Im Hinterzimmer jedes Apple Stores verbirgt sich ein mysteriöses Gerät: Die iPhone-Kalibriermaschine – über kaum eine Maschine der Tech-Branche wissen wir so wenig, obwohl sie seit Jahren weltweit im Einsatz ist. Die Maschine befindet sich unter permanenter Videoüberwachung, im Netz gibt es quasi keine Fotos und niemand außerhalb des Apple-Universums weiß genau, wie sie funktioniert. Und doch ist es gerade diese Maschine, die für Apple firmenpolitisch so unglaublich wichtig ist, scheint sie doch der Schlüssel in der heißen Debatte um iPhone-Reparaturen zu sein.
Motherboard ist es gelungen, mit ehemaligen und einem aktuellen Apple-Mitarbeiter in den USA zu sprechen. So können wir nun etwas Licht in das Dunkel um die mysteriöse Kalibriermaschine bringen, die es Apple bisher ermöglicht, bestimmte iPhone-Reparaturarbeiten zu monopolisieren.
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Ein ehemaliger Apple-Mitarbeiter hat uns diese Aufnahme der Kalibriermaschine geschickt, die so gar nicht zum eleganten Design passt, dass wir von Apple gewohnt sind:
Gegenüber Motherboard berichtete ein weiterer Apple-Mitarbeiter, seit wann der Apparat im Einsatz sei. Kurz nach der Veröffentlichung des iPhones 5S habe man das Gerät in Betrieb genommen.
„Das war eine große, klobige Maschine, die ehrlich gesagt so aussah, als ob sie jemand im eigenen Hinterhof zusammengebastelt hätte”, meinte ein ehemaliger Apple-Mitarbeiter. „Die Maschine hatte verschiedene „Passformen”, in die die unterschiedlichen iPhone-Modelle gesteckt wurden, bevor sie in die Maschine kamen. Der Reperaturvorgang selbst dauerte ungefähr 30 Minuten. Es gab da so eine seltsame Flüssigkeit, die in die Maschine eingefüllt werden musste, dafür mussten wir Handschuhe tragen. Es gab eine Menge Gasventile und so weiter. Es sah wirklich wie ein privates Bastlerprojekt aus. So ganz und gar nicht Apple-mäßig.”
Ein anderer Apple-Mitarbeiter beschrieb uns die Optik der Maschine als eine Kreuzung aus einer Mikrowelle und einem 3D-Drucker.
Die Passformen, die man links im Bild sieht, sind für die Kalibrierung der Handykamera zuständig. Das Flock-Papier und die Graukarten werden zur Kalibrierung der Farben auf dem iPhone-Bildschirm genutzt.
Warum diese Maschine für Apple so wichtig ist
Es ist natürlich nicht überraschend, dass bei Apple patentierte Technologien zum Einsatz kommen, um reparierte iPhones zu testen, bevor sie an die Kunden zurückgegeben werden. Was die Kalibriermaschine jedoch so wichtig für Apple macht: Mit dem Gerät können Einstellungen auf dem iPhone geändert werden und sie ermöglicht es Apple so, defekte Touch-ID-Buttons auszutauschen.
Die Kalibriermaschine ist mit einem iMac verbunden, der das iPhone wiederum mit einem internen Apple-Server verbindet, sodass der Sensor entsprechend eingestellt werden kann. Das ist ein Vorgang, den kein unabhängiger Reparaturdienst auf der Welt durchführen kann. Somit ist und bleibt Apple die einzige Firma, die kaputte Bildschirme reparieren kann, ohne alte Touch ID-Buttons vom defekten Bildschirm physisch zu entfernen und beim neuen Bildschirm einsetzen zu müssen.
Sollte Apple in Zukunft tatsächlich den Home-Button abschaffen und seinen Fingerprint-Sensor in den Bildschirm des iPhones integriert, würde das tiefgreifende Folgenauf die unabhängige Reparaturdienste haben, die neben den Apple Stores anbieten, Produkte aus Cupertino zu reparieren. Sie wären künftig nicht mehr in der Lage, Smartphone-Screens auszutauschen – und würden somit eine wichtige Einnahmequelle verlieren.
„Es wäre vorteilhaft, wenn eine solche Maschine auch unabhängigen Reparturdiensten zur Verfügung stehen würde”, erklärt uns der Inhaber eines Smartphone-Reparaturgeschäfts Justin Carroll. „Es würde uns die Überprüfung von Akkus oder den Austausch eines Bildschirms sehr erleichtern. Es wäre auch hilfreich, wenn Apple wenigstens seine Diagnose-Verfahren öffentlich mit anderen teilen würde.”
„Stell dir einmal vor, du müsstest dein Auto für jeden Ölwechsel zum offiziellen Vertragshändler bringen”, fügte er hinzu. „Das ist einfach nicht realistisch und es es monopolisiert wichtige Geschäftsfelder, was für die Kunden kaum von Vorteil sein kann.”