt A Karotten), sondern auch komplexere Transaktionen können abgewickelt werden (A gibt B Holz, B gibt C Karotten, während C dabei hilft, das Holz bei A klein zu hacken). Eine Internetsoftware erlaubt die komfortable gegenseitige Rechnungsstellung.
Bei 500 Talern plus oder minus hat man das Limit erreicht. Zinsen gibt’s nicht. Zwölf UckerTaler im Jahr sind Mitgliedsbeitrag. Und man sollte nicht auf Dauer von dem Ersparten leben, sondern immer weitertauschen.
Vorrangiges Ziel ist eine autarke Grundversorgung der Mitglieder mit Lebensmitteln. Es werden in dem UckerTaler-Internetforum aber auch Dienstleistungen wie Polnischkurse und Klangschalenmassagen angeboten.
Um auch die Grundversorgung an hartem Alkohol sicherzustellen, bot ich den selbst gemachten Schnaps des Freundes meiner Schwester an. Obwohl man mich dabei wenig in den Produktionsprozess involvierte, war das nur halber Beschiss. Zwar wurde der Schnaps professionell und im Rahmen der deutschen Gesetze gebrannt, aber immerhin habe ich mitgeholfen, die Maische—ein sechs Monate gelagerter, gammeliger Obstmatsch, die Vorform von Schnaps—von kleineren Plastikbottichen in größere zu kippen.
Zwölf UckerTaler veranschlagte ich als Preis, was einer Stunde Arbeit entspricht. Hat aber niemanden interessiert.
Im UckerTauschring finden sich eher nüchterne Leute, wie sich bei einem der Markttage, dem monatlichen Treffen des Tauschrings zeigte, bei dem man sich nett unterhält und vor allem Äpfel pur und in verschiedenen Weiterverarbeitungsformen tauscht. „Gebraucht wird noch ein Bauer, der Bio-Weizen anbaut“, meint Werner, Mitgründer und Kassenwart des Tauschrings, der konsequenterweise seit Jahren in einem Steuer- und Auskunftsboykott gegenüber Staatsorganen lebt. Nicht gebraucht würden Anwälte. „Es gab mal einen, aber wir konnten nichts mit seinem Wissen anfangen.“
Wer also gerne Äpfel isst, Arbeit nicht scheut, und keine komplexe Gesellschaftsordnung erwartet, der ist in dieser Utopie sicher bestens aufgehoben. Schnaps ist auch noch zu haben.