Update: Die Weltpremiere von Mission: Impossible 5 in Wien, bei der Tom Cruise anwesend war und die für eine Ringsperre sorgte, inspirierte unseren liebsten OTS-Dichter wieder einmal zu kreativen Meisterleistungen: FPÖ-Verkehrssprecher Toni Mahdalik veröffentlichte als Reaktion auf die Straßensperren eine Aussendung mit dem Titel „10 Mio. Euro Werbewert für Wien durch Weltpremiere von “Die Mali-Tant macht heut Krautrouladen”“. Darin hat sich Mahdalik einfach so und ganz spontan ein fiktives „Stehgreifstück” ausgedacht, zu dem „Stargäste vom Bürgermeister abwärts samt Jubelperser” geladen und für das die Maroltingergasse gesperrt werden solle. Definitiv eine Perle unter den FPÖ-Presseaussendungen.
Für populistische, rechte Parteien wie die FPÖ ist es an sich nichts Besonderes, bei der Kommunikation mit uns—den potentiellen Wählerinnen und Wählern—des Öfteren übers Ziel hinauszuschießen. Diese „Das wird man doch noch sagen dürfen!”-Mentalität hat uns Werbeplakate wie „ Daham statt Islam” oder „Abendland in Christenhand” beschert. Mittlerweile scheinen die kreativen Ergüsse von Kickl und Co. die FPÖ-Fanbase schon so angeheizt zu haben, dass diese selbst mehr oder minder kreativ werden, zu Photoshop greifen und Facebook mit beschissenen Memes fluten.
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Die besonders Schlauen unter euch werden jetzt vermutlich sagen, dass die FPÖ nur mit den Ängsten und niederen Instinkten der Menschen spielt und deren Politiker eigentlich ja nicht so blöd sein können, wie immer alle sagen. Und ich gebe zu: Genau das habe ich lange Zeit auch gedacht. Diese Vermutung ist mir im Nachhinein ein wenig peinlich.
Denn nicht nur ATV-Love Coach Robert Nissel nutzt OTS-Aussendungen, um sich „beim österreichischen Volk” Gehör bei zu verschaffen, sondern auch der offizielle Account des FPÖ Parlamentsklubs ballert jeden Tag ziemlich seltsame Pressemitteilungen ins Netz. Ich habe mich mal durch das Archiv gewühlt und einige Fundstücke für euch in gängige Kategorien eingeteilt.
Übrigens: Eine kurze OTS-Aussendung mit bis zu 30 Zeilen kostet—wie hier nachzulesen ist—mindestens 150 Euro.
NS-Begriffe
Bereits im Jahr 2004 setzte der damalige RFJ-Chef Johann Gudenus eine Aussendung unter dem Titel „ RFJ Gudenus: Systematischer Umvolkung sofort ein Ende setzen!!” ab. Darin kritisiert er die anscheinend 2003 durchgeführten 40.000 Einbürgerungen, wodurch laut Gudenus „unserem Volk die Überfremdung” gedroht habe.
Sofortige Gegenmaßnahmen ergreifen, um die, Anfang der 90er Jahre noch belächelte, jetzt aber voll einsetzende Umvolkung zu verhindern.
Der Begriff „ Umvolkung” stammt eindeutig und unmissverständlich aus dem NS-Sprachgebrauch und bezeichnete im Verlauf des Zweiten Weltkrieg die gewaltsame Vertreibung von im heutigen Polen oder Ukraine lebenden Menschen. Dass sich die FPÖ im Zuge von Werbekampagnen an Nazi-Jargon bedient—wie etwa bei den „Wiener Blut”-Plakaten—, ist aber kein Einzelfall.
Gleichgeschlechtliche Ampelmännchen
Die im Zuge des Eurovision Songcontests installierten Ampelpärchen sorgten nicht nur bei österreichischen Stammtisch-Suderanten für Aufregung, sondern haben es auch dem blauen Verkehrssprecher besonders angetan: In dieser OTS-Aussendung fordert Anton Mahdalik 25.000 neue Park & Ride-Plätze und kritisiert die Wiener Grünen folgendermaßen: „Statt (…) mindestens 25.000 neue Park&Ride-Plätze an den Stadträndern zu errichten, werden die Basiswappler mit Homo-Ampeln, 30er-Zonen auf Hauptverkehrsadern (Hörlgasse), Hanfideen á la autofreier Ring und überflüssige Radständer-Orgien wie etwa am Westbahnhof bei Laune gehalten.”
