Es gab mal eine Zeit im deutschen HipHop, da gab es kein Vorbei an DJ Tomekk. Anfang der 2000er-Jahre produzierte er Hit um Hit und das häufig mit amerikanischen Rap-Größen wie Lil Kim oder Kurtis Blow. 2002, auf dem Höhepunkt seines Schaffens, kam er mit einer bis heute legendären Kollabo um die Ecke. Auf seinem Song „How You Like That (Ja, Ja, Ja)” rappt der wohl dominanteste Center aller Zeiten, Shaquille O’Neal, einige deutsche Zeilen. Zum Beispiel „Heizung, bitte!”, oder „Macken Sie lauda!”, oder einfach nur „From Kreuzberg to Kaiserlautern!”—Shaq wusste, wovon er sprach. Schließlich wuchs der Sohn eines US-Sergeants teils in Fulda und Wiesbaden auf. Dazu ist der Diesel immernoch der geborene Entertainer und hat ein Platin-Rapalbum veröffentlicht. In Kombination mit Tomekk musste also etwas Großartiges entstehen.
Einige werden sich vielleicht an den großartigen „Ja, Ja, Ja”-Refrain im Intro der DSF-Sendung Inside NBA erinnern. Nach einigen vergeblichen Versuchen schafften wir es endlich, Tomekk ans Telefon zu bekommen und ihn zu fragen, was „Heizung, bitte” eigentlich heißt.
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VICE Sports: Wie kam es damals dazu, dass du einen Song für Shaquille O’Neal produziert hast?
DJ Tomekk: Shaq ist ein Deutschland-Fan, liebt Dirk Nowitzki und spricht auch ein bisschen Deutsch. Er hatte Lust, eine Nummer auf Deutsch zu rappen und suchte deswegen einen Producer. Dann erreichte mich die Anfrage seines Managements und ich konnte das erstmal nicht glauben. Ich war natürlich total baff, weil ich es mir einfach nicht vorstellen konnte, dass das gerade passiert ist.
Habt ihr das Lied dann auch zusammen im Studio aufgenommen?
Genau. Ich weiß auch gar nicht mehr, warum er eigentlich in Deutschland war. Mir wurde nur gesagt, dass ich in drei Tagen zum Aufnehmen in ein Frankfurter Studio kommen soll. Ich brachte ein paar Beats mit und ein paar Stunden später stand auch der Text. Shaq war ja vorher schon ein erfahrener Rapper und hatte in den USA ja schon Gold und Platin mit seinem Album „Shaq Diesel”. Daher war er neben dem Basketball und seinem Schauspiel auch als Musiker bekannt.
Wie hast du ihn dazu bewegt, auf Deutsch zu rappen?
Das war das eigentlich Interessante. Er fragte mich, ob ich ihm einzelne Wörter übersetzen könnte—das habe ich dann auch gemacht. In dem Kontext, in dem er sie dann allerdings verwendete, hatten sie dann teilweise eine komplett andere Bedeutung. Deswegen findet man auch Stellen wie „ich bin zwei Gute”. Ich kannte ja nicht den Zusammenhang und er fragte mich, was „two” und „good” auf Deutsch heißen würden. So ergaben sich die teilweise schiefen Übersetzungen. Er hatte einfach nur Bock, auf Deutsch zu rappen. Er bezeichnete sich selbst als der „Dirk Nowitzki of Rap”.
Aber hast du ihm nicht gesagt, dass manche Sachen auf Deutsch nur bedingt Sinn ergeben?
Es war für mich ein riesiges Kompliment, ihm beim Übersetzen des Textes helfen zu dürfen. Eigentlich wollte ich ihn noch bremsen und den Text mit ihm ausarbeiten. Ich muss natürlich sagen, dass ich auch so ein Fan von ihm bin, dass ich mich da gar nicht getraut habe, reinzugrätschen. (lacht) Von der Raptechnik war es ja trotzdem noch krass—er war ja nicht schlechter als viele, die das hauptberuflich machen.
Was bei uns ein großes Rätsel war: Was bedeutet „Heizung, bitte!”?
Genau. Ein super Beispiel. Im Englischen heißt „bring the heat”, also „die Hitze bringen”, so etwas wie „Mach Stimmung!”. (lacht) Und er fragte: „Was bedeutet denn ‚Heat’?”. Darauf meinte ich: „‚Heat’ ist Heizung”. Das ist also eine direkte Übersetzung von „bring the heat”: Heizung, bitte!
Klingt nach jeder Menge Spaß im Studio.
Ja, er ist durch seine imposante Körpermasse und seine 2,16 Meter wie so ein lustiger Bär. Wir haben uns im Studio kaputtgelacht—auch weil er an sich locker herangegangen ist und sich nicht zu ernst nimmt. Damit der durch eine Tür gehen kann, muss er entweder den Kopf einziehen oder ihn seitlich vorbeischieben. Als ich ihn so reinkommen sah, meinte ich erstmal, dass er krass groß ist. Er antwortete darauf, dass ich mal seine Möbel sehen sollte. Das sind alles Maßanfertigungen. Man muss aber auch sagen, dass er sehr professionell ist: Als Musiker bestach er im Studio vor allem dadurch, dass er diszipliniert und fokussiert war. Von den Strukturen im Profisport haben wir natürlich auch im Studio profitiert. Dadurch war der Song auch schon in zwei, drei Stunden geschrieben und aufgenommen. Ich glaube, auch der Mix aus all dem ist sein Erfolgsgeheimnis.
Ein ernsteres Thema war zu der Zeit ja seine Fehde mit Kobe Bryant. Hat er etwas dazu gesagt?
Überhaupt nicht. Er hat nur öfters in den höchsten Tönen über Dirk Nowitzki gesprochen, aber er ist so ein positiver Mensch, dass er den negativen Sachen gar keinen Raum gab. Das hat mich wirklich inspiriert.
Nach dem Song gab es in den USA ja eine landesweite „Don’t drink and drive”-Radiokampagne, bei der Shaq über das Instrumental vor den Gefahren warnte. Wie kam es dazu?
Das war total abgefahren. Ich habe bei mir zu Hause amerikanisches Radio gehört und bekam auf einmal mit, dass unser Song als Werbespot lief. Shaq sagte dazu einen Text wie: „Betrunken Auto fahren geht gar nicht.” Der Spot wurde dann relativ oft eingespielt. Nach ein bisschen Recherche habe ich ihn nochmal kontaktiert und er meinte: „Ja, ja, das ist schon richtig. Die Regierung von Obama hat angefragt, ob ich nicht für sie einen Werbespot machen möchte. Ist das für dich okay?”
Natürlich war es das, aber es wäre schon cool gewesen, wenn er mich vorher gefragt hätte. (lacht) Nichtsdestotrotz fand ich die Aktion super: Es war ja für den guten Zweck. Jegliche GEMA-Einnahmen usw. sind ja auch in die Prävention von Alkohol und die Aufklärung bezüglich der Gefahren geflossen. Dass Obama einen meiner Songs zur Zeit seiner Wiederwahl benutzt hat, ist einer der Top-5-Momente meiner Karriere.