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Hat Beatrix von Storch illegal Daten weitergegeben?

Berlins Datenschutzbeauftragte ermittelt gegen die AfD-Politikerin. Fünf Fragen an die Netzaktivistin, der wir das verdanken.

Foto: imago | 7aktuell

Eine Frau in einer schwarzen vergitterten Burka, darunter steht "Für ein Verbot des Schariarechts in Deutschland". Über 75.000 Menschen haben diese Onlinepetition auf abgeordneten-check.de unterzeichnet. Weitere Petitionen, getitelt in Großbuchstaben und verfasst in hyperventilierenden Sprache: "Stoppt die verantwortungslose Asylpolitik der Bundesregierung" (über 61.000 Unterzeichner) oder "keine deutschen Ersparnisse für EU-Pleitebanken" (über 442.000). Mitzumachen ist kinderleicht: Man muss nur seinen Namen, seine Emailadresse, Postleitzahl und—optional—die Adresse angeben, schon geht die Petition per Email an den zuständigen Abgeordneten.

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Die Plattform civilpetition.de funktioniert nach dem gleichen Prinzip, und hat ähnlich schrille Forderungen. Im Impressum der beiden Plattformen steht der Verein Zivile Koalition, dessen Vorsitzende: Beatrix von Storch. Rechtlich verantwortlich ist ihr Ehemann Sven. Die beiden Seiten sind ein Teil ihres Geflechts aus Vereinen und Medien, zu dem unter anderem auch die Seiten "Entscheidung für das Leben" (wettert gegen Abtreibung und Sterbehilfe), "Initiative Familienschutz" (wettert gegen Homoehe) und die Plattform "Bürgerrecht direkte Demokratie" gehören.

Das Problem: Anscheinend nehmen die von Storchs es nicht ganz genau mit dem Datenschutz ihrer Unterstützer, die fleißig gegen die Scharia, gegen Angela Merkel und etwa "die staatliche Frühsexualisierung" der Kinder unterzeichnen. Wir haben mit der Netzaktivistin und Ex-Piraten-Geschäftsführerin, Katharina Nocun gesprochen, die im Mediumimperium der von Storchs geforscht hat, und nun Beschwerde bei der Berliner Landesdatenschutzbeauftragten einlegte.

Das ist Katharina Nocun. Foto: Miriam Juschkat

VICE: Wie bist du darauf gekommen, dass da etwas faul ist?
Katharina Nocun: Ich recherchiere schon länger zur AfD und habe mich dann zu Recherchezwecken für einen Newsletter von civil-petition.de eingetragen. Auf dieser Seite kann man etwa die Petition "FRAU MERKEL, TRETEN SIE JETZT ZURÜCK!" unterschreiben. Sie wurde von „Zivile Koalition" betrieben, dem Verein von Beatrix von Storch, dessen Geschäfte ihr Ehemann Sven leitet. Über den Newsletter von Zivile Koalition kam schon bald ein Spendenaufruf: Beatrix von Storch wollte Geld sammeln, weil die Tür ihres Büros mit „Refugees Welcome" besprüht wurde.

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Später kamen noch viele andere Mails zu Petitionen. Als Absender dieser Emails war dann allerdings plötzlich „Bürgerrecht Direkte Demokratie" angegeben—eine Plattform, für die ich mich nie angemeldet habe. Sie dürften meine Emailadresse also gar nicht haben. Im Impressum dieser Seite stand auch ein ganz anderer Verein, VOS Berlin-Brandenburg e.V. Ich habe mich gefragt: Werden die Daten zwischen den Vereinen der von Storchs hin und her geschoben?

Warum ist das schlimm?
Es ist rechtswidrig wenn meine Daten nach Gutsherrenart zwischen Vereinen ohne Einverständnis hin und hergeschoben werden. Die von Storchs haben ein ganzes Geflecht an Seiten und Plattformen. Aber es heißt noch lange nicht, dass sie ohne Zustimmung die Emailadressen untereinander austauschen können. Und es geht um eine Menge Daten: Die Petition für den Rücktritt von Angela Merkel haben über 360.000 Menschen unterzeichnet, das sind über 360.000 Namen und Emailadressen.

Diese Daten geben Auskunft über die politische Orientierung der Leute—und gelten deshalb nach dem