Die Geheimzutat für deine Weihnachtsplätzchen ist Koriander

Als ich vor Claire Ptkas Haustür stehe, geht ihr Windhund noch bevor wir uns vorgestellt haben direkt auf Tuchfühlung. Es ist 10 Uhr morgens und um ehrlich zu sein, mit dem noch warmen Pflaumen-Hafer-Scone in meiner Hand, den ich gerade in der Bäckerei geholt habe, und dem schlabbernden Hund kann das nur ein großartiger Vormittag werden.

Claire Ptak ist die Gründerin der Violet Bakery, die Autorin von The Violet Bakery Cookbook, wurde kürzlich zur Food-Kolumnistin von The Guardian ernannt und unter lernte unter Alice Waters im Chez Panisse ihr Handwerk. Lange Rede, kurzer Sinn: Diese Frau kennt sich mit Zucker aus. Und ich bin in dieser ersten Adventwoche, in der in jedem Geschäft Mariah Carey aus den Boxen trällert und jeder Idiot einen Weihnachtspullover trägt, bei ihr zu Hause, um mir zeigen zu lassen, wie sie ihre festlichen Ingwer-Melasse-Plätzchen zubereitet.

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Claire Ptak, Gründerin der Londoner Violet Bakery. Alle Fotos von Liz Seabrook.

In Ptaks neuem Buch sehen diese Plätzchen aus wie ein ausgetrocknetes Flussbett in perfekter Kreisform—mit Rissen und kristallisiert, mit einem dickflüssigen, weichen, klebrigen Kern. Als ich ihre Küche betrete, fällt mir als erstes nur nicht die Wand voller Kochbücher auf (darunter auch eine Ausgabe von Betty Crocker’s Foods Men Like), sondern auch, dass all ihre Bücher nach Farben geordnet sind.

REZEPT: Weihnachtliche Ingwerplätzchen von der Violet Bakery

„Ich schätze, ich bin ein sehr visueller Mensch”, lacht sie, während sie gerade ein handgeschriebenes Etikett mit Tesafilm auf ein Glas Nelken klebt. Ich glaube, ich bin ein Verdauungsmensch.

„Die sind wie klassische amerikanische Cookies”, sagt Claire und zeigt auf das Rezept in ihrem Kochbuch. „Wir verkaufen sie in unserem Geschäft nur zur Weihnachtszeit. Ich wollte etwas Weiches und Klebriges machen, die Konsistenz steht im Vordergrund. Die ist für mich sehr wichtig.”

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Ptak sieht sich das Rezept für ihre Ingwer-Melasse-Plätzchen an.

Sie hat das Rezept für diese Plätzchen zwar erfunden, aber offenbar müssen auch Erfinder hin und wieder einen Blick auf die Anleitung werfen.

Als ich zwei kleine Dosen mit Piment und Koriander zwischen Nelken, Ingwer und Kardamom entdecke, bin ich ein bisschen überrascht. Entweder Claire hatte einen Schlaganfall, eine Schwangerschaft hat ihren Geruchssinn durcheinander gebracht oder ich habe ein die Bandbreite von Gewürzen unterschätzt, die man beim Plätzchenbacken verwenden sollte.

„In den USA gibt es eine Gewürzmischung, die Mixed Spice heißt und immer Koriander enthält”, erklärt Claire, während sie mit wunderschönen Kupferlöffeln die Gewürze abmisst.

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„Wenn man an Koriander riecht”, fügt sie hinzu und hält mir das Döschen unter die Nase, „hat er etwas Saures und Frisches, das super zu Süßem passt.”

Nach den gemahlenen Gewürzen reibt Ptak ein bisschen Muskat in die Schüssel mit einer Reibe, die wie die Art Werkzeug aussieht, mit denen böse Jungs früher Eisenstangen feilten, um aus dem Gefängnis auszubrechen.

Wenn die Gewürze mit dem Zucker vermischt sind, ist es Zeit, die Butter hinzuzufügen. Ah, Butter. Meine Mutter, mein Vater und mein Liebhaber. Ptak zhackt einen Block zu perfekten Würfeln und schmeißt sie dann in die Schüssel des elektrischen Mixers. Ernährt sie sich jeden Tag von solche Dingen?, frage ich.

