Foto: Screenshot von Youtube aus dem Video “DLTLLY // Rap Battles // Pilz VS Nedal Nib (Tapfabrik Festival)” von DLTLLY // Don’t Let The Label Label You!
Im März fand mal wieder das Tapefabrik-Festival in Wiesbaden statt und unter anderem auch ein Rapbattle im Rahmen von Don’t Let The Label Label You. Besonderheit: Es war das erste Battle zwischen einem Mann und einer Frau: Der amtierende Champion Nedal Nib gegen die Rapperin Pilz, die vorher noch nie an einem Live-Battle teilgenommen hatte. Klar galt Nedal als Favorit, doch gerade deshalb hatte Pilz sich mit harten Punchlines bis auf die Zähne bewaffnet. Am Ende konnte sie zwei der drei Runden klar für sich entscheiden. Leider war es kein Title Match, also bleibt Nedal der Champion.
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Eigentlich ist klar: Rapbattles sind lyrischer Kampfsport, in dem es vor allem darum geht, den Gegner auf originelle Art und Weise zu beleidigen – auch oft unter der Gürtellinie. Pilz packte dafür in der zweiten Runde ein Kopftuch aus, das sie sich aufsetzte und dem muslimischen Nedal entgegenrief: “Darf ich jetzt deine muslimische Frau sein? Ich trag dir auch die Alditüten ins Haus rein. Und wenn es OK für dich ist, geh ich auch in die Moschee mit dir mit, aber nur wenn du mich auf dem Gebetsteppich fickst.” Damit wollte sie wohl die Macho-Attitüde ihres Gegners gegen ihn selbst ausspielen.
In der Nachbesprechung erklärte sie, dass sie mal was anderes machen wollte, weil Nedal sicher nicht mehr hören könne, dass jemand auf dem Nedal Nib-Bin Laden Joke rumreitet. Mehr Bedeutung hat diese Aktion für die Akteure nicht. Jedoch fühlen sich jetzt viele von ihr zutiefst beleidigt – und Pilz bekommt Morddrohungen. In einem langen Post auf Facebook bezieht sie Stellung:
“Die Liste an Menschen, die mich ernsthaft tot sehen wollen, steigt. […] Wenn jemand damit ein Problem hat, dass solche Inhalte im Battlerap stattfinden, dann ist das völlig in Ordnung und ich respektiere das vollkommen. Der eigene Glaube und die persönliche Schmerzgrenze sind, genau wie die Würde eines jeden Menschen, unantastbar. (…) Man kann mir sagen, dass man es als falsch empfindet und meinetwegen kann man mir sagen, dass man mich deshalb komplett scheiße findet. Aber man kann den muslimischen Glauben, der das Thema Liebe und Respekt intensiv behandelt, nicht verteidigen, in dem man mir so ekelhafte Nachrichten schreibt, die zu 98% aus Hass und Schimpfwörtern besteht.”
Unter dem Post versammeln sich inzwischen schon mehr als 1000 Kommentare. Sachliche Erklärungen, warum sie die Aktion respektlos finden, engagierte Befürworter von Pilz’ Provokation im Rahmen einer Kunstform, aber auch natürlich weiterhin Hassbekundungen: “Du bist einfach ein Respektloses Stück scheiße das es nicht mal lohnt Krankenhaus reif zu schlagen [sic!]” oder “Du Stück scheisse dann nimm doch deine Kirche in Mund und verhüll dich wie eine Nonne und lass dich doch auf deinem Kreuz ficken warum aufm Gebets Teppich ??? [sic!]”
Nedal, der Pilz während des Battles unter anderem auch wegen ihres christlichen Glaubens angegriffen hat, veröffentlichte inzwischen auch ein Statement auf Facebook: “Im Battle gibt es keine vorgeschriebenen Grenzen, diese Grenze legt jeder für sich und seine moralischen Vorstellungen selber fest… […] Wenn du nicht dazu stehst was du rappst, dann rapp es nicht !!! […] Der Islam ist die Religion des Friedens, also hört bitte auf das Bild zu bestätigen was die Medien und die Rechten von uns vermitteln…”
Natürlich war sich Pilz der extremen Provokation bewusst. Nach dem Battle erklärte sie, dass sie sowas auch nie gemacht hätte, wenn man nicht von ihr wüsste oder nicht im Netz rausfinden könnte, dass sie für Religionsfreiheit sei und sich politisch gegen Rechts positioniere. Fraglich bleibt, ob die meisten ihrer Kritiker überhaupt ihre Erklärung gesehen haben – oder ob der angerichtete Schaden überhaupt noch zu beheben ist.