Diese Typen triffst du nachts in jedem Raucherbereich

So viel Spaß es im Club auch macht—Musik, blinkende Scheinwerfer, Typen in Parkas, die sich Pillen einschmeißen, Leute die mit aufgerissenen Augen vom Klo stolpern und noch Kotze im Gesicht haben—In einer Clubnacht kommt immer irgendwann der Zeitpunkt, an dem du dich zu deinen rauchenden Freunden an die frische Luft stellen willst. Wer mag diesen Moment nicht, in dem sich die erfrischende Brise von Autoabgasen mit dem elenden Gestank von tausend halb aufgerauchten Marlboros vermischt? Musik ist ja schön und gut, und Tanzen ist wahrscheinlich auch ganz passabel, aber ganz ehrlich, das Einzige, um das es im Nachtleben wirklich geht, ist doch, die ganze Nacht schlechte Zigaretten drehen zu können und verzweifelt nach einem Kaugummi zu fragen.

Die anderen Leute, mit denen du dieses vernebelte Areal teilst, sind für deine Club-Erfahrung zentral, auch wenn du nur kurze Zeit mit ihnen zu tun haben wirst. Denn egal, ob du auf einer Terrasse in Ibiza oder auf einem kleinen Balkon in der Dorfdisco, jeder muss sich mal ein Feuerzeug leihen.

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DER KARRIERETYP

Du hast nur nach Feuer gefragt, musst dir aber bereits seit 20 Minuten eine Beschreibung vom Berufsleben des Karrieretypen anhören. „Vorher war ich bei Twitter.” „Wirklich? Wow.” „Ja, das war natürlich super für meinen Lebenslauf, aber das war so eine riesige Firma und ehrlich gesagt arbeite ich lieber in einem kleinen Team. Da kannst du im Büro besser kommunizieren und hast auch außerhalb von Email-Konversationen Kontakt mit anderen Leuten. Also habe ich vor drei Monaten meine eigene Social-Media-Beratungsfirma gegründet.”
Ach ja? Hast du? HAST DU? Ich habe diesen Monat gerade genug verdient, um mir die Zigaretten leisten zu können, die du mir gerade versaust. Ich hab nicht danach gefragt, Alter.

DER DEALER

Das wird die kürzeste Unterhaltung in dieser Nacht. Der Typ, der mit einem Siegelring und zwei Handys durch den Raucherbereich schleicht wie ein Dementor, ist Dealer. Einfach zu erkennen, weil er wahrscheinlich der einzige im Raum ist, der nicht raucht. Er geht von einer Gruppe zur nächsten und bietet eine Auswahl überteuerter, schlechter Drogen an, bevor er wieder in die Nacht verschwindet. Es ist wahrscheinlich, dass eure Unterhaltung nur so lange dauert bis du sagst: „Wir brauchen nichts, mein Freund”. Wenn du die Sache aber ein bisschen weiter verfolgen willst, dann wirst du vielleicht in eine Ecke gezogen, direkt hinter dem Heizpilz, damit ihr Scheine, Tütchen und Telefonnummern austauschen könnt. Der Dealer wird erstaunlicherweise meistens nicht erwischt, was albern ist, wenn man bedenkt, dass die einzige Sache, die noch mehr nach „Drogendealer” schreit, eine Reklametafel mit der Aufschrift „MIESES KOKS” wäre.

DER NEULING

Auch den Neuling findest du im Raucherbereich, hin und her schwankend wie Bambi auf dem Eis. Er kostet gerade den einzigartigen Rausch seiner ersten Pille überhaupt aus. Dann nimmt er dich ins Visier und nähert sich dir mit der aerodynamischen Anmut eines Fisches, der stromaufwärts schwimmt; seine riesigen Augen werden durch ein breites Grinsen verbunden. Zitternd vor Kälte, aber gleichzeitig schwitzend wie zehn Übergewichtige Halbmarathonläufer, fragt er zaghaft: „Kann ich mir ‘ne Kippe schnorren?” Die nächsten 25 Minuten lang wirst du für diese frisch aufblühende Seele alles sein: Eine Drogen-Hotline, ein Seelenpartner, ein älterer Bruder/eine ältere Schwester, ein Vertrauter, ein Life-Coach, ein Experte im Zigarettenrollen und sehr wahrscheinlich später Ziel einer neuen Freundschaftsanfrage bei Facebook.

