Adam ist schlecht. Richtig schlecht. Das gibt er selbst zu. Schon seit über 140 Stunden spielt er Overwatch, eines der momentan wohl beliebtesten Spiele überhaupt. Und: Er wird nicht besser. Adam steckt in der Bronze-Liga fest. Zum Vergleich: Wenn Overwatch Fußball wäre, dann wäre für Adam nicht nur die hinterletzte Kreisliga unerreichbar, er dürfte wahrscheinlich noch nicht einmal auf dem Bolzplatz spielen. Denn für viele Gamer ist die Bronze-Liga nur ein kurzer Zwischenstopp in höhere Ligen. Aber Adam bleibt. Warum? Wir finden den vielleicht schlechtesten Overwatch-Spieler der Welt auf Reddit und wollen wissen, wie es in der Overwatch-Holzliga aussieht.
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“Manche schieben die Schuld auf das ganze Team, aber ich glaube, ich spiele einfach sehr konsequent scheiße”, erklärt der Mittzwanziger der Reddit-Community von Overwatch. Die Antworten gibt er im Rahmen eines etwas selbstironischen AMAs (“Ask me anything”). Im echten Leben sei er beruflich “irgendwo im amerikanischen Regierungssektor” unterwegs – was das genau bedeutet, will er uns nicht erklären.
Der vielleicht schlechteste Overwatch -Spieler hat immerhin “noch zu 55 Prozent Spaß am Spiel”
Spieler wie Adam muss es unter den rund 35 Millionen aktiven Overwatch-Spielern zu Tausenden geben. Doch nur selten geben sich diese Bronze-Spieler zu erkennen – möglicherweise aus Scham oder Angst vor giftigen Kommentaren der wettbewerbsfreudigen Community, für die die Bronze-Liga längst zu einem Synonym für absolute Unfähigkeit geworden ist. Aber selbst dort da sticht Adam hervor. Er gehört laut dem Analyse-Tool Overbuff zum schlechtesten ein Prozent aller Spieler von Overwatch.
Adam, der sich online ADsyoung nennt, stört sich allerdings nicht an diesem Klima. Mit seinen Schwächen geht er offen um. Mit Motherboard hat sich der Mittzwanziger über sein Leben als vielleicht schlechtester Overwatch-Spieler der Welt unterhalten.
Motherboard: Wie bist du überhaupt zu Overwatch gekommen?
Adam: Einige Monate vor dem Release stolperte ich in einem Artikel über Overwatch. Ich fand das anfangs alles nicht so spannend, weil mein PC damals extrem leistungsschwach war. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass ich einen sehr guten Rechner brauche, um Overwatch überhaupt spielen zu können. Deswegen war ich angenehm überrascht, als ich schließlich doch erfuhr, dass dieser Shooter auch auf deutlich schwächeren Kisten gut läuft – und kaufte mir das Spiel kurz darauf.
Bist du ein erfahrener Shooter-Spieler – oder war Overwatch für dich eine komplett neue Erfahrung?
First-Person-Shooter sind sicherlich nichts, was ich als meine große Stärke bezeichnen würde. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich als Kind mit Freunden viel Halo und Halo 2 gespielt hatte. Ich war nie sonderlich gut darin, Dinge abzuschießen, aber dafür war ich mit den Fahrzeugen im Spiel immer herausragend!
Ich erinnere mich auch an lange Abende mit Call of Duty und Battlefield, aber auch da war ich nie wirklich gut. Als ich irgendwann realisierte, dass ich eigentlich nur als Sanitäter herumlaufe und Leuten Schmerzmittel zuwerfe, wusste ich, dass das kein Genre für mich ist. Seitdem spiele ich lieber Rollenspiele als Shooter.
Diesen Vorsatz hast du über zehn Jahre eingehalten, aber jetzt, mit Mitte zwanzig, hast du dich doch wieder an einen Shooter gewagt. Warum?
