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Warum der 9/11-Fall noch lange nicht vor Gericht verhandelt werden wird

Der Prozess der Guantanamo-Bay-Häftlinge hinter den Terroranschlägen von New York wirft bezüglich geheimer Informationen und Gefangenenrechte viele neue rechtliche Fragen auf—und das hält alles auf.

Foto: Cliff | Flickr | CC BY 2.0

Nach jahrelangen Verzögerungen hat das Vorverfahren der fünf Guantanamo-Bay-Häftlinge, die die Terroranschläge vom 11. September geplant haben sollen, endlich begonnen—und wurde direkt wieder von einer Reihe an Fragen unterbrochen, die sich auf geheime Beweise und die Rechte der Angeklagten beziehen.

Obwohl der Richter Colonel James Pohl es endlich geschafft hat, einen drei Jahre andauernden Rechtsstreit beizulegen, bei dem es darum ging, wie die Rechtsbeistände geheime Informationen zu den Anschlägen erhalten können, ohne ihre Mandaten darüber in Kenntnis setzen zu müssen, führte dieser kleine Fortschritt zu neuen Fragen und Verzögerungen.

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Am Donnerstag beschwerte sich Walter Ruiz, der Anwalt von Mustafa Ahmed Adam al Hawsawi (dem vorgeworfen wird, die Anschläge vom 11. September organisiert und finanziert zu haben), bei Pohl darüber, dass die Staatsanwaltschaft nur ausgewählten Personen seines Rechtsteams Zugang zu geheimen Informationen gewährte, obwohl jeder dazu berechtigt sei.

„Ich sage Ihnen hier unmissverständlich, dass das für mich alles ändert. Um ganz ehrlich zu sein, ich weiß nicht, ob ich unter solchen Voraussetzungen und mit ständig anderen Vorschriften noch weiter an diesem Fall arbeiten will", sagte Ruiz vor Gericht.

„Ich habe keine Lust, dieses Problem jetzt einfach zu ignorieren und irgendwann später anzusprechen", fügte er hinzu.

Das Problem mit den geheimen Beweisen wurde direkt am ersten Verhandlungstag diskutiert, als der al-Qaida-Veteran Walid Bin Attash (durch sein Verteidigerteam) die Forderung stellte, sich vor Gericht selbst vertreten zu dürfen. Mit diesem Schritt feuerte er im Grunde seinen Rechtsbeistand.

Die Angeklagten—darunter auch Chalid Scheich Mohammed, das angebliche Mastermind hinter den Anschlägen—vertrauen ihren vom Pentagon zugewiesenen Anwälten nicht. Die Häftlinge haben außerdem keinen Zugang zum Internet oder zu einem Telefon und berichten immer noch davon, gefoltert zu werden.

Verschiedene Ansichten darüber, wie Bin Attashs Eigenvertretungsrechte aussehen könnten, verursachen möglicherweise bis zu vier Tage lange Diskussionen—und das bei einem nur zwei Wochen langen Vorverfahren.

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Victor Hansen, einem Professor der New England School of Law, zufolge vertreten sich Angeklagte normalerweise selbst, um dem Prozess zu verzögern oder um eine Möglichkeit zu bekommen, über ihre Ansichten zu reden. Und genau diese Möglichkeit will die US-Regierung den Häftlingen von Guantanamo Bay nicht bieten. Hansen meinte dazu noch, dass sich der Zugang zu geheimen Informationen bei allen so wichtigen Fällen schwierig gestaltet, aber die Militärkommission, die für die mutmaßlichen Köpfe hinter dem 11. September verantwortlich ist, „die ganze Sache noch weiter verlangsamen wird."

„Ich glaube nicht, dass ein Angeklagter, der sich selbst vertritt, diese Dynamik verändert oder mehr Zugang erhält", sagte Hansen.

Hansen nannte die Gerichtsverhandlungen ein „rechtliches schwarzes Loch", in dem die Regierung beim Schutz von Informationen zu übereifrig agiert und so für unnötige Verwirrung sorgt. Seiner Meinung nach wäre es schlauer gewesen, die Verhandlungen vor einem Bundes- oder Militärgericht abzuhalten, weil es dort gute Präzedenzfälle gibt.

Die Einbindung der CIA, die laut der Regierung diese Militärkommissionen überwacht hat, verkompliziert das weitere Vorgehen nur noch mehr.

David Glazier, ein Juraprofessor an der Loyola Law School von Los Angeles, erklärte uns, dass es als Verbrechen angesehen wird, wenn ein Anwalt geheime Informationen an eine Person weitergibt, die sich in CIA-Gewahrsam befindet.

„Zusammen mit der Bedingung, dass die Verteidigung den Richter und die Staatsanwaltschaft 30 Tage vorher Bescheid geben muss, wenn sie möglicherweise geheime Informationen vor Gericht verwenden will, behindern diese Vorschriften die Hauptverteidiger dabei, ihre Mandanten ordentlich zu vertreten", sagte Glazier.

Das Vorverfahren kam diese Woche erneut zum Stillstand, als Bin Attash sich im Gerichtssaal Geltung verschaffte und ankündigte, Informationen zu seiner Verteidigungsstrategie preisgeben zu wollen. Judge Pohl meinte, dass Bin Attash unterschiedliche Probleme zusammenführen würde, und riet den Angeklagten davon ab, sich selbst zu vertreten. Pohl ordnete eine Unterbrechung an und die Verhandlung wird demnächst fortgeführt, nachdem sich die Verteidigung mit Bin Attash beraten hat. Für das eigentliche Gerichtsverfahren ist noch kein offizieller Starttermin angesetzt.