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Die schnellste Kamera aller Zeiten erforscht die optischen Tarnkappen von morgen

Die schnellste Kamera der Welt filmt 100 Millarden Bilder pro Sekunde und verbessert damit die Leistung bisheriger High-Res-Cams um ein Vielfaches. Dass dieses Gerät eher nicht für den Hausgebrauch, sondern als Tool für ambitionierte Forscher dienen wird, erschließt sich von selbst.

Selbstverständlich fallen der Wissenschaft diverse Anwendungsgebiete für High-Speed-Kameras ein: So lassen sich mit dem Apparat Lichtbewegungen extrem präzise aufzeichnen und stellen solche formschönen ​Zeitlupenaufnahmen eines berstenden Apfels locker in den Schatten. Das Gerät ist außerdem hilfreich bei der Analyse von Licht, das sich um Objekte herum schlängelt—was wiederum die wissenschaftliche Grundlage für Tarnkappen und das stilechte Verschwinden lassen von Dingen ist.

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„Wir könnten so die Untersuchung optischer Tarnkappentricks verbessern, bei denen wir Licht durch Krümmung um Objekte herum lenken, anstatt das Objekt zu durchdringen”, erklärt Brian Pogue, Ingenieur am Darthmouth College, der über den Durchbruch in ​Nature berichtete.

„Dieses Forschungsgebiet ist vor allem durch Star Trek bekannt geworden, doch es handelt sich hierbei nicht um Science-Fiction. In der Untersuchung von Tarnvorrichtungen konnten wir bereits viele fundamentale Erkenntnisse gewinnen. Allerdings war es uns bisher nicht möglich, die Interaktion zwischen dem Licht und dem getarnten Objekt aufzunehmen, und das hemmt die weitere Entwicklung.”

An diesem Punkt kommt die neue Kamera ins Spiel, die von dem Team um Lihon Wang an der Washington University in St. Louis entwickelt wurde. Die verwendete Technik der Compressed Ultrafast Photography (CUP) kommt auch in Schmierbildkameras zum Einsatz. Diese Streak-Kameras werden auch zur Darstellung von Licht und extrem schnellen Prozessen verwendet, in dem zeitliche Werte in ein räumliches Profil verwandelt werden.

Bei der CUP werden Photonen durch einen Strahlteiler und eine Röhre mit verschiedenen Spiegeln gejagt. Anschließend werden die Photonen in Elektronen umgewandelt, welche die gesuchten Zeit- und Raumdaten preisgeben, die für die Entstehung von Bildern nötig sind. Der Prozess dauert dabei eine Milliardstel Sekunde, während die Daten im Anschluss per Computer in ein Video umgewandelt werden.

Wir könnten ganz neue Forschungsgebiete entdecken.

Die Technik ist beeindruckend und ziemlich komplex. Bisher konnten Kameras eine Milliarde Frames pro Sekunde filmen und das auch nur in einer Dimension—es war also nur möglich, den Raum oder die Zeit zu messen, nicht beides gleichzeitig.

Andere superschnelle Kameras benötigten mehrere Versuche, um eine passende Aufnahme zu erhalten. Du musstest den Laser also wieder und wieder abschießen, um irgendwann einmal ein brauchbares Ergebnis zu bekommen.

So ist schnellste Kamera der Welt aufgebaut.

So ist die schnellste Kamera der Welt aufgebaut. Das DMD ist ein digitales Mikrospiegel-Gerät (digital micromirror device). Bild: Nature

Doch was genau können wir mit Wangs neuer Technik anfangen? Zum einen lässt sich natürlich beobachten, wie Licht mit Objekten interagiert, weiterhin können optische Kommunikationen, Quanten-Phänomene und andere Ereignisse der wissenschaftlichen Spitzenforschung ermittelt werden. 

Außerdem lassen sich auch körperliche Prozesse mit der Technik visuell wiedergeben, die für gegenwärtige Kameras bisher nicht erfassbar waren.

In den ersten Testdurchläufen visualisierte Wang Reflektionen von Laserpulsen, Photonen die durch Luft und Kunstharz schossen und etwas was er „schneller-als-Licht-Verbreitung von Nicht-Informationen” bezeichnet. (Dabei handelt es sich um Bewegungen, die schneller als Lichtgeschwindigkeit erfolgen, aber nicht in der Lage sind Informationen zu transportieren.) Die Technik kann außerdem auch in Verbindung mit einem Teleskop zur Anwendung kommen—zum Beispiel dem Hubble Space Telescope mit dem extrem weit entfernte Vorgänge im Weltall beobachtet werden können.

Selbstverständlich sind noch längst nicht alle praktischen Anwendungsszenarien der Kamera überhaupt bedacht.

„Wir hoffen, dass die CUP-Technik uns zu neuen wissenschaftlichen Entdeckungen führen wird, die wir bisher noch nicht voraussehen können”, sagte Wang​ in einem Statement. „Wenn wir CUP beispielsweise mit dem Hubble Teleskop zusammenbringen, dann haben wir die höchste räumliche Auflösung von Hubble und die höchste zeitliche Auflösung von CUP in einem Experiment. Mit dieser Kombination können wir ganz neue Forschungsgebiete entdecken.”