Gute Freunde erzählten mir, dass man in Overwatch auch einfach nur Heiler spielen kann, die nicht wirklich auf die Gegner schießen müssen. Das wollte ich ausprobieren – und ich war sofort begeistert: Ich habe schnell die Heldin Mercy für mich entdeckt. Ich war fasziniert davon, dass ich mit dieser fragilen Frauenfigur die größten Kolosse unterstützen kann. Je mehr ich aber spielte, desto mehr Beleidigungen schmissen mir andere Spieler im Chat an den Kopf. Ich würde Mercy nicht richtig beherrschen können, warfen sie mir beispielsweise vor. Also habe ich schließlich ganz aufgehört, sie zu spielen.
Das ist ja fies. Ist so ein ruppiger Ton üblich in der Bronze-Liga?
Ich muss ganz ehrlich zugeben, ich bin da kein Unschuldslamm. Ich höre in fast jeder Runde Beleidigungen wegen allen möglichen Dingen, aber ich mache gerne auch selber mit. Ich finde das lustig. Ich meine, wenn Leute wie ich wirklich nach wie vor ernsthaft versuchen aufzusteigen, dann müssen sie das Spiel trotzdem locker sehen – sonst dreht man in der Bronze-Liga einfach durch. Da sind so viele Trolle unterwegs, die längst jeden Mut zum Aufstieg verloren haben. Meinen Frust lache ich regelmäßig einfach weg. Ich kann es nur vermuten, aber ich glaube, die Stimmung wird tatsächlich unangenehmer, je höher die Leute im Rang sind – weil dann plötzlich wirklich etwas auf dem Spiel steht.
Puh, das klingt trotzdem alles sehr, sehr anstrengend. Wie viel Zeit verbringst du denn dann eigentlich überhaupt noch mit Overwatch ?
Ich spiele momentan etwa zwölf Stunden pro Woche. In einigen Ranglisten-Saisons habe ich aber täglich richtig viel gespielt, während ich zu anderen Zeiten kaum aktiv war. Insgesamt habe ich wohl etwa 140 Stunden Overwatch gespielt. Ich würde mich also als “On/Off”-Spieler beschreiben. Aber mit der Spieldauer hat das nichts zu tun, muss ich zugeben. Wenn ich mich wirklich reinknie und konzentriert stundenlang versuche aufzusteigen, mache ich damit alles nur noch schlimmer. Mittlerweile sehe ich das alles sowieso entspannt. Wenn ich nach fast zwei Jahren noch immer nicht in die nächsthöhere Liga aufsteigen konnte, dann habe ich das wohl einfach auch nicht verdient.
Deine Faszination an Overwatch ist also trotz der Albträume in der Bronze-Liga seit 2016 nicht geschmälert worden? Das ist ziemlich bemerkenswert.
Ja, trotz allem muss ich wirklich sagen, dass Overwatch der wohl mitreißendste Shooter ist, den ich je gespielt habe. Obwohl ich selbst so schlecht bin und mit den unfähigsten Spielern zusammengeworfen werde, findet doch jeder eine Spielfigur, mit der er zumindest halbwegs umgehen kann. Blizzard hat diesem Spiel eine Lernkurve verpasst, die sicherstellt, dass es viele Helden gibt, die einfach zu lernen, aber schwer zu meistern sind. Und das ist wirklich fantastisch. Vor allem der Roboter Bastion war neben Mercy schon immer eine gute Wahl für mich. Er verwandelt sich in einen Geschützturm, dann muss ich mit ihm nicht unbedingt gleichzeitig schießen und laufen. Am schwierigsten hingegen fallen mir die Helden, die sich viel bewegen und agil sein müssen, um wirkungsvoll zu sein.
Danke für das Gespräch, Adam. Wir drücken dir alle Daumen, dass du irgendwann doch noch mal den Aufstieg schaffst. Eines musst du uns aber noch verraten: Gibt es einen Plan B, wenn es mit der Overwatch-Profikarriere doch nicht mehr klappen sollte?
Ha, vielleicht bleibe ich einfach noch 20 weitere Spiel-Saisons in Bronze und verkaufe dann meinen Account als Kuriosum für 10.000 US-Dollar. Man darf ja wohl noch träumen.
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