Stell dir vor, du hast ein paar Hunderttausend Euro übrig und suchst für dein Wohnzimmer noch dieses eine Objekt, das dich von der grauen Masse der Superreichen abhebt, das sonst wirklich niemand hat. Ein echtes Unikat. Gut, das ist jetzt wahrscheinlich wirklich sehr hypothetisch, aber an wen oder was würdest du dich wenden? Im italienischen Arezzo in der Toskana gibt es einen Ort, der sich auf solche Wünsche spezialisiert hat. Hier bietet das Theatrum Mundi – lateinisch für Welttheater – Millionären aus der ganzen Welt seine extravaganten und diskreten Dienste an. Ein Besuch ist nur mit Einladung möglich.
Luca Cableri hat die Galerie 2015 eröffnet. Der selbsternannte “Sammler des Unmöglichen” hat VICE einen Blick in sein Kuriositätenkabinett werfen lassen. Mit seinen Python-Sneakern und einem Maßanzug ist der 49-Jährige selbst ein Unikat.
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Nach der Begrüßung zeigte er uns die Höhepunkte seiner Sammlung: die Original Wolverine-Krallen aus den X-Men-Filmen, die er sich überraschend routiniert anzog, Dinosaurierfossilien, T-Rex-Zähne, ein Original-Lichtschwert aus Star Wars, einen von Harry Potters Zauberstäben und einen echten sowjetischen Raumanzug. Danach hatten wir ein paar Fragen.
VICE: Was genau ist das Theatrum Mundi?
Luca Cableri: Die Idee für das Theatrum Mundi stammt von den sogenannten Wunderkammern – Sammlungen, die Adlige und Gelehrte vom 16. Jahrhundert bis zur Zeit der Aufklärung zusammengestellt haben, um Gäste zu begeistern und zu beeindrucken.
Mit diesem Projekt wollte ich dasselbe: Die Besucher überraschen und verzücken. Die Objekte, die hier ausgestellt sind, stammen aus fernen Orten. Ich suche sie und präsentiere sie in einem neuen Kontext.
Im Grunde bewege ich Objekte vom Nischenmarkt ins breiter aufgestellte Luxussegment. Man kann zum Beispiel auf einem Markt in Namibia einen Meteoritensplitter finden, hier präsentiere ich ihn neben anderen tollen Objekten in einem Raum mit einem Deckenfresko. Es ist, als würde man auf dem Gipfel des Mount Everest ein Foto von einem Zebra machen. Wenn man weiß, wie man verschiedene Welten zusammenbringt, erschafft man kein Chaos, sondern Staunen.
Wie hat das alles angefangen?
Ich stamme aus einem kleinen Ort in der Nähe von Gorizia in Nordostitalien. Ich habe Jura studiert und dabei angefangen, meine ersten Objekte auf Flohmärkten zu kaufen und zu verkaufen. Aus Spaß. Nach meinem Abschluss habe ich dann angefangen, beim Auktionshaus Christie’s in London zu arbeiten. Das hat mir die wahren Dynamiken der Kunstwelt vor Augen geführt.
Und dann bist du dazu übergegangen, Dinosaurierknochen zu verkaufen. Wo hast du diese ganzen Fossilien her?
Man würde meinen, dass Dinosaurier in Museen gehören, aber die Welt ist voll von Fossilien. Einige sind sehr selten, andere findet man hingegen sehr häufig.
In Gegenden wie Wyoming oder :text=Mammal%2Deating%20velociraptors%2C%20lizard%2D,fossil%20reservoir%20in%20the%20world.https://www.bbc.com/news/science-environment-50131770#:~:text=Mammal%2Deating%20velociraptors%2C%20lizard%2D,fossil%20reservoir%20in%20the%20world” target=”_blank” rel=”noopener”>in der Mongolei. Das Problem ist viel mehr, sie aus dem Boden zu holen. Die Überreste ein und desselben Dinosauriers können auch mal 500 bis 600 Meter auseinanderliegen.
Ist es überhaupt legal, Dinosaurierknochen auszubuddeln?
Kommt drauf an. In einigen US-Bundesstaaten ist es erlaubt, in Italien nicht.
Aber es gibt Regeln für den Import?
Es gibt sehr strenge internationale Regeln, die von Interpol aufgestellt wurden. Das gilt vor allem für archäologische Artefakte, aber mit solchen Sachen habe ich selten zu tun. In der Vergangenheit hatte ich hier nur ein paar Sarkophage. Prinzipiell müssen alle Objekte, die älter als 50 Jahre sind, für den Import und Export autorisiert werden. Wir kaufen alles aus dem Ausland und müssen den Handel vom italienische Zoll bewilligen lassen.
Was ist mit den Raumanzügen und den Meteoriten? Wo findet man solche Sachen?
In allen Ecken der Welt. Für einen sowjetischen Raumanzug zum Beispiel sucht man am besten in Koroljow, dem Zentrum der russischen Raumfahrt, oder in Moskau. Für Meteoriten geht man nach Namibia oder Marokko und kontaktiert die Menschen, die sie sammeln.
