Die lesbischen Sexszenen aus ‘Game of Thrones’, die die Serie nicht zeigt

Würde man Leute nach der populärsten Fernsehserie fragen, die nackte Frauen geradezu garantiert, würden die meisten wohl Game of Thrones antworten. Sexarbeiterinnen gibt es in Westeros reichlich und die Serie zeigt unzählige Nippel, Ärsche und sogar ein paar Penisse – ganz abgesehen von den sexuellen Intrigen und beinahe selbstverständlichen Tabubrüchen. (Keine andere TV-Show steht Inzest so positiv gegenüber. Andererseits gibt es wahrscheinlich auch keine Sendung, die Game of Thrones diesen Titel unbedingt streitig machen möchte.)

Trotzdem: Jede Chance, erotische Szenen in die größtenteils düstere, brutale Handlung einzubinden, scheinen die Serienmacher dann aber doch nicht zu ergreifen. Das zeigt sich insbesondere dann, wenn man sich anschaut, wie Game of Thrones mit seinen queeren Frauencharakteren umgeht – und wie lesbische Liebesszenen aus den Büchern in der Serie niemals auftauchen.

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Auch wenn die Show einige Möglichkeiten ausgelassen hat, intime Szenen zwischen Frauen zu zeigen, so gibt es doch zumindest zwei queere Hauptfiguren: Ellaria Sand und Yara Greyjoy. Gerade dann, als sich die Beiden einander annähern, tut die Serie das, was sie am Besten kann: Innerhalb von Sekunden jegliche Hoffnung auf die lesbische Liebschaft, die wir alle verdient hätten, zerstören.

Ellaria ist sowohl in den Büchern als auch in der Show explizit bisexuell. Die Szene, in der sie und ihr Partner Oberyn Martell sich bei einer Orgie mit Männern und Frauen vergnügen, bevor Tywin Lannister dem Glück ein jähes Ende bereitet, gehört zu einem der wenigen Momente der Serie, in denen alle Beteiligten tatsächlich Spaß am sexuellen Akt zu haben scheinen. Auch wenn die komplette Handlung in Dorne, mit ihren unterentwickelten Charakteren und schrecklichen Akzenten, vollkommen zurecht kritisiert wurde: Ellarias sexuelle Begegnungen zeigen, dass es auch in der Welt von Game of Thrones Frauen gibt, die keine Angst davor haben, ihre Sexualität selbstbestimmt auszuleben.

Yara und Ellaria

Yara heißt in den Büchern Asha und wird dort nicht als explizit queer beschrieben. Ihr einziger Sexualpartner ist Qarl die Jungfrau, ein Krieger, der ihren Anspruch als Herrscherin über die Iron Islands unterstützt. Die Serie zeichnet ein anderes Bild. Hier ist Yara eine Frau, die weiß, was sie möchte – und es sich auch nimmt. In den Medien wurde sie als die erste und einzige “Lesbe” von Game of Thrones gefeiert. Gemma Whelan, die Yara spielt, bezeichnete den Charakter allerdings als eher “pansexuell”.

Gegenüber Vulture erklärte die Schauspielerin: “Ich glaube, sie sagt sich einfach: ‚Ich bin offen für alles.’ Das ist ihre Einstellung. Ich glaube nicht, dass sie eine spezielle Präferenz hat, es geht ihr nur darum, wonach sie sich in dem Moment fühlt.”


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Bei all den kleinen und großen Unterschieden zwischen Buchvorlage und Serienadaption gibt es allerdings zwei lesbische Bettgeschichten, die in der Show komplett unterschlagen werden. Das ist vor allem deshalb überraschend, weil diese Storylines zwei der weiblichen Hauptfiguren beinhalten: Daenerys Targaryen und Cersei Lannister.

Im vierten Buch landet Cersei mit Taena Merryweather im Bett, einer exotischen Frau aus Myr, die in King’s Landing weilt, weil ihr Mann Orton als Hand des Königs (Tommen) fungiert.