DER VETERAN

Du hast ihn schon am Eingang gesehen. Olivgrünes T-Shirt, ausgewaschene Bootcut-Jeans, braune Turnschuhe, der Bart schon etwas grau und mit einem Bier zwischen den gelblichen Fingern. Der Rücken etwas gekrümmt vom jahrelangen Starren hinter das DJ-Pult. Kaputte Knie, die ihn zwischendurch zum Sitzen zwingen. Das ist der Veteran, der Ü40-Raver. Du und deine Leute gehen für eine notwendige Kombination aus frischer Luft und einer Zigarette nach draußen; er ist schon da, steht mit ein paar Leuten rum. „Ich liebe es, immer noch! Es gibt nichts Besseres, oder?”, brüllt er, sackt etwas unter dem eigenen Gewicht zusammen, und stabilisiert sich körperlich und geistig mit einem langen Zug an seiner Zigarette. Er schwitzt stark und hat eine wirklich starke Gelbfärbung angenommen. Er lallt etwas über die Hacienda: „Mike Pickc…ckk…kering, der, also der, er war, er war ein verdammt, verdammt guter DJ!”, hörst du ihn rufen, während du zurück in den Club gehst. Du machst dir die ganze Nacht lang etwas Sorgen über ihn. Als es sechs Uhr morgens ist und du die ersten Sonnenstrahlen mit einer Zigarette genießen willst, siehst du, dass er zusammengesackt auf dem Boden sitzt. Er ist ergraut und verblüht. Komplett verblüht.

DIE „DICH HABE ICH JA EWIG NICHT MEHR GESEHEN”-PERSON

Im Raucherbereich ist immer mindestens eine Person, die du mindestens fünf Jahre nicht gesehen hast. Das Mädchen, mit dem du angebandelt hast, als ihr zusammen in diesem Theaterstück in der Schule gespielt habt? Der Kumpel deiner älteren Schwester, den du immer attraktiv fandest? Der komische Nachbar, dem du mit acht Jahren eine überteuerte Pokémon-Karte verkauft hast? Das Mädchen mit der rauchigen Stimme, das du 2009 bei einem Festival getroffen hast? Der Mitbewohner aus deinem ersten Uni-Jahr, mit dem du nach einem Monat kaum noch gesprochen hast? Der kleine Mann, mit dem du mal zusammengearbeitet hast und der manchmal Memes bei Facebook postet? Sie sind alle hier, sie sind alle überrascht, dich zu sehen, und sie alle wollen sich ein Feuerzeug von dir leihen. Das Problem ist nur, wenn die erste Überraschung des Wiedersehens verflogen ist, wird euch schnell klar, dass ihr absolut nichts mehr habt, über das ihr reden könnt und ihr nur zwei gealterte, müde Versionen eurer jugendlichen Inkarnationen seid, die ihr mal kanntet—von der Zeit verbraucht und kaum wiederzuerkennen. Wahrscheinlich ist das Beste, wenn ihr einfach weiter raucht.

DIE OFFENSICHTLICH RICHTIG FERTIGE PERSON

Diese Person braucht keine Zigarette. Sie müsste eigentlich irgendwo festgebunden werden, damit sie nicht hinfällt und kopfüber in einen Blumentopf voller Zigarettenstummel und braunem Regenwasser fällt. „Kannichneziaretteham?” Was? Wenn du nicht einmal in der Lage bist, dein Anliegen auszudrücken, mir eine meiner letzten Kippen wegzurauchen, dann verdienst du es auch nicht, eine zu bekommen. Das klingt vielleicht hart, aber am Ende der Nacht gibt es immer mindestens eine einsame Seele, die wie ein Einkaufswagen auf einem Ölteppich im Raucherbereich herumstolpert. Sie ist überzeugt, dass sie eine Zigarette will, aber eigentlich versucht sie nur wieder, sich normal zu fühlen, und macht daher gedankenlos all das, was zu einer Nacht im Club standardmäßig dazu gehört. Du wirst sie in einer Minute wiedersehen, irgendwo mitten auf der Tanzfläche, glasige Augen, in einem Takt nickend, der nichts mit der Musik um ihn rum zu tun hat.

DIE SOUVERÄNE UND INTERESSANTE PERSON

Sind wir ehrlich, es wäre vermessen anzunehmen, dass wir immer diejenigen sind, die im Raucherbereich genervt werden. Die Wahrheit ist, manchmal sind wir es auch selbst, die Fremde mit Nikotinatem ansprechen und dabei hoffen, dass der nächste Rülpser nicht das Abendessen hochkommen lässt. Mit glasigen Augen und während dein Mund sich mit Spucke füllt, wird dir klar, dass du es dann mit der Person zu tun hast, die in diesem Fall den souveränen und abgeklärten Part einnimmt. Obwohl sie genauso lange im Club war wie du und sicher fast genauso viel getrunken hat, sind ihre Klamotten noch in makellosem Zustand, sie ist von tollen Menschen umgeben, ihre Worte scheinen wohl gewählt zu sein und jeder Witz, den sie macht, kommt an. Du versuchst mit ihr zu sprechen und sie schafft es, dich abzuschütteln, ohne unhöflich zu sein. Nur wenige Minuten in ihrer Gegenwart lassen dich jede Entscheidung deines Lebens hinterfragen, die du je getroffen hast. Die Person hat gerade einen gehaltvollen Kommentar zur Griechenland-Krise abgegeben, und du schaffst es nicht einmal, dein Smartphone zu entsperren. Sie hat eine Ausstrahlung wie Idris Elba, während du aussiehst wie eine Bulldoge, die eine Wespe im Maul hat.

