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Diese Cateringfirma macht aus Lebensmittelabfällen Office-Lunches

Ein sonniger Samstagmorgen in Manchester. Koch Matthew Bailey bereitet zu Hause in seiner Küche einen Brunch zu. Auf dem Menü stehen Sauerteig-Bagels mit geräucherter Makrele, gebratene Brokkolisteaks und Kartoffeln mit Safran. Jedes Gericht repräsentiert, was die Cateringfirma Open Kitchen anzubieten hofft, wenn sie ihr Geschäft eröffnet. Ihr Ziel: einen erheblich kleineren CO2-Abdurck zu hinterlassen als die Konkurrenz.

Und wie will Open Kitchen das hinbekommen? Alle Zutaten, die Bailey verwendet, wurden vor dem Abfall gerettet.

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Open Kitchen ist eine neue Initiative von The Real Junk Food Mcr, dem Manchester-Ableger eines globalen Netzwerks aus Restaurants und Geschäften, die Lebensmittel vor der Tonne bewahren. Vor Kurzem hat das Team eine Crowdfunding Kampagne gestartet, um die 50.000 Britischen Pfund Starthilfe für Cateringunternehmen zusammenzukriegen.

Ebenfalls dabei in Baileys Küche ist Corin Bell, Gründerin von The Real Junk Food Mcr und treibende Kraft hinter Open Kitchen. Nach einem geretteten Bagel greifend erklärt sie mir, dass ein Drittel der weltweiten Nahrungsmittel im Abfall landet. Haushalte tragen zwar eine gewisse Mitverantwortung, aber die Verschwendung ist in jedem Schritt der Produktion präsent – egal, ob auf Bauernhöfen, unabhängigen Kleinbetrieben oder großen Restaurantketten. Die vielleicht größten Übeltäter dürften jedoch Supermärkte sein.

Sauerteig-Bagels mit Makrele

“Wenn sie eine hauseigene Bäckerei haben, backen sie unendliche Mengen Croissants und Bagles. Nicht, weil sie glauben, dass sie die alle verkaufen”, sagt Bell, “sondern weil es billig ist und der Geruch die Menschen hungrig macht, die Kunden also mehr kaufen.”

Das Paradoxe daran ist, dass es in Großbritannien und anderen westlichen Ländern einen Überschuss an Essen gibt, während auch dort immer mehr Menschen Hunger leiden.

“Seit der ersten großen Finanzkrise 2009 gibt es einen signifikanten Zuwachs von Menschen, die auf Tafeln angewiesen sind”, sagt Bell. “Als Gesellschaft tendieren wie dazu, Dinge wie Wasser besser im Blick zu haben. Hier in Großbritannien werden dir die Stadtwerke nicht einfach das Wasser abstellen – egal, ob du die Rechnung zahlst oder nicht. Wasser wird nämlich als überlebenswichtig angesehen. Wenn du dein Essen aber nicht bezahlen kannst, dann bekommst du keins.”

Gegrillte Zucchini und Brokkoli

Mit jahrelanger Erfahrung im Bereich Nachhaltigkeit kam Bell 2014 nach einem Treffen mit Adam Smith, Gründer von The Real Junk Food Project, auf die Idee, ein Restaurant zu eröffnen, das Gerichte aus weggeworfenen Lebensmitteln serviert. Den Preis für die Speisen durften die Gäste selbst bestimmen. 2017 eröffnete The Real Junk Food Mcr schließlich auf der Oxford Road in Manchester und servierte Nahrungsmittel, die andere Firmen wie der Online-Supermarkt Ocado und der Obst- und Gemüsegroßhandel New Smithfield Market gespendet hatten. Während seines einjährigen Bestehens verkaufte das Restaurant täglich zwischen 100 und 150 Mittagessen und 60 Abendessen.

“Insbesondere unsere Kundschaft zur Mittagszeit war extrem durchmischt. Wir hatten Büroangestellte aus der Gegend, Rentner, Studierende, Obdachlose, Geflüchtete und Asylsuchende”, erinnert sich Bell.

Angesichts der vielen Menschen, die in Manchester in Nahrungsmittelarmut leben, war das spendenbasierte System allerdings nicht tragfähig. Viele Gäste konnten gar nichts bezahlen.

“In einer Stadt wie Manchester, wo viele Menschen auf der Straße leben oder finanziell sehr schlecht gestellt sind, ist das unglaublich schwierig”, erklärt Bell.

Das Open Kitchen-Team von links nach rechts: Anna Town, Matthew Bailey, Corin Bell und Andrew Callaghan.

Als die Pacht des Restaurants auslief, entschieden sich Bell, Bailey und der Rest des sechsköpfigen Real Junk Food Mcr-Teams dazu, ihre Strategie zu überdenken. So entstand Open Kitchen: eine Cateringfirma, die ebenfalls mit für den Abfall bestimmten Lebensmitteln arbeitet, aber finanziell besser planbar ist.

Aus einer Großküche in Südmanchester heraus möchte Open Kitchen jetzt Cateringmahlzeiten in verschiedenen Preisklassen anbieten. Aber wird das Unternehmen mit den großen Caterern mithalten und gleichzeitig weiterhin nur für den Abfall bestimmte Lebensmittel verwenden können?

Bell ist zuversichtlich: “Lebensmittelunternehmen beginnen zu erkennen, dass ihren Kunden Abfallvermeidung wichtig ist und sie nicht einfach weiter so verschwenderisch haushalten können”, sagt sie. “Sie müssen alternative Wege finden.”

Open Kitchen wird ohne Zweifel Kundinnen und Kunden anziehen, die sich um das wachsende Verschwendungsproblem sorgen, aber nur wenn die Gerichte auch gut sind, werden sie wiederkommen. Nachdem ich Baileys Frühstücksangebot probiert habe, kann ich zum Glück sagen, dass Open Kitchen damit kein Problem haben dürfte.

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei MUNCHIES UK.

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