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Diese absurden Namen geben Berliner ihren Kindern

Dagegen klingen die Namen der Ochsenknecht-Kinder noch harmlos.
Foto: imago | eventfoto54

Mit dem eigenen Namen ist das in wie mit Herpes: bekommt man einfach so und geht nicht wieder weg. Irgendwie muss man dann damit leben. Nur steht Herpes eben nicht im Personalausweis. Deine Mutter brüllt ihn auch nicht aus dem Fenster über den Hinterhof, wenn das Abendbrot fertig ist.

Solltest du Sebastian oder Lisa heißen – kein Problem. Solltest du aber Sturmius oder Summer-Juli heißen, wahrscheinlich schon. Diese beiden und noch jede Menge anderer skurriler Namen geben Berliner Eltern ihren Neugeborenen. Das zeigen Daten vom Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten für 2016.

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Spitzenreiter waren die Namen Alexander und Marie, so hießen im letzten Jahr 467 beziehungsweise 695 Neugeborene, wie der rbb errechnet hat. Alexander ist damit in der Hälfte der zwölf Berliner Bezirke der meistvergebene Name für Jungen, gefolgt von Paul und Elias. Bei den Mädchen ist Marie in sieben Bezirken der häufigste Name vor Sophie und Charlotte.

Aber vielen Eltern sind diese Namen scheinbar zu langweilig. Die meisten unterschiedlichen Namen gaben sie laut rbb im Bezirk Mitte – insgesamt 3.852, davon 2.769 nur einmal.

Und so kommt es, dass man in Kindergärten der Stadt Sätze wie diesen hören kann: "Sturmhart, lass die kleine Germana in Ruhe ihre Sojamilch trinken!" (Beide Namen in Treptow-Köpenick). Vielleicht haben sich Eltern die kreative Namensgebung ja bei amerikanischen Promis abgeschaut. Eine Auswahl: North (das Kind von Kanye West und Kim Kardashian, voller Name: North West), Apple (Chris Martin und Gwyneth Paltrow) und Kyd (David Duchovny). Und dann wäre da noch Schauspieler Rob Morrow, der seine Tochter Tu genannt hat – Tu Morrow. Knaller!

In Deutschland haben wir Uwe und Natascha Ochsenknecht, die die Namen für ihre Kinder anscheinend während eines Scrabble-Spiels ausgesucht haben: Jimi Blue, Cheyenne Savannah und Wilson Gonzalez.

Berliner Eltern aber lassen sich davon kaum beeindrucken. Ihre Jungen nennen sie Lord, Wealth (beide Pankow), Sittich (Tempelhof-Schöneberg), Legolas (Neukölln) oder Heavenlyjoy (Marzahn-Hellersdorf). Und ihre Mädchen nennen sie Rocket (Charlottenburg-Wilmersdorf), Penthesilea (Spandau), Victory oder Karma (beide Neukölln).

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Vornamen würden immer ungewöhnlicher und seien seltener klar männlich oder weiblich, heißt es auf der offiziellen Webseite von Berlin. Auch seien Standesbeamte heute viel liberaler, wenn sie darüber entscheiden, ob ein Name vergeben werden darf. "Der Staat muss lediglich darauf achten, dass das Wohl des Kindes durch den Namen nicht gefährdet wird", sagte Jürgen Rast, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Standesbeamten, der dpa.

Vielleicht wollen die Stefans und Katharinas der Stadt einfach nur, dass ihre Kinder weniger durchschnittlich sind als sie selbst. Dass ihre Tochter nicht eine von zehn Sophies an der Schule ist, sondern etwas Besonderes.

Das passt zu unserer Gesellschaft, in der es doch vor allem darum geht zu verkaufen. Lange galt das für Staubsauger und Autos, heute aber vor allem für sich selbst. Ein Kindername ist deshalb nicht mehr nur ein Kindername – sondern auch der Name deines einzigartigen Brands. Und da scheint vielen Eltern Excellent (Spandau) angemessener als Paul. Excellent, das klingt nach Welt statt Berlin. Das ist wichtig, denn der Name des Kindes sagt ja auch etwas über die Eltern. Bloß: Dass so ein Name – den vielleicht ganz durchschnittlichen – Excellent unter Druck setzen könnte, daran haben die Eltern nicht gedacht.

Vielleicht gibt es unter den Eltern der Hauptstadt aber einfach viele Sadisten, die denken: "Wenn schon der ganze Stress und all das Geld für die Göre, dann wenigstens Spaß haben." Mit einem solchen Vornamen kann man ihnen schon vor der Geburt das Leben ziemlich einfach schwer machen. Selbst ändern können sie ihn schließlich erst, wenn sie 18 sind. Viel Spaß also im Kindergarten und in der Schule, an der Uni und im Großraumbüro, liebe Innocent (Mitte)!

Eine weitere Antwort darauf, warum Kinder so heißen, findet sich auf der Homepage von Berlin, die Gabriele Rodriguez von der Namensberatungsstelle der Gesellschaft für deutsche Sprache zitiert: "Welche Namen Eltern wählen, sei auch stark vom Bildungsniveau abhängig. Untere Schichten orientierten sich stark an amerikanisierten Namen, schnappten Ideen aus Filmen, Romanen oder von Promis auf. Bildungsstarke Schichten orientierten sich an Klassikern wie Karl oder Friedrich."

Zum Schluss noch die unangefochtenen Champions der Namensgebung: zwei Elternpaare aus Spandau und Charlottenburg-Wilmersdorf. Sie haben sich entschieden, ihre Kinder Adolf zu nennen. Auf der Jugendweihe werden sie ihnen sagen: "Wenn ihr an etwas glaubt, geht euren Weg – auch, wenn er schwierig ist. Nur wer groß denkt, wird Großes schaffen. Grenzen sind dazu da, sie zu überschreiten."

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