Am 1. Februar kommt C/2022 E3 (ZTF) der Erde so nah wie seit 50.000 Jahren nicht. Deswegen auch der Spitzname Neandertaler-Komet. Nah ist hier allerdings auch relativ. Der grünlich leuchtende Space-Schneeball befindet sich dann immer noch 42 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Zum Glück. Würde der etwa ein Kilometer große Eisklumpen von seiner Bahn abkommen und senkrecht in, sagen wir, Wuppertal einschlagen, hätte das verheerende Folgen.
Der Einschlagskrater wäre 911 Meter groß und 194 Meter tief. In diesem Radius wäre sofort jedes Leben ausgelöscht, die Schwebebahn hinüber. Der Einschlag würde mehr Energie freisetzen, als die Menschheit in einem Jahr konsumiert. Durch den dabei entstehenden 25 Kilometer großen Feuerball würden etwa 8,7 Millionen Menschen sterben, auch noch 116 Kilometer von Wuppertal entfernt würden Klamotten einfach so in Flammen aufgehen. Sorry, Köln, Dortmund und Gelsenkirchen.
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Aber auch die Druckwelle wäre sehr unangenehm. Noch in Bonn, Mönchengladbach und Hamm würden die Menschen schwere Lungenschäden bekommen, sogar in Münster würde der Druck vom Einschlag Trommelfelle zerfetzen, in Kaiserslautern und Amsterdam würden Häuser einstürzen.
Das alles und noch viel mehr wissen wir dank der Browser-App Asteroid Launcher. Mit ihr kannst du Kometen und diverse Asteroidenvarianten auf einen Ort deiner Wahl niedergehen lassen. Du suchst dir einfach auf der Karte einen Punkt, den du schon immer dem Erdboden gleichmachen wolltest, erstellst mithilfe der Schieber dein perfektes Himmelsgeschoss und Boom! Ein 420 Meter großer Goldasteroid, der mit 69 Sekundenkilometern und einem Winkel von 66 Grad in Neuschwanstein einschlägt? Der Einschlagkrater wäre 21 Kilometer groß und 733 Meter tief.
Wirklich interessant ist die Browser-App aber vor allem wegen der ganzen zusätzlichen Infos, die man erhält, wenn man rechts im Menü runterscrollt: die Größe des Feuerballs, die Zerstörungskraft der Druckwelle oder die Stärke des ausgelösten Erdbebens.
Neal Agarwal hat den Asteroid Launcher erfunden. Er beschreibt sich selbst als Entwickler mit einer Leidenschaft für kreatives Programmieren. “Ich liebe es, in meinem Kopf Unglücksszenarien durchzuspielen. Deswegen wollte ich schon immer ein Tool haben, mit dem man die Auswirkungen einer großen Naturkatastrophe visualisieren kann”, sagt er. “Asteroiden sind eine gute Wahl, da ihre Auswirkungen so weitreichend sind. Ich glaube, das Tool könnte auch dabei helfen, dass Projekte wie die DART-Mission der NASA von mehr Menschen ernst genommen werden.” Mit DART übt die Weltraumbehörde, Asteroiden von ihrer Laufbahn abzulenken.
Für sein Projekt musste sich Agarwal in hochkomplexe mathematische Modelle einlesen. “Die Simulation basiert auf wissenschaftlichen Arbeiten von Dr. Gareth Collins und Dr. Clemens Rumpf”, heißt es auf der Website. Collins ist ein Dozent am Londoner Imperial College und Experte für Einschläge von Himmelskörpern. Rumpf ist ein ehemaliger NASA-Ingenieur, der mehrere Studien zu Asteroideneinschlägen und ihren Auswirkungen auf die Menschheit veröffentlicht hat.
Auf Twitter schrieb Agarwal, dass er davon ausgegangen sei, nur etwa einen Monat an der App zu arbeiten. Aufgrund der komplizierten Physik hätten dann aber allein die Recherchen einen Monat in Anspruch genommen, die Seite selbst war nach zwei Monaten fertig.
“Die Simulation von Asteroideneinschlägen ist ein eigenes Forschungsfeld und kann ziemlich kompliziert werden. Für möglichst genaue Ergebnisse braucht man Supercomputer”, sagt Agarwal. “Aber zum Glück gibt es auch viele großartige Quellen wie die wissenschaftlichen Arbeiten von Dr. Gareth Collins, die die mathematischen Gleichungen vereinfachen und zugänglicher machen.”
Asteroid Launcher ähnelt älteren Projekten wie Nuke Map, mit dem man Atombomben auf beliebige Orte schießen konnte. Aber Asteroid Launcher hat eindeutig die besseren Visuals. So ein pulsierender Feuerball mit Linien, die zeigen, in welchem Umkreis man noch flächendeckend mit Verbrennungen dritten Grades rechnen muss, macht die Folgen eines Asteroideneinschlags viel anschaulicher.
“Nuke Map ist ein Klassiker und ich erinnere mich noch daran, wie ich in der High School zum ersten Mal damit rumgespielt habe. Ich habe mich bei diesem Projekt definitiv von Nuke Map inspirieren lassen”, sagt Agarwal.
Die Website des Programmierers ist voll mit unterhaltsamen und vor allem lehrreichen Projekten. Du kannst dich bis in die tiefsten Tiefen des Ozeans scrollen, versuchen Bill Gates’ Geld auszugeben oder zunehmend absurd werdende moralphilosophische Probleme zu lösen.
Aber besonders der Asteroid Launcher ist laut Agarwal beliebt. “Es scheint für einige ein Ventil zu sein”, sagt er. “Mein Lieblingskommentar bei Reddit war: ‘Ich hatte viel Spaß dabei, einen Asteroiden zu finden, der groß genug war, meine Arbeit zu zerstören, aber nicht meine Wohnung.’”
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