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„Ich esse jeden Tag ein Stück Kuchen”, antwortet Ptak und wischt ihre Hände mit einem Geschirrtuch ab. „Meistens zwischen 16:00 und 16:30 Uhr, dazu eine Tasse Tee.”

Kein Wunder, dass sie in Großbritannien gelandet ist. Ihr Weg, der sie nach England geführt hat, ist jedoch weniger überraschend als ihr Einstieg ins Kochen. Nach ein paar Jahren in der Filmbranche („Psychos”), ging sie in den Einzelhandel („noch mehr Psychos”) und backte Hochzeitstorten, bevor ihr klar wurde, dass das Backen in all seiner mehligen Pracht genau das Richtige für sie war.

„Ich dachte mir immer, ‚Meine Eltern haben mich auf die Uni geschickt, ich kann nicht Köchin werden’”, lacht sie. Tja, wer zuletzt lacht.

Während wir uns unterhalten, rührt Claire eine dicke, glänzende Masse—die Melasse—in den Teig. Sie bewegt sich wie eine Schlange und riecht berauschender als Medusa.

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„Melasse ist im Grunde ein Nebenprodukt der Zuckerherstellung”, erklärt sie. „In der amerikanischen Südstaatenküche wird es sehr oft verwendet.”

Während die Melasse eingerührt wird, fügt Claire Mehl hinzu, bis die Masse die Farbe von Sand hat. Sie ist jetzt bereit fürs Backblech. Zu meinem Erstaunen zieht Claire einen Eisportionierer aus ihrer makellosen, perfekt organisierten Küchenschublade. Machen wir eine Pause und essen ein Eis?

„Mit einem Eisportionierer werden sie richtig professionell”, erklärt sie, „So sehen sie perfekt rund und alle gleich aus.”

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Das, liebe Leser, nennt man einen „Profi-Tipp”. Dann wendet Ptak jede Teigkugel in Zucker und drückt sie mit ihrer Handfläche ein bisschen platt, bevor sie in den Backofen kommen. Der Windhund schwirrt um mich herum. Ich bin versucht, mich in freudiger Erwartung auf die Plätzchen mit einem Freudentanz anzuschließen.

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Wenn sie jeden Tag Kuchen isst—und zu Hause ständig mit neuen Gebäcken und Kuchen zu den Polentamuffins, Karotten-Pecan-Schnitten, Zimtschnecken, Bananenbroten und Hafer-Scones experimentiert—, frage ich mich, wieso Claire trotzdem nicht wie ein Wal aussieht. Ich meine, klar, ist gerade schwanger, aber sie sieht trotzdem nicht aus wie eine Frau, deren Lieblingszutaten Fett und Mehl sind.

„Oh Gott, als Jugendliche gingen wir nach der Schule zu einer Freundin nach Hause und machten eine riesige Schüssel Popcorn mit einer ganzen Packung Butter. Danach machten wir eine riesige Schüssel Keksteig und aßen alles auf. Beide Schüsseln. Und das mindestens zwei Mal die Woche”, erinnert sich Ptak. Ich schreie und lache—aus Bewunderung und Schock gleichzeitig.

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Weihnachtsplätzchen mit Ingwer und Melasse.

Es bleibt gerade noch genug Zeit, um Wasser aufzusetzen und ein bisschen Geschirr abzuwaschen (das heißt, ich blättere durch Foods Men Like und spiele mit dem Hund), bevor die Plätzchen fertig sind. Ptak legt sie auf einen weißen und einen blauem Teller und geht einen Schritt zurück. Ich halte es ungefähr 15 Sekunden aus, bevor mich die Gier packt und ich nach einem greife und anfange zu essen.

Lecker. War ja auch nicht anders zu erwarten. Den Koriander schmecke ich zwar nicht heraus, aber irgendwie ist es schön zu wissen, dass er drin ist.

Alle Fotos von Liz Seabrook.