Foto via Wikicommons.

DER ZUHÖRER

Da stehst du also, Tabak in der einen Hand, Blättchen in der anderen und einen Filter zwischen den Lippen. Der Zuhörer nähert sich dir vorsichtig, nervös, sieht etwas verlegen aus und fühlt sich merklich unwohl. „Ähh, sorry, dass ich dich störe”, legt er los, den Blick auf seine Schuhe gerichtet, „aber, ähm, hast du, äh, ein Blättchen für mich. Sorry, dass ich frage.” Du hilfst ihm netterweise aus und fragst ihn, wie sein Abend so läuft. Er murmelt etwas, das du nicht wirklich verstehst. Du hast zwei Möglichkeiten: die Unterhaltung abbrechen, ihm den Rücken zudrehen und die Zigarette weiter rauchen, die du gerade erst angefangen hast, oder, wirklich sehr intensiv versuchen, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Mach immer Letzteres. Warum? Weil es nichts Besseres gibt, als jemanden, der zu nett oder zu ängstlich ist, dich zu unterbrechen, von dir selbst zu erzählen. Die Person wird dir aufmerksam zuhören. Das wird sie wirklich. Deine Hoffnungen und Träume werden sich in seine leere Hülle ergießen. Es ist wie eine Therapie. Nach einer halben Stunde wirst du an ihm runter schauen und sehen, dass er seine Zigarette noch nicht angezündet hat. Er wird dich nicht nach Feuer fragen. Er wird nie wieder jemanden nach Feuer fragen.

DER BEDROOM PRODUCER

Welche Musik auch immer du drinnen verpasst, um draußen deine Lungen mit Rauch zu füllen, es wird in der Nähe immer einen Bedroom Producer geben, der mit seinen eigenen Sounds dort rumhängt. Der den angeschlagenen, betrunkenen Zustand ausnutzt und sein Feuerzeug nur im Gegenzug für einen Facebook-Like zur Verfügung stellt. Bizarrerweise macht diese Person fast immer komplett andere Musik, als das, was in dem Club so läuft. „Es klingt im Prinzip ein bisschen wie Burial”, sagt er und tippt die Adresse seiner Soundcloud-Seite in dein Handy, „aber viel Club-tauglicher, weil ich auch auflege, also muss es Club-tauglich sein.” Du wirst dir die Musik nie anhören. Tief im Inneren weiß die Person es vielleicht. Diese Taktik, eigene Musik zu bewerben, entzieht sich jeder Logik. Was auch immer du da mit Ableton zusammengezimmert und mit einem Foto einer Feder, über das du irgendeinen Vintage-Filter gelegt hast, versehen hast, es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass du damit in einem umzäunten Bereich voller Leute, die zu besoffen sind, sich an ihre eigenen Namen, geschweige denn an den deiner EP zu erinnern, Eindruck machen wirst. Wärst du da nicht besser dran, zum Beispiel … ich weiß nicht … das Internet zu benutzen?

Foto: David Shankbone / Flickr | CC By 2.0

EIN TYP, DER IMMER „VERSTEHE” SAGT

„Hast du Spaß, Kumpel?”
„Total!”
„Verstehe. Hast du Craig Richards vorher schonmal gesehen?”
„Nein, ich bin tatsächlich zum ersten Mal hier.”
„Verstehe. Er ist verdammt gut, Craig Richard. Ziemlich unterschätzt, meiner Meinung nach.”
„Ich hab ein paar Mixe gehört und sie haben mir gefallen, ja. Freu mich drauf.”
„Verstehe. Gehst du viel feiern? Ich lebe dafür, Alter. Kann davon nicht genug bekommen.”
„Ich versuche es, ja. Mein Job hält mich ein bisschen zurück.”
„Verstehe, ja, das haben wir alle schon gehabt. Was machst du denn so?”
„Ich arbeite im IT-Bereich.”
„Verstehe.”

DER E-ZIGARETTEN-RAUCHER

Du stehst auf Formel 1 und guckst dir Videos von Marvel Easter Eggs auf Youtube an, oder?


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