Was bewegt jährlich bis zu 50.000 Menschen, mehrere hundert Euro für ein schwer zu ergatterndes Ticket zu bezahlen, um über eine Woche gemeinsam in einer Wüste abzuraven? Richtig—das berüchtigte Burning Man Festival.
Was ursprünglich als Hippie-Festival an einem kleinen Strand nahe San Francisco begann, findet mittlerweile in der Weite eines ausgetrockneten Sees nahe der Stadt Black Rock City inmitten des US-Bundestaates Nevada statt. Längst ist das Festival für Menschen mit unterschiedlichster Weltanschauung zu einem fast schon mystischen Reiseziel geworden. Wenn Besucher später davon erzählen wollen, taucht sehr oft das Wort „unbeschreiblich” auf.
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Dafür muss man allerdings auch einige Strapazen auf sich nehmen: Die Festivalbesucher, offiziell als „Burner” bezeichnet, setzen sich eine Woche lang ohne Geld oder Handyempfang den menschenfeindlichsten Bedingungen aus—von extremer Hitze tagsüber bis Temperaturen unter dem Gefrierpunkt nachts. Und da eines der „Grundprinzipien” des Festivals die „radikale Eigenständigkeit” ist, muss man sich auch komplett um die eigene Versorgung—Schlafplatz, Essen und Wasser—kümmern.
Man könnte also annehmen, dass die Teilnahme an dem Extrem-Festival ab einem gewissen Alter einfach zu anstrengend ist. Die Tatsache, dass der durchschnittliche Besucher (jedenfalls den Fotos nach zu urteilen) eher jünger ist, deutet auch daraufhin. Dem 67-jährigen Berliner Techno-Veteran Komet ist das aber alles egal—er will zum Burning Man.
Dazu hat Komet, der eigentlich Bernhard Enste heißt und mit seinem weißen Rauschebart und einzigartigen Tanzstil schon lange eine Institution im Berliner Klubleben ist, auf Startnext sogar eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Unter „Komet goes Burning Man” kann ihm jetzt jeder dabei helfen, sich seinen Traum zu erfüllen. Falls die Reise zustande kommt, werde ich Komet begleiten, um einen Dokumentarfilm darüber zu drehen und habe mich schonmal mit ihm über das Vorhaben unterhalten.
VICE: Komet, wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, dass du zum Burning Man willst?
Komet: Die Idee kam mir bereits Mitte der 90er Jahre, als mir zum ersten Mal vom Burning Man erzählt wurde. Über die Jahre hat sich der Wunsch, einmal an diesem interkulturellen Ereignis teilzunehmen, von einer fixen Idee zu einem realisierbaren Vorhaben gewandelt. Über die Crowdfunding-Kampagne sehe ich nun die Möglichkeit, diesen Wunsch in die Tat umzusetzen. Ich weiß, dass dies aus eigener Kraft niemals möglich wäre. Aber mit vereinten Kräften werden wir dieses Ziel erreichen—da bin ich mir sicher!
Glaubst du, dass du viel Unterstützung bekommen wirst?
Diese Antwort wird sich im Laufe der Kampagne von selbst klären. Ich verstehe das Ganze als ein Experiment, dessen Ausgang völlig offen ist. In dem Zeitraum bis zu unserer Crowdfunding-Deadline, dem 30. April, werde ich einiges unternehmen, um direkt Leute zu erreichen, von dem ich annehme, dass sie mir dabei helfen werden, meinen Traum wahr werden zu lassen. Es gibt eine Menge Leute da draußen, denen ich in der ein oder anderen Form geholfen habe und deren tatkräftige Unterstützung ich an dieser Stelle sehr gerne annehmen würde.
Hältst du es nicht für gewagt, in deinem Alter eine so weite und anstrengende Reise anzutreten?
Mir kann selbst hier im vermeintlich sicheren Berlin jederzeit etwas Unerwartetes passieren. Natürlich achte ich so gut es geht auf meine Gesundheit—aber ich gehe auch gerne an und über Grenzen. Alter ist relativ und hängt nicht mit Umkreisungen irgendeines Planeten um irgendeine Sonne zusammen, sondern mit der inneren Einstellung eines biologischen Wesens, das scheinbar oder ganz offensichtlich von Leben und Tod begrenzt ist. Diese Grenze existiert weder für mich noch für andere Lebewesen in der absoluten Form, auf die wir alle konditioniert sind. Mein ultimatives Ziel ist es, mich innerhalb und außerhalb des biologischen Verfallsdatums meines Körpers frei zu fühlen und kosmische Impulse zu spüren.
Du versuchst, 18.500 Euro zu sammeln. Wozu genau wird das Geld verwendet?
Bei so einer weiten Reise fallen zahlreiche Kosten an. Einerseits für den Flug, die Festival-Tickets, die Verpflegung und das in der Wüste Notwendige, in der Zeit um das Festival sehr teure Wohnmobil. Und der geplante Dokumentarfilm verursacht ja auch Kosten: Kameraequipment inklusive Versicherung, der Schnitt, und die weitere Post-Produktion des Films. Ich hoffe, dass dieser Anfang nächstes Jahr zu sehen sein wird. Seit letztem Samstag ist übrigens unser Crowdfunding-Video online, wo ihr diesbezüglich auch nochmal reinschauen könntet.
Was bedeutet diese Reise für dich und deine Zukunft?
Würde ich mein Leben hier in Berlin wie in einer Seifenblase als Komfortzone betrachten, dann soll sie platzen. Nach dieser Reise werde ich ein erweitertes Bewusstsein haben, was immer das auch bedeutet. Jeder weiß, dass extreme Situationen, wie sie in vergangenen Zeiten bei schamanischen Tänzen und Ritualen erzeugt wurden, neues Bewusstsein erschaffen. Ob wir dieses Bewusstsein nutzen, um es in unserem alltäglichen Leben einzufügen, ist jedem seine Sache—aber ich sehe es als mein persöhliches Ziel. Ich bin mir sehr sicher, dass es nicht einfach nur ein weiteres Festival ist, sondern die temporäre Verwirklichung einer nach Freiheit strebenden Menschheit.
Wie meinst du das?
Na ja. Am liebsten würde ich natürlich einmal in meinem Leben auf einer Party tanzen, wo der Ausbruch des ersten Weltfriedens gefeiert wird. Ohne Kompromisse und ohne Ende in einen Zustand maximalen globalen Einklangs überzugehen, das würde mich sehr freuen. Das Burning Man Festival ist weltweit, denke ich, einer der Orte, wo man dem Gefühl oder, ich hoffe, auch der Idee des Weltfriedens auf der Spur sein kann. Davon fühle ich mich angezogen trotz extremer Hitze, Staubstürmen und eventueller Wasserknappheit. Wer immer in seiner Gemütlichkeit bleibt, der wird nicht wachsen.
Wenn ihr Komet helfen wollt, den ersten Weltfrieden herbeizufeiern, dann könnt ihr das hier tun: Komet goes Burning Man