Die Grasnonnen des San Joaquin Valley

Foto von der Instagram-Seite der Sisters of the Valley

Vergangenen Oktober hat der kalifornische Gouverneur Jerry Brown den Medical Marijuana Regulation and Safety Act unterzeichnet, der es Lokalregierungen vorschreibt, bis 1. März 2016 ihre eigenen Marihuana-Gesetze einzuführen oder die Autorität an die Bundesstaatsregierung abzugeben. In Reaktion darauf haben sich 19 Städte in dem US-Staat beeilt, Cannabis-Apotheken zu verbieten, bevor die Frist abläuft, und es gibt noch weitere Städte, die Verbote oder Einschränkungen in Erwägung ziehen.

Eine solche Stadt ist Merced im San Joaquin Valley in Nordkalifornien. Dort haben die Stadträte am 19. Januar für ein Moratorium gestimmt, das den Anbau von medizinischem Marihuana verbietet, bis die Stadt sich endlich entschieden hat, wie sie mit dem Thema umgehen soll.

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Im Vorfeld der Stadtratswahl waren die sichtbarsten Gegnerinnen des Verbots die Sisters of the Valley, ein Gespann von selbsternannten „New-Age-Nonnen”, die in der Garage von Sister Kate, der älteren Schwester und Gründerin der Gruppe, medizinisches Marihuana anbauen. Die Sisters konzentrieren sich darauf, Cannabis-Sorten anzubauen, die viel von dem nicht-psychoaktiven Cannabinoid CBD enthalten, und verkaufen medizinische Salben, Tinkturen und andere Waren über Etsy.

Obwohl die Sisters of the Valley einen Habit tragen, sind sie keine Nonnen im herkömmlichen Sinne. Sister Kate und ihre Partnerin Sister Dee folgen keiner organisierten Religion, sondern sehen sich mehr als eine spirituelle Schwesternschaft, die sich dem medizinischen Marihuana widmet. VICE hat sich mit Sister Kate über den Kampf der Sisters gegen das Verbot und ihre an die Mondphasen angepasste Produktion von Marihuana-Heilmitteln unterhalten.

VICE: Wer genau sind die Sisters of the Valley? Wofür steht ihr?
Sister Kate: Wenn du eine Schwester bist, dann stehst du für Ordnung, Sauberkeit, Effizienz, Ehrlichkeit. Ich dachte mir: „Was könnte ich gründen, das sich selbst erhält, das eine Schwesternschaft sein könnte, das Spiritualität mit einbezieht, das Mutter Erde mit einbezieht?” Und dann kam ich auf die Sisters of the Valley. Wir wollen selbstermächtigt sein und wir wollen, dass alles ausschließlich aus Frauenhänden kommt und in Frauenhänden bleibt.

Warum tragt ihr einen Habit?
Wir haben diese Uniform gewählt, weil sich die Leute damit sehr schnell identifizieren können. Wir verbergen auch nie die Tatsache, dass wir keine katholischen Nonnen sind; wir sind eine New-Age-Schwesternschaft. Wir versuchen, unsere Arbeit darauf basieren zu lassen, was unsere Ahninnen getan haben. Wir machen unsere Medizin zwischen Neumond und Vollmond, und während dieser Zeit arbeiten wir jeden Tag in unserem Habit, führen Gebetszeremonien durch und konzentrieren uns auf die Medizin. Sobald der Vollmond vorbei ist, haben wir zwei Wochen Ruhephase. Während dieser Zeit sind wir entspannter und mit größerer Wahrscheinlichkeit [ohne Habit] irgendwo anzutreffen.

Niemand arbeitet mit uns oder für uns und niemand muss einen Habit anziehen, wenn sie es nicht möchte. Wir legen Gelübde ab, aber unseren Gehorsam schenken wir den Zyklen der Erde und den Pflanzen.

Hast du Angst, dass man euch einen Riegel vorschieben könnte?
[Der Stadtrat von Merced City] könnte mir einen Riegel vorschieben. Aber ich habe ihnen bereits allen deutlich mitgeteilt, dass sie das schon machen müssen, vorher höre ich nicht auf.

Sister Kate bei der Ernte | Foto von der Instagram-Seite der Sisters of the Valley

Als selbsternannte „Nonne”, wie würdest du deine Spiritualität beschreiben?
Ich denke, es gibt viele, viele Frauen, denen die Vorstellung von einer Schwesternschaft fehlt, die uns unterstützt. Ich würde niemals im Leben sagen, dass wir versuchen, so zu sein wie katholische Nonnen, denn das tun wir nicht. Wir versuchen, etwas zu tun, das aktivistischer ist und sich mehr um den Planeten dreht und freundlich zu Mutter Erde ist. Was wir sehr streng verfolgen, ist, dass wir während unserer Mondphase der Medizinherstellung nur vegan essen. Es gibt zwei Wochen im Monat, in denen wir rein vegan sind, weil das tatsächlich auch etwas für Mutter Erde bewirkt. Für mich ist das wie ein Olivenzweig, den wir der alten Vorstellung von Schwesternschaft reichen. Wir wollen ermächtigte Frauen sein, und das wird zur Abwechslung mal eine wirklich aktivistische Kultur hervorbringen.

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Kannst du mir erklären, inwiefern das Ernten von medizinischem Marihuana für die Sisters eine spirituelle Praktik ist?
Die Cannabis-Kultur oder Kiffer-Kultur ist ein wenig anstößig für all jene unter uns, die schon einmal einem zitternden Parkinson-Patienten eine Pfeife hingehalten haben und die dann gesehen haben, wie er nach nur einem Zug an der Pfeife aufhört zu zittern, wie er aufsteht und Tee kocht und sich verhält wie ein gesunder Mensch. Die Spiritualität war für mich persönlich eine günstige Art und Weise, ein Berufsethos zu entwickeln. Das ist eine Einstellung zur Arbeit, die hervorragende Leistungen, hohe Qualität, eine Absicht und ein Ziel verlangt. Es nährt mich, das in meinem Alltag zu haben. Aber es tut auch etwas Größeres. So lange wir die ehrbaren Frauen sind, die den Habit ehren, sind wir ein Gegengewicht zur Kiffer-Kultur.

Wie wichtig ist Cannabis für diese Spiritualität?
Unsere Kultur der Schwesternschaft dreht sich nicht nur um die Cannabis-Pflanze. Bei Spiritualität geht es darum, uralte Weisheit zu befolgen, nach den Mondphasen zu pflanzen, nach den Mondphasen zu ernten, und an Dingen teilzuhaben, die die Seele nähren. Wir versuchen, einen Lebensstil zu erschaffen, der uns am Anfang des Tages in die Hände von Mutter Erdboden gibt, und dann können wir uns auch später um Büroarbeiten kümmern, weil die Spiritualität schon im Tagesablauf verankert ist.

Wir beten die Cannabis-Pflanze nicht an. Ich habe gelacht, als jemand gesagt hat, wir würden die Pflanze ehren. Nein, wir stecken unsere eigenen, ihrem Wesen nach göttlichen Heilkräfte in den Anbau und die Herstellung einer Medizin wie schon unsere Vormütter vor langer Zeit.