Die niederländische Fotografin Saskia van den Boom macht gerne Bilder von Menschen in deren vertrauten Umgebung. Sie porträtierte bereits einen professionellen Balletttänzer, ihren Postboten mit indonesischen Wurzeln und einen Mann, der seit 30 Jahren heroinabhängig ist. “Über diese Arbeit habe ich eine gute Beziehung zu ihm entwickelt. Da habe ich auch gemerkt, dass es mir großen Spaß macht, Menschen in ihrer Umgebung festzuhalten und ihre Geschichte durch meine Fotos zu erzählen.”
Für ihre neueste Arbeit hat die 38-Jährige intime Fotos von queeren Paaren aus ihrem Freundeskreis gemacht. “Ich wollte zeigen, wie sie ihre Liebe zueinander ausdrücken, indem sie sich küssen, umarmen und liebkosen. Außerdem wollte ich sie nackt fotografieren, um die Zerbrechlichkeit ihrer Liebe zu zeigen.”
Videos by VICE
Sie besuchte die Paare zu Hause. Dort tranken sie etwas zusammen, quatschten ein bisschen, und irgendwann machten die Liebenden ihr Ding, während Saskia sie dabei fotografierte.
Die ersten Bilder machte die Fotografin von ihrer guten Freundin Leonie und deren Partnerin Lisa. “Ich habe sofort gemerkt, wie wohl sie sich miteinander fühlen und wie viel Zeit sie sich für ihre Berührungen und Küsse nehmen”, sagt Saskia. “Irgendwann haben sie eine Pause eingelegt, weil beide pinkeln mussten. Als sie aus dem Badezimmer zurückkamen, schenkten sie sich einen Drink ein und machten sofort weiter miteinander rum. Diese Vertrautheit fand ich besonders.”
Durch ihre Arbeit lernt Saskia die Menschen vor der Kamera besser kennen. Willem kannte sie zum Beispiel nur von Partys. “Zuerst dachte ich, ich würde ihn und seinen Freund Szymon fotografieren. Als ich dort ankam, waren sie aber zu dritt. Szymon und Willem leben zusammen, führen aber eine offene Beziehung. Dazu gehören auch gemeinsame Liebhaber wie Dodo”, sagt Saskia. Die Atmosphäre beim Shooting war sehr entspannt. “Sie waren so unfassbar zärtlich und liebevoll miteinander. Ihre Umarmungen ähnelten einem Tanz. Alle drei konnten die Aufmerksamkeit perfekt untereinander aufteilen. Das war sehr schön zu sehen.”
Trotz der intimen Situation während der Shootings fühlt sich Saskia nicht als Eindringling. “Willem meinte, dass ich insbesondere als Frau keine Gefahr für ihre Dynamik darstelle. Sie hatten nicht das Gefühl, mir etwas beweisen zu müssen. Deswegen sei es ihnen auch so leichtgefallen, sich zu öffnen.”
Ein weiteres Paar, das Saskia fotografierte, waren Willem und Dirk. Die Fotografin kannte Willem von der Canal Pride in Amsterdam. “Seit einem Jahr hat Willem einen neuen Liebhaber, Dirk”, sagt Saskia. Willem hatte sich bereits vor 40 Jahren geoutet, Dirk erst vor zwei. Davor war er lange in einer heterosexuellen Beziehung. “Dirk stammt aus einer christlichen Gemeinde. Weil sich bereits sein Bruder vor langer Zeit geoutet hatte, dachte sich Dirk: ‘Einer ist schlimm genug für meine Eltern, ich verhalte mich besser unauffällig’”, sagt Saskia. Weil Dirk auch Kinder wollte, unterdrückte er jahrelang seine Gefühle. Mit Willem hat er jetzt zum ersten Mal eine richtige Beziehung zu einem anderen Mann. “Als sie sich während des Shootings in den Armen lagen, waren sie so verliebt und glücklich”, sagt Saskia.
Saskia hat auch ihre Kollegin Esther und deren Freundin Henriëtte fotografiert. Esther und Henriëtte lernten sich über ihre ehrenamtliche Arbeit für COC Amsterdam kennen, einer der LGBTQ-Organisationen der Niederlande. Dort verliebten sie sich ineinander. Seit 27 Jahren sind sie nun ein Paar. “Esther zu fotografieren, war für mich etwas Besonderes, weil wir Kolleginnen sind”, sagt Saskia. “Es war dann wirklich schön. Während des Gesprächs wurde deutlich, wie viel beide Frauen zusammen erreicht haben. Sie wollten ein Kind, aber stießen damit auf großen Widerstand. Vor Gericht kämpften sie dafür, beide offiziell als Mütter des Kindes anerkannt zu werden – und sie gewannen.”
Das letzte Paar, das Saskia fotografierte, waren Fabienne und Bruna, die in derselben Straße wie Saskia wohnen. Vor einem Jahr haben die beiden Frauen geheiratet. “Bruna stammt aus Brasilien und hat mir erzählt, dass sie sich dort als Lesbe nie richtig sicher gefühlt habe”, sagt Saskia. “Es gab zwar einige Lesbenclubs, in die sie gehen konnte, aber auf der Straße sei dieses Gefühl von Sicherheit wieder verschwunden.” Als sich Bruna vor ihren Eltern outete, stieß sie auf Widerstand. Brunas Eltern haben dann eine Therapie gemacht, um ihre Tochter besser verstehen zu können. “Das Shooting selbst war unglaublich entspannt”, sagt Saskia. “Ich habe mich sogar gefragt, ob sie Tantra machen, weil sie sich so lange anschauen können. Aber anscheinend fühlen sie sich einfach sehr wohl miteinander. Das war eigentlich bei allen Paaren zu sehen, dieser vertraute und liebevolle Umgang miteinander. Das fand ich sehr schön.”
Weitere Arbeiten von Saskia van den Boom findest du auf ihrer Website. Du kannst ihr auch auf Instagram folgen.