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Die polnischen Punks vom Rosenthaler Platz

Auch wenn ich erst seit drei Monaten diese U-Bahn Station zum Ein- und Aussteigen benutze, die Punks aus dem Ostblock waren schon immer da.

Es gibt Dinge, auf die ist tagtäglich Verlass. Jene zehn Minuten, die man morgens immer zu spät aus dem Haus geht und das anarchistische, polnische Begrüßungskomitee, welches mir jeden Morgen am Rosenthaler Platz in Berlin ein angenehmes Gefühl von Beständigkeit vermittelt.Auch wenn ich erst seit drei Monaten diese U-Bahn Station zum Ein- und Aussteigen benutze, die Punks aus dem Ostblock waren schon immer da. Ein guter Grund die alten Springerstiefel abzustauben, und der polnischen Punk-Society mal ein paar Fragen zu stellen. Mein erster Versuch mit ihnen Kontakt aufzunehmen war Nachmittags um 15 Uhr. Da wurde ich freundlich wieder weg geschickt. Die Begründung war, dass gerade Rush Hour wäre und man müsse jetzt erstmal Geld verdienen. Also versuchte ich es später am Abend nochmal, da gab es sogar Live Musik und diesen angenehmen Kotze-Fäkal Geruch, der mir als Souvenir immer noch in der Nase krabbelt.

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VICE: Wie heißt du?

Dark.

Dark???

Ja, jeder nennt mich so.

Woher kommst du?

Ich komme aus der Stadt Gdynia in Polen. Aber mein Zuhause ist überall. In ganz Europa.

Wie lange bist du schon in Berlin?

Seit sechs Jahren. In Polen gibt es keine Ausbildungsplätze und ohne Ausbildung bekommst du auch keinen Job. Ich wollte da weg.

Jeden Tag sehe ich euch hier stehen. Warum diese U-Bahn Haltestelle und nicht etwas spannenderes wie der Alexanderplatz?

Hier unten ist es nicht so kalt, wie dort draußen und hier gibt es keine Polizei. Fuck the Police! Am Alex werden wir die ganze Zeit vertrieben, hier haben wir unsere Ruhe.

Wie viel Geld verdient ihr an einem Tag?

Nicht viel…nicht viel…10 Euro vielleicht.

Schläfst du auch hier in der U-Bahn Station?

Ich schlafe überall mal, wo es sich gerade anbietet. Im Winter ist das alles schwierig.

Was sind deine Pläne für die Zukunft?

In ein paar Monaten möchte ich nach Dänemark. Dort sind die Menschen sehr freundlich, in Deutschland sind sie eher kühl und reserviert.

Hast du Kinder?

Ja zwei Söhne, die leben aber beide in Polen. Ich habe sie seit sechs Jahren nicht mehr gesehen. Manchmal vermisse ich sie.

Dark macht das alles seit sechs Jahren gerne.

Wer ist der Kleine?

Das ist Brodek, der kommt aus Ustka, das ist ganz oben im Norden von Polen.

Wie alt ist er?

Es wird sehr lange auf polnisch diskutiert.

Sein Alter ist nur für ihn, das wird nicht verraten.

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Seid ihr beide Freunde?

Oh ja, schon seit sechs Jahren.

Dark hast du eine Freundin?

(kurzes Überlegen) Ja…ja ich hab eine.

Und ist sie heiß?

Naja…

Schöner Abschluss. Hast du einen Traum, den du dir gerne noch erfüllen möchtest?

Ich bin ein fucking Punk, ich lebe einfach jeden Tag.

Hausaufgaben gemacht!

Es gab noch den unbekannten Typen mit der Gitarre, doch über ihn wollte man mir nichts erzählen. Dark meinte, es wäre sowieso immer wieder die selbe Geschichte: keine Ausbildung, keine Arbeit, ab auf die Straße. So ziehen die Tage ins Land und mit gleich bleibender Routine sitzen sie da, die polnischen Punks vom Rosenthaler Platz.