Die Sex-Szene selbst scheint vor allem deswegen zu existieren, um einmal mehr deutlich zu machen, wie sehr sich Cersei daran aufgeilt, anderen wehzutun und Macht über sie auszuüben. Eines Nachts zwickt die betrunkene Königinmutter Taenas “großen, dunklen Nippel”, bis sie aufwacht. Sie hört erst auf, als Taena “Du tust mir weh.” sagt. “Ich bin die Königin. Ich nehme, was mir zusteht”, lautet Cerseis wenig überraschende Antwort. Und ab da wird es richtig abgründig.

Im Akt lag keine Lust, zumindest nicht für [Cersei]. Für Taena hingegen schon. Die Königin schob einen Finger in den Myrischen Sumpf, dann noch einen, und schob sie rein und raus. Sie wollte herausfinden, ob es mit einer Frau genau so einfach ginge, wie es immer mit Robert war, dachte sie, als sie einen dritten Finger in Myr schob. Die Frau keuchte ein paar Worte in einer fremden Sprache, zitterte wieder, wölbte ihren Rücken und schrie. Es klang, als würde sie gerade ausgeweidet werden, dachte die Königin. Für einen Moment stellte sie sich vor, dass ihre Finger die Hauer eines Wildschweins wären, die die Frau aus Myr von der Leiste bis zur Kehle aufrissen. Sie empfand trotzdem nichts.

Um die Handlung zu straffen, kamen die Merryweathers in der Show gar nicht vor – und so fiel auch die abgründige Sexszene unter den Tisch. Tatsächlich brauchen wir als Zuschauer sie nicht: dass Cersei machthungrig ist und Sex für sie nur ein weiterer Weg, um Macht auszuüben, wissen wir auch so.

Cersei

Auch Danys lesbische Affäre hat eine fragwürdige Machtdynamik, bei der offen bleibt, ob ihre Partnerin sich wirklich freiwillig dafür entscheiden konnte, mit der Drachenkönigin intim zu werden. Khaleesi teilt ihr Bett mit ihrem Dienstmädchen Irri, die eines Nachts wach wird, als sich ihre Herrin selbst befriedigt. Irri geht ihr pflichtbewusst zu Hand und hilft Dany dabei, sich zum Orgasmus zu bringen.

Das Dienstmädchen legte eine Hand auf ihre Brust und beugte sich nach vorne, um einen Nippel in ihren Mund zu nehmen. Ihre andere Hand wanderte über die weiche Kurve des Bauchs nach unten, durch den Hügel aus feinem, silbrig goldenem Haar, und machte sich zwischen Danys Schenkeln zu schaffen. Es dauerte nicht lange, bis ihre Beine zitterten, ihre Brust sich hektisch hob und ihr ganzer Körper bebte. Sie schrie.

Zugegeben: Auch in der Show hat Dany eine beinahe queere Sexerfahrung. Ihr Bruder Viserys hat Doreah, eine ehemalige Sexsklavin, als Dienstmädchen angeheuert. Statt einvernehmlichem lesbischen Sex geht es in der Szene zwischen den Beiden allerdings primär um einen Mann: Khal Drogo. Doreah soll Khaleesi beibringen, wie sie den Akt mit ihrem Mann für sich (und ihn) befriedigender gestalten kann, um dadurch in seinem Ansehen zu steigern. Selbstbestimmte Sexualität sieht anders aus.

So enttäuschend es im ersten Moment auch sein mag, dass Dany und Cersei in der Serie heterosexualisiert wurden – eines sollten wir dabei nicht vergessen: Die Show hat uns gleichzeitig deutlich spannendere queere Charaktere gegeben, als es sie in den Büchern je gab. Ob wir tatsächliche lesbische Liebesszenen sehen werden, ist trotzdem fragwürdig. Bis zur letzten Szene von Game of Thrones sind es schließlich nur noch sieben Episoden. Und der Winter kommt nicht mehr nur, sondern steht längst vor der Tür.

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