Der schwerste Teil ist immer, an die Quelle zu kommen. Nehmen wir zum Beispiel Meteoriten: Das erste Mal, dass ich versucht habe, einen zu kaufen, bin ich zu einer Messe gegangen. Über die bin ich dann mit etwas Geduld mit den Menschen in Kontakt gekommen, die mit ihren Jeeps in die Wüste fahren und nach ihnen suchen.
Es gibt also Leute, die hauptberuflich nach Meteoriten suchen und dich dann anrufen …
Es hat Jahre gedauert, diese Kontakte herzustellen, aber ja.
OK, weiter zu den Käufern: Wie sieht dein typischer Kunde aus?
Ohne jetzt Namen nennen zu wollen, meine Stammkunden sind vielseitige Sammler. Sie haben ein schönes Haus und wollen es mit einem ungewöhnlichen Objekt schmücken wie mit einem Triceratops-Schädel, was immer gut aussieht. Oder sie suchen einen Batman-Anzug für ihr Büro. Es handelt sich in der Regel um sehr erfolgreiche Geschäftsleute, aber auch wichtige Namen aus der Mode- und Kinowelt.
Für wie viel Geld verkaufst du diese Objekte?
Die Preise gehe von einigen Tausend Euro bis hin zu mehreren Millionen. Wenn du einen Splitter von einem Marsmeteoriten kaufen willst, musst du etwa 1.000 Euro pro Gramm hinlegen. Zum Vergleich: Gold kostet etwa 50 Euro pro Gramm. Generell steigt der Wert dieser Objekte jedes Jahr. Der Markt wächst.
Weißt du, wo die Objekte am Ende landen?
In manchen Fällen ja. Sie schicken uns dann Fotos.
Aber wo stellt man ein Stück vom Mars hin?
Es gibt viele schöne Lösungen [lacht]. Ein Kunde hat zum Beispiel drei Meteoriten an einer genial ausgeleuchteten Wand ausgestellt. Ein anderer Käufer aus Frankreich hat sich einen großen Dinosaurier in sein Schloss gestellt. Ein Kunde aus Indonesien wählte dafür sein Wohnzimmer. Solche Dinge sind super, um mit seinen Gästen eine Unterhaltung zu beginnen.
Wonach wählst du die Objekte für deine Galerie aus?
Solange ich keine speziellen Aufträge von einem Kunden bekomme, wähle ich Objekte, die mir etwas bedeuten. Sie müssen einzigartig sein, etwas Besonderes. Ich reise viel, besuche Ausstellungen, lese Bücher und wenn etwas mein Interesse weckt, suche ich danach.
Jedes Objekt hat seine eigene Geschichte, das kommuniziere ich auch den Käufern. In der Regel wissen sie schon viel darüber – auch wenn es in letzter Zeit viele neureiche Kunden gab, die die Dinge nur aufgrund ihrer Ästhetik gekauft haben.
Wie lässt sich die Authentizität der Objekte sichern?
Das ist in jeder Kategorie anders. Nehmen wir die Meteoriten. Es gibt drei Haupttypen: vom Mond, vom Mars und andere mit einer ästhetisch interessanten Erscheinung.
Wenn ein Meteorit gefunden wird, schneiden wir 20 Gramm davon ab und schicken sie nach Washington. Dort gibt es ein Labor, das die Probe untersucht und feststellt, ob der Meteorit von der Marsoberfläche, dem Mond oder woanders herkommt. Wenn alles gut läuft, bekommt er ein Zertifikat und der Fund wird im Meteoritical Bulletin aufgenommen, einer Datenbank mit allen bekannten Meteoriten.
Für Objekte wie Raumanzüge gibt es Spezialisten, die die Echtheit bestätigen. Leider gibt es eine Menge Fälschungen da draußen. Für Film-Requisiten frage ich immer nach dem Certificate of Authenticity. Letztendlich greife ich aber immer auf zwei oder drei vertrauensvolle Kontakte zurück. Es ist ein Dschungel da draußen.
Welche Objekte sammelst du am liebsten?
Als Kind wollte ich Astronaut werden. Raumanzüge sind für mich einfach der Wahnsinn.
Gerade interessiere ich mich vor allem fürs US-Kino. Als ich diese Objekte zum ersten Mal zu den internationalen Messen mitbrachte, rümpften die Leute die Nase. Für sie war das keine Kunst. In meinen Augen ist das ein großes Missverständnis. Viele Objekte wie der Schild von Captain America oder das Alien von Alien wurden von wahren Meistern ihres Fachs entworfen.
Was verkauft sich am besten?
Naturgeschichtliches verkauft sich quasi von selbst. Es gibt bereits einen Markt dafür mit internationalen Auktionen. Ein Skelett von einem Tyrannosaurus Rex wechselt beim Auktionshaus Sotheby’s auch mal für 30 Millionen Euro den Besitzer. Bei Dinosaurierfossilien kann man in der Regel eine Null an den Preis hängen und sie verkaufen sich trotzdem.
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