Deutschrap ist zurzeit wie ein Kaffeeklatsch der feuchtfröhlichen Absurditäten

Foto: Screenshot von Instagram via @haftbefehl85 | @look_alive28

Zurzeit passieren im Deutschrap merkwürdige Dinge. Damit meinen wir nicht, dass besonders dope oder peinliche Tracks erscheinen oder neue, spannende Trends gesetzt werden. Also schon auch, siehe unten im Text der Abschnitt über KC Rebell, aber dazu später mehr. Nein, wir meinen all das, was abseits der eigentlichen Bühne fabriziert wird. Das ist im Moment so bizarr – ja geradezu Helge Schneider-esque, wir kommen aus dem Feiern gar nicht raus. Hier mal ein kurzer Überblick über all die Absurditäten, die Rapdeutschland gerade bewegen und unser Leben so fabelhaft dümmlich leicht machen:

Videos by VICE

Kollegah verträgt sich mit Arafat und alle rasten aus

Seit 2010 gibt es zwischen Kollegah und Laas Unlimited böses Blut. Disstracks, Motto-Shirts, abfällige Kommentare, Konzertbesuche – das ganze Programm. Irgendwann wurde es ruhig, doch dann stellte sich im März diesen Jahres Bushido schützend vor Laas: “An alle Leute gerichtet, die der Meinung sind, dass sie da irgendwie Laas als Punching-Ball benutzen können: Diese Zeiten sind vorbei, meine Freunde! […] Ich denke, da wird noch das ein oder andere Wörtchen gewechselt werden.”

Und es wurden Worte gewechselt – im Internet. Kollegah machte deutlich, dass er sich das Dissen nicht verbieten lässt und Arafat Abou-Chaker und Ali Bumaye schossen zurück. Arafat kündigte schließlich an, dass man sich ja in wenigen Monaten in München beim HipHop bewegt-Festival sehen würde und es da enden sollte. Dann kehrte wieder Ruhe ein.

Jetzt kam es am Samstag schließlich zum Zusammentreffen von Kollegah und Arafat. Worte im Real-Life wurden gewechselt und schließlich schüttelten sie sich inmitten von böse guckenden Securities und eifrig filmenden Fans die Hände. Leider kann man bisher auf keinem der grauenhaft verpixelten Videos verstehen, was da alles gesagt wurde. (Leute, wo sind eure HD-Kameras, wenn man sie wirklich mal braucht!?) Trotzdem gab es offenbar noch Redebedarf mit Bushido, denn später trafen sich alle Protagonisten nochmal im Zelt des Berliners. Laut einem Artikel der Bild, den Kollegah lobend teilte, waren daraufhin “Geschrei und laute Diskussionen” zu hören. 15 Minuten später war Kollegah wieder weg.


Noisey-Video: “Noisey meets K.I.Z”


Währenddessen tummeln sich auf Instagram, YouTube und Facebook Videos und Kommentare von Fans, wer denn hier nun der Gewinner der Wortgefechte sei. Bushido, weil sich Kollegah laut dem Veranstalter öffentlich bei ihm entschuldigte und mit “gesenktem Kopf” abgezogen ist? Oder doch Kollegah, weil eben Arafat und nicht Bushido anfangs alles geklärt hat und er aktiv das klärende Gespräch gesucht hat?

Rooz, der als Ansager auf der Bühne vor Ort war, redete nochmal fast eine halbe Stunde in einem Vlog über das Zusammentreffen und skizziert liebevoll auf einem Blatt Papier, wie der Backstage-Bereich aussah, wo das Aufeinandertreffen stattfand. Und nein, wir fühlen uns nicht schlecht, weil wir ihm gebannt dabei zusehen und schon auf die nächsten Blockbuster-Interviews warten.

