Basilikum für Tomatensaucen oder eine seltene Orchidee für die Oma züchten. Gemüse, Obst, Kräuter, Blumen anbauen – all das kann der vollautomatische Seedo. Doch Werbung macht der Hersteller Seedolab vor allem mit Cannabis. Und tatsächlich weckt das Gerät gerade in gewissen “Dunstkreisen” hohe Erwartungen. Nach vier Jahren Entwicklung sollen die ersten Exemplare im Frühjahr 2018 ausgeliefert werden.
Kiffen war in Israel, wo Seedolab gegründet wurde, lange verpönt und die Suche nach Investoren schwierig. Das hat sich in den letzten Jahren aber geändert. Mittlerweile ist das Land führend in der Cannabis-Forschung, Kiffen auf Rezept ist bereits seit Jahren erlaubt und wer ohne Rezept erwischt wird, muss zwar noch rund 250 Euro Bußgeld zahlen, wird aber nicht mehr strafrechtlich verfolgt.
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Billig ist der Seedo nicht, 2.400 Dollar kostet er. Rentabel wird es daher weniger bei der Aufzucht von Spinat, sondern eher bei anderen Pflanzen, deren Zucht mit viel Aufwand verbunden ist. Wer bisher Cannabis aufziehen wollte, musste einiges beachten – von der Strafverfolgung einmal ganz abgesehen: Wie bekomme ich genug Licht für die Pflanzen, wie verabreiche ich ihnen Nährstoffe, wie verhindere ich, dass es überall riecht wie bei Snoop Dogg im Backstage? Fragen, die man sich mit Seedo offensichtlich nicht mehr stellen muss.
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“Das Gerät macht alles für dich. Wenn die Pflanzen fertig sind, trocknet es sogar die Blüten selbstständig”, sagt der Vertriebsleiter von Seedolab, Wayne Smidt. Der weiße Kasten ist ein Meter hoch, 60 Zentimeter lang und erinnert an einen kleinen Kühlschrank. Innen sind Ventilatoren und zwei bewegliche LED-Panels, die immer den richtigen Abstand zur Pflanze halten. Sie wachsen sozusagen mit. In den Wänden befinden sich Sensoren, die Feuchtigkeit, Temperatur, Höhe und Zustand der Pflanze messen. Sogar pH-Wert und CO2-Gehalt der Luft werden gemessen. Das Gerät wertet diese Daten dann aus und passt die Feuchtigkeitszufuhr sowie Lichtstärke und Nährstoffe auf den Zustand der Pflanze an.
Um zu sehen, wie es der Pflanze geht, muss man nicht einmal die Tür öffnen. Eine eingebaute Kamera sorgt für einen Livestream, den man über eine App verfolgen kann.
“Die eigentliche Revolution war die LED-Technologie”, sagt Uri Zeevi, Chef von Seedolab. “Vorher musste man extrem energieaufwändige Leuchtmittel verwenden, die noch dazu so viel Hitze erzeugt haben, dass man wieder eine Klimaanlage zum Runterkühlen brauchte. Das war ein riesiger Energieverbrauch. Mit den LEDs hat sich alles verändert. Jetzt haben wir energiesparende, helle und kühle Leuchtmittel.”
Florian Rister vom deutschen Hanfverband ist aber genau wegen all der technischen Details nicht überzeugt von Seedo. “Das, was das Gerät verspricht, ist zwar wirklich neu – also eine vollautomatische Aufzucht, ohne dass man irgendwas machen muss. Damit das möglich ist, müssen aber sehr viele Sensoren in dem Ding verbaut sein und die sind erfahrungsgemäß auch gerne mal störanfällig. Selbst bei großen Zuchtlaboren in den USA, die automatisch arbeiten, müssen immer noch Menschen die Anlagen warten und defekte Teile austauschen. Wer aber soll das bei einem Gerät machen, was für Laien gedacht ist?”
Und: Ganz ohne Fürsorge geht es doch nicht. Die Nährstoffe und das CO2, das die Pflanzen für ihre Photosynthese benötigen, muss man nachfüllen und direkt bei Seedolab bestellen. Außerdem muss man für einen Wasseranschluss sorgen oder immer wieder den eingebauten Tank auffüllen. Zum hohen Anschaffungspreis kommen somit auch laufende Kosten hinzu.
“Das ist also wirklich eher ein Produkt für den Gutverdiener, der nicht mit dem Schwarzmarkt in Berührung kommen will”, sagt Rister. “Sowas leisten sich Banker, Manager und andere Gutverdiener, die nicht wollen, dass ihre Bekannten mitbekommen, dass sie kiffen.”
Seedolab-Chef Zeevi hingegen schätzt, dass eine Ernte 40 bis 70 Gramm Cannabis abwirft, was bei einem Straßenpreis von zehn Euro pro Gramm insgesamt einen Wert von 400 bis 700 Euro ergeben würde. Mit fünf bis sechs Ernten hätte man so den Anschaffungspreis wieder drin.
Und nun zum wichtigsten Teil der Geschichte: Ist das Ding überhaupt legal? “In Deutschland ja, da es nicht ausdrücklich nur für den Cannabis-Anbau genutzt werden soll”, erklärt Florian Rister vom Hanfverband. Das weiß natürlich auch Seedolab. “Man kann mit Seedo fast jede Pflanze anbauen, wir rufen nicht dazu auf, irgendetwas Illegales damit zu machen”, sagt Vertriebsleiter Smidt.
Trotzdem hat der Hersteller dafür gesorgt, dass nicht auffällt, was in dem weißen Schrank gezüchtet wird: Carbon-Filter sorgen für eine geruchsfreie Luft, die LEDs verbrauchen nicht mehr als 0,26 Kilowatt pro Stunde, sodass es auf keiner Stromrechnung auffallen sollte. Und die Tür lässt sich nur über das Smartphone öffnen.
Laut Seedolab sind bereits Hunderte Bestellungen aus Deutschland eingegangen. Wer Cannabis anbaut, der muss mit hohen Strafen rechnen. “In Deutschland gibt es aktuell niemanden, der legal Cannabis anbauen darf”, teilte das Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte gegenüber VICE mit.
Deshalb rät der Bremer Rechtsanwalt Björn Schüller, der sich auf das Betäubungsmittelgesetz spezialisiert hat, in jedem Fall vom Anbau ab. “Entscheidend ist bei dem Strafmaß die Gesamtmenge THC, die im Pflanzenmaterial gefunden wird. Bei Kleinstmengen wird ein Verfahren auch mal eingestellt. Werden mehr als 7,5 Gramm THC erreicht, also eine ‘nicht geringe Menge’, droht mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe. Die wird aber oft auf Bewährung ausgesetzt”, sagt er. Bei einer Ernte von 40 bis 70 Gramm seien diese THC-Mengen schnell erreicht, je nachdem, wie stark die Beleuchtung in dem Gerät sei und welche Samen benutzt würden.
Fazit: Wer keine Lust hat, ein Jahr Urlaub hinter Gittern zu machen, sollte wirklich nur Gartenkräuter oder Orchideen im Seedo ziehen.