Wir schreiben das Jahr 2016 und niemand kommt mehr drumherum, anzuerkennen, dass weibliche DJs und Produzentinnen ein integraler Bestandteil unserer Szene waren und sind. Kollektive wie Discwoman und Female:Pressure rücken rund um den Globus Frauen, Transfrauen und genderqueere DJs ins Scheinwerferlicht. Gleichzeitig gibt es auf Festivals wie dem Electric Forest mit dem HerForest oder dem Women’s Safe Space beim Shambhala in Kanada Ansätze, ein Gemeinschaftsgefühl unter den Festivalbesucherinnen sowie ihre Sicherheit zu fördern.
Aber, wenn es um Gleichberechtigung der Geschlechter geht, dann hat die Szene noch einen weiten Weg vor sich. Die Forbes-Liste der bestverdienenden DJs war im letzten Jahr komplett männlich. Das DJ Mag vergisst auch gerne hin und wieder, dass auch Frauen auflegen. Und Boiler Room hat erst im letzten Monat endlich angekündigt, Moderatoren einzustellen, die dem fortwährenden Sexismus, Rassismus oder der Transphobie in den Kommentarspalten seiner Streams Einhalt gebieten.
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Natürlich geschieht all das nicht in einem Vakuum. Wir haben es vielmehr mit Symptomen eines Systems zu tun, dass sich schon an seinen Wurzeln gegen Künstlerinnen richtet. Bei THUMP werden wir jeden Tag an diese strukturelle Ungleichheit erinnert, am meisten jedoch durch weiterhin unglaublich männlich dominierte Line-up großer Festivals, deren PMs unsere Postfächer fluten.
Und da die Zahl an Künstlerinnen, die für ihre Auftritte und Sets bezahlt werden, ein ziemlich guter Indikator dafür ist, wie fair die Musiklandschaft wirklich ist, haben wir schon vor zwei Jahren einen Blick in die Festivalprogramme geworfen und deren Geschlechterverteilung ermittelt. Dieses Jahr haben wir das nun erneut mit 24 großen Festivals gemacht, die in Ländern wie Deutschland, Kanada, den USA, Großbritannien oder Spanien in der ersten Jahreshälfte stattgefunden haben; vom Coachella zum Sonar, Time Warp bis CTM.
Nachfolgend haben wir die Ergebnisse für dich grafisch aufbereitet. Acts mit mehreren Personen wurden von uns bei mindestens einem weiblichen Mitglied als weiblich gewertet, selbst dann, wenn sie mehrheitlich männlich waren, was zugegebenermaßen ebenso eine Vereinfachung darstellt, wie die Reduzierung auf nur zwei Geschlechter. (Non-binary Acts haben wir deshalb extra zur Auswertung geführt.) Dennoch hoffen wir, dass die Zahlen dir die Augen öffnen werden.
Am unausgeglichensten war übrigens das kalifornische EDM-Festival Beyond Wonderland, bei dem nur 3,2 % des Line-ups nicht durch Männer repräsentiert wurde, also nur zwei von insgesamt 63 Acts. Beim CTM in Berlin hingegen fanden sich 45 weibliche Acts unter den 100 gebuchten. Generell sind Frauen auf EDM-orientierten Events wie EDC oder Ultra ebenso wie auf Big-Room House und Techno fokussierten Festivals wie Time Warp in Mannheim oder Movement laut unserer Erhebung eher unterrepräsentiert, während nischigere, experimentellere Veranstaltungen wie eben das CTM, RBMA NYC oder das Mutek Montreal näher an einer ausgeglichenen Repräsentation in diesem Punkt dran sind.
Was im Vergleich zu 2014 Hoffnung macht: Mysteryland, Mutek Montreal, Movement, EDC und Ultra, die wir schon damals untersucht hatten, haben den Anteil an Künstlerinnen im Line-up signifkant ausgebaut. Von einer wahren Gleichberechtigung kann man allerdings noch bei keinem der Festivals sprechen. Es bleibt ein langer Weg.