Nebenbei: Die ewigen Streithähne Farid Bang und Fler folgen sich jetzt auf Instagram! Plot Twist! Und Farid hat sogar schon ein Bild gelikt! Wisst ihr, wem Fler nicht mehr folgt? Allen aus dem EGJ-Camp. Was das zu bedeuten hat? Fragt doch mal den Deutschrap-Nerd eures Vertrauens. Der hat dazu sicher ein paar Theorien.


KC Rebell & Summer Cem machen auf Rae Sremmurd und die Fans geben Dislikes

Verwackelte Homevideo-Aufnahmen, leise spielt ein Song im Hintergrund, Golfplatz, Tennisplatz – ja, die Videos “Swang” von Rae Sremmurd und “Du musst mir geben” von KC Rebell & Summer Cem sind sich schon verdammt ähnlich. Zumal auch die Songs recht ähnlich klingen. Doch während der Sound dem “Black Beatles”-Duo auf die Stimmbänder geschneidert scheint, klingt das Autotune-Inferno bei den Banger-Rappern … gewöhnungsbedürftig. Das finden wohl auch viele Hörer, die großzügig Dislikes verteilen. KC Rebell selbst sagt zum negativen Feedback nur selbstbewusst, dass der Track eben erstmal drei Tage wirken müsse.

Rein textlich können wir schon sagen, dass Lines wie “Seit Wochen nicht einmal masturbiert, aber frisch geduscht und einparfümiert / Bitte lass das scheiß Diskutier’n, bevor ich mich gleich hier verlier’” bereits beim ersten Durchgang einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dann doch lieber die 2:22-Jokes in den Kommentaren unter dem Rae Sremmurd-Video abfeiern.


Sierra Kidd liefert Interview-Blüten in seiner ‘Hotbox’-Episode

Tja, wie kommentieren wir die Hotbox-Episode mit Sierra Kidd, ohne uns in Trouble zu bringen? Schließlich wollen wir keine Schlagzeile á la “Wir haben Sierra Kidd so lang provoziert, bis er unseren Body gecatched hat” riskieren. Ach was soll’s!

Wer die jüngste Hotbox-Episode mit Marvin Game und Sierra Kidd – oder wie eine liebe Kollegin es nannte, “Die Mitfahrgelegenheit aus der Hölle” – verpasst hat, der sollte dies schnellstmöglich nachholen. Sie bildet nämlich die Speerspitze der Absurdität, was interviewmäßig im Moment verfügbar ist. Lasst euch gesagt sein: Das will was heißen, ist doch die Konkurrenz in dem Fall nicht gerade gering.

Sierra Kidd schafft es, sein Interview in ein spätrömisches Mythen-Epos zu verwandeln, sodass sich Kollegah neidisch am bronzenen Brustpanzer kratzt. Es wird in sonderbaren Zungen gesprochen, über Waffenbesitz (“We strapped! Aber wir würden nie jemanden erschießen! We strapped, aber wir sind nicht violent”) und Hungersnöte in Hamburg (“Wir wollen unsere Familien essen sehen”) fantasiert, während genüsslich Erdbeeren verschlungen werden. Ein Action-Märchen zwischen Straight outta Compton, City of God und Family Guy.

Dafür wird Sierra Kidd jetzt natürlich im Internet geärgert.

Aber jeder, der auf Twitter grindet, weiß: Viel Feind, viel Ehr. Oder auf HipHop gemünzt: Viel Twitter-Lol, viel Promo. Sierra Kidd macht also vielleicht einfach alles richtig und es liegt mehr an uns als Gesellschaft, uns selbst zu hinterfragen, wie wir ein Klima geschaffen haben, in dem so etwas passieren konnte.

Haftbefehls neue Geschäftszweige, aber vor allem sein Instagram-Grind

Haftbefehl eröffnet das erste “Los Pollos Hermanos”-Fast-Food-Restaurant in Offenbach. Noch absurder als das ist jedoch die Transformation, die Haftbefehl in den letzten Monaten vollzogen und auf Instagram dokumentiert hat.

Das ist auch dem Internet nicht entgangen.

Wir feiern beides. Lass gut geh’n, Hafti.

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