Ampeln mit Osama bin Laden inklusive Kalaschnikow bzw. Saddam Hussein mit charakteristischem Barett.
Am Tag darauf veröffentlichte Mahdalik eine Aussendung mit dem psychedelisch klingenden Titel „ FP-Mahdalik: Osama bin Laden- und Saddam Hussein-Ampeln als nächster Vassilakou-Coup?“. Positiv hervorzuheben ist hier, dass er schon in der ersten Zeile sehr plakativ zum Ausdruck bringt, um was es ihm geht: „Medienecho wichtig, Sicherheit wurscht, 63.000 Euro beim Teufel”. Als Weiterentwicklung des grünen Ampelmännchen-Konzeptes empfiehlt Mahdalik „Ampeln mit Osama bin Laden inklusive Kalaschnikow bzw. Saddam Hussein mit charakteristischem Barett”.
Eine Woche später war Mahdalik immer noch frustriert und veröffentlichte eine OTS-Meldung mit dem Titel „ FP-Mahdalik fordert Stopp für sauteure Homo-Ampeln“, in der er die grünen „Basiswappler” für ihre „gutmenschliche Zwangsbeglückung” kritisierte.
Kenner absurder OTS-Meldungen haben außerdem eine Facebook-Seite ins Leben gerufen, auf der die neuesten Mahdalik-Schmähs gesammelt werden.
Versteckte Nazi-Codes
Ende 2014 sorgte der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Gerhard Deimek mit einer (mittlerweile offline gestellten) OTS-Aussendung mit dem Titel „Vernunft statt Sanktionen für Israel” für mediales Aufsehen. Im Text kam völlig zusammenhangslos die Zahl „88″ vor, die in entsprechenden Kreise gerne als Synonym für „Heil Hitler” gebraucht wird. Das Ganze ereignete sich kurz nach dem Strache-Sager „Mehr Brutto vom Netto” und Deimek gestand ein, in der FPÖ-Pressestelle „einige Versager” gehabt zu haben.
Herbert Kickl, das strategische Mastermind der FPÖ, teilte danach dem Standard telefonisch mit, was der Auslöser der ganzen Sache war: demnach habe die Tochter des FPÖ-Pressereferenten unabsichtlich zweimal auf die Taste 8 gedrückt und danach wurde die Aussendung ohne Korrektur versandt.
Verschwörungstheorien
Johann Gudenus und Harald Vilimsky nutzen OTS-Aussendungen auch gerne, um sich rund um das diesjährige Bilderberger-Treffen in Tirol Luft zu verschaffen. Dass sich eine kleine, kapitalistische Elite trifft, kann man natürlich— wie unser Autor in diesem Artikel—kritisieren, dahinter eine weltumspannende Verschwörung zu wittern, ist aber was anderes.
Während die Bilderberger vermutlich wieder einmal eine Neuordnung der Welt diskutieren.
Gudenus störte in dieser Aussendung, dass rund 600 Wiener Polizisten nach Telfs in Tirol beordert wurden, wo „wieder einmal eine Neuordnung der Welt” geregelt wurden und ortete einen „Anschlag” von Michael Häupl auf ide Sicherheit Wiens. Drei Tage zuvor fragte sich Harald Vilimsky via OTS-Aussendung, wie viel Geld von Österreichischen Banken eigentlich an die Bilderberger fließt.
WTF
Passend zum medial aufgeheizten Thema Griechenland hat sich der FPÖ-Chefstratege einen ganz besonderen OTS-Schmäh ausgedacht: den Fayxit. So wie Griechenland aus der Eurozone ausscheiden könnte, müsse Faymann aufgrund seiner generell Unfähigkeit aus der Regierung ausscheiden, so Kickl.
Zum Streit rund um die Einführung von „Mystery Shopping”—also anonymes und unangekündigtes Testen—bei Arztbesuchen ließ der FPÖ-Wissenschaftssprecher Karlsböck der SPÖ ausrichten, dass beim Entwurf des Ganzen nicht sowohl „Mystery Thinking” als auch „Mystery Drinking” im Spiel waren.
Beschimpft Raphael auf Twitter als linkslinken Nestbeschmutzer: @raphschoen
Bild:GuentherZ | Wikipedia | CC BY 3.0, Collage von VICE Media