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Dieser Forscher hat aus Scheiße eine digitale Währung gemacht

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Am Anfang einer Innovation steht häufig eine scharfsinnige Beobachtung. Im Fall des südkoreanischen Forschers Cho Jae-weon war es eine denkbar einfache: Jeder Mensch kackt.

“Wenn du lebst, kackst du”, sagt Cho, ein Dozent für Stadt- und Umweltingenieurwesen am Ulsan National Institute of Science and Technology.

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Dem in der südostkoreanischen Stadt Ulsan arbeitenden Wissenschaftler ist es gelungen, aus Scheiße digitales Gold zu machen oder Feces Standard Money, wie er es nennt. Eine Einheit der Fäkalienwährung taufte er Ggool, was auf Koreanisch Honig heißt.

“Lebendig zu sein, heißt auch, dass du wertvoll bist”, sagt Cho. “Ich wollte, dass alle – ganz unabhängig von ihrem Reichtum und ihrem Alter – das Gefühl haben, etwas zur Gesellschaft beitragen zu können.”

Eine Gruppe asiatischer Frauen in Schuluniformen in einem Raum mit wissenschaftlichen Geräten
Studentinnen bei einer Führung durch die Räumlichkeiten, in denen aus Fäkalien Elektrizität gewonnen wird | Foto mit freundlicher Genehmigung von Science Walden

Seit 2015 erforscht Cho, wie sich aus menschlichen Exkrementen Energie und letztendlich Geld gewinnen lässt. Das lange Zeit wenig beachtete Projekt gewann zunehmend öffentliche Aufmerksamkeit, als der Mainstream begann, sich immer mehr für Digitalwährungen zu interessieren. Mehrere Artikel nannten Chos Währung einen “buchstäblichen Shitcoin” – ein Begriff, der normalerweise für wertlose Krytpowährungen verwendet wird.

2018 ließ Cho ein zweistöckiges Gebäude auf dem Campus des Instituts errichten, um seine Idee von einer Fäkalienwirtschaft in die Praxis umzusetzen. Der Projektbau ist ausgestattet mit Schlafzimmern und drei Toiletten, die erneuerbare Energie aus Fäkalien generieren.

Ein modernes Gebäude, auf dessen Außenwand Science Walden steht
Das Haus, in dem es geschieht | Foto mit freundlicher Genehmigung von Science Walden

Die drei Klos, “BeeVi”s genannt (eine Kombination aus den Wörtern “Bee” und “Vision”), pumpen die menschlichen Ausscheidungen in einen unterirdischen Tank, wo diese von Mikroorganismen in Methan aufgespalten werden. Das Methan wird dann verbrannt, um die Schlafzimmer mit Strom zu versorgen. “Wenn wir furzen, wird Methan freigesetzt, welches als biologischer Kraftstoff verwendet werden kann”, erklärt Cho. “Genauso können deine Fäkalien auch Methangas produzieren, das einen Boiler betreiben kann.”

Was von den Fäkalien übrig bleibe, könne als Dünger verwendet werden, sagt der Forscher.

“Ein gesunder Mensch defäkiert im Durchschnitt 500 Gramm pro Tag. Daraus lassen sich rund 50 Liter Methangas herstellen”, sagt Cho. “Der tägliche Output eines Menschen kann 0,5 Kilowattstunden Elektrizität erzeugen, genug Strom für einen E-Bus, um 500 Meter zu fahren, oder für drei Kilometer mit einem E-Auto.”

Eine transparente Tafel mit technischen Zeichnungen und asiatischen Schriftzeichen
Foto mit freundlicher Genehmigung von Science Walden

Um die Mitwirkenden zu belohnen, erschuf Cho das Feces Standard Money.

Wer eine der Toiletten benutzt, bekommt 10 Ggool pro Tag. Das Guthaben erhält man, wenn man nach dem Geschäft einen QR-Code einscannt.

“10 Ggool entspricht dem Wert des täglichen Outputs einer Person”, sagt Cho. “Ich wollte den Wert des Ggool von anderen Währungen wie dem US-Dollar oder Bitcoin trennen und Leute dazu bringen, das aktuelle Währungssystem zu überdenken.”

Mit den Tokens können Lebensmittel im Ggool Market gekauft werden, einem Geschäft auf dem Campus, auf dem rund 5.000 Studierende arbeiten.

Die Tokens werden laut Cho sogar von 20 weiteren Betrieben in der Stadt Ulsan akzeptiert, darunter Cafés, Bars, Restaurants und Kliniken.

“Du kannst dir nach der Ausscheidung einen Becher Kaffee oder andere Produkte des täglichen Bedarfs kaufen”, sagt Cho. Er schätzt, dass momentan um die 1.000 Menschen, der Großteil von ihnen Studierende und Projektteilnehmende, über Ggool verfügen.

Hu Hyeon-jung, eine Doktorandin in Stadt- und Umweltingenieurswesen an der UNIST, gehört zu den Studierenden, die in ihrem Alltag Feces Standard Money nutzen. “Ich kaufe mir mit dem Geld häufig Früchte wie Bananen und Mandarinen “, sagt sie zu VICE.

“Bevor ich die Toilette benutzt habe, klang das mit den Fäkalien schmutzig und ein bisschen absurd. Jetzt habe ich keine Vorurteile mehr und kenne den wahren Wert von Fäkalien.”

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