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Die Geschichte der Gifs

Die Tage von HTML-Frames, albernen Grafiken und blinkenden Überschriften waren eigentlich schon längst gezählt. Doch aus der Asche des Web 1.0 steigt ein Phönix hervor, die animierte GIF-Grafik.
Janus Rose
New York, US

Auch das Internet kann sich nicht gegen den Fortschritt wehren. Die Tage von HTML-Frames, albernen Grafiken und blinkenden Überschriften waren eigentlich schon längst gezählt. Doch aus der Asche des Web 1.0 steigt ein Phönix hervor, die animierte GIF-Grafik. Die Sehnsucht nach Nostalgie ist nicht nur an den stoned-washed Jeansjacken zu erkennen, die überall herumlaufen, auch in der virtuellen Welt muss sie befriedigt werden. Das GIF hat jetzt schon seinen festen Platz in der Kunst gefunden und fühlt sich dort mehr als wohl. Was früher mal als Special-Effect auf Websites eingesetzt wurde, ist heute schon so viel mehr. Komm mit mir, wir wollen die vielen Gesichter dieses virtuellen Zoetrops erkunden.

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DAS GIF ALS NATÜRLICHER TEIL DER VIRTUELLEN ÖKOLOGIE

Das GIF ist in seinem Format einzigartig, keine andere Kreation im Web kann so schnell und einfach erstellt werden. Auch mit der „schnellsten“ Internetverbindung konnte man 1992 nur so Videos im Web Leben einhauchen. Auch wenn die Möglichkeit vorhanden gewesen wäre, viele Bilder hochzuladen, sie hätten sich im Schneckentempo über den Bildschirm bewegt. Die Lösung war einfach: kleine, animierte Schlaufen programmieren, um das Word Wide Web aus seiner flachen Langeweile zu befreien.

Wenn man es genau betrachtet, hat das GIF einen festen Platz in der Ökologie des Internet. Auch durch anhaltende Wiederbelebung hat es eine eigene Relevanz im modernen Internet-Alltag erlangt. Doch wie soll es überleben, wenn CSS, Flash und YouTube überall herum erzählen, das GIF wäre alt?

DAS GIF FÜR EINEN BESTIMMTEN ZEITPUNKT

Das menschliche Gedächtnis ist meistens zu müde, schöne Momente wirklich fest zu halten. Laut dem Atkinson-Shifrin-Model unterteilt sich das Gedächtnis bei der Aufnahme in lange oder kurze Signale. Die meisten Dinge, die wir erleben, werden nicht im Langzeitgedächtnis gespeichert. So macht es Sinn, dass wir das GIF als sehr angenehm empfinden. Es zaubert die notwendigen Information zu einer Emotion in einen kurzen Zeitraum und wiederholt sie in Dauerschleife.

Der Künstler Tom Moody beschreibt die filmische Nahaufnahme so: „durch das Abstrahieren der Isolierung aus der Raum-Zeit-Koordinaten, in der wir uns bewegen…eine Nahaufnahme bewegt das ganze voran…durch die endlose Schleifenstruktur des GIF findet eine Art 'Betäubung' statt…“

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Das GIF ist eine Art Medien-Speicher, der schöne Momente zu einem Erlebnis zusammenfasst. Ob das nun ein paar Frames von einem Heimvideo sind oder doch lieber Jermaine und Bret in Flight of the Conchords, du kannst es dir immer und immer wieder angucken.

DAS GIF ALS AUSDRUCKSFORM

Aber GIFs werden nicht nur gesammelt, in Ordnern archiviert und dann von Zeit zu Zeit angeschaut. Das Forum AAAHH! Metal Filter zeigt, dass GIFs eine aktive Rolle in der virtuellen Kommunikation spielen. Besonders auf Blogs (4chan oder Tumblr) gibt es als Antwort oft ein animiertes Bild, und keine lyrischen Texte.

Auf 4chan werden oft Bilder gepostet, die als Reaktion funktionieren – Bilder von Gesichtern, als Ausdruck einer Emotion. Die Seite MyFaceWhen hat eine große Sammlung von Gesichtsausdrücken – mit dem liebevollem Slogan „Wir zeigen Emotionen auf Steroiden!“

Ja so sieht es aus und es ist fantastisch: „An Stelle von Texten haben wir Gesichter für jeden Lebenslage, damit kann man anonym am virtuellen Gespräch teilnehmen.“

Die Methode ist so effektiv (und einfach unglaublich witzig) das viele Communitys dieses Konzept übernommen haben und eine große Bibliothek an GIFs vorweisen können. So gibt es für jede Lebenslage die passende, bewegliche Antwort. Die GIF-Spielwiese von dump.fm ist ein virtuelles Wunderland für diese Art der Kommunikation, wo ein einzelner Beitrag eines Bildes, eine endlose Serie von animierten Antworten, auslöst.

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DAS GIF ALS MEDIUM FÜR KUNST UND ANIMATION

Das GIF hat schon lange einen festen Platz in der Kunstszene, besonders seit dem Erfolg der Pixel Art, in der Wertschätzung für Roh-Ästhetik der frühen Computergrafik zelebriert wird. Animateure wie Paul Robertson erstellen Grafiken für das kürzlich erschienen Spiel „Scott Pilgrim“. Aber auch seine eigenen Internet-Kultfilme sind sehr beliebt und zeigen das GIF als wichtiges Mittel um einen flüssigen Verlauf der Mini-Karikaturen darzustellen. Jedes Atari-Herz wird höher schlagen.

Die Faszination der Ästhetik, dieser digitalen Unvollkommenheit hat der Pixel Art zu einer großen Popularität verholfen. Zum Beispiel die Entwicklung von Indie-Videospielen oder Chiptune Music.

DAS GIF ALS BANNER DER FREIEN KULTUR (DER GEGENWART)

Der Grund, warum das GIF regelrecht kultiviert wird ist, dass jeder schnell etwas animieren kann und so sah war es nicht immer. Im Jahr 1994 wollten große IT-Unternehmen den Eigentum an dem Kompressionsalgorithmus im GIF, ausschließlich für sich nutzen. Es sollte eine Software entwickelt werden, die eine Animierung sofort stoppt. Natürlich ging das nicht gut, so einfach kann man das GIF-Format nicht privatisieren. Etwas neues musste her, dass PNG war die Antwort und so kam ein Patent auf das GIF. Trotz allem wurde es weiterhin „illegal“ verwendet. 2006 wurde seine Gefangenschaft abgeschlossen und das GIF durfte zurück in die Öffentlichkeit.

Heute kann jeder mit wenigen Klicks ein GIF erstellen, egal ob es ein hochwertiges Kunstwerk wird oder einfach ein kitschiges Bling Bling Selbstporträt. Du wirst einen Weg finden. Doch wie bei den meisten Dingen, in unsere technologischen Welt, ist der Krieg um das GIF noch lange nicht vorbei. Unisys schreiben auf ihrer Website, dass sie das Format verbessern und eine neue Form dafür finden wollen.

Doch das GIF würde sicherlich auch ein zweites mal gerettet werden. Es ist schwer vorstellbar das jemand wirklich in der Lage ist, die alleinige Kontrolle über dieses facettenreiche Format zu übernehmen.

Unisys muss vielleicht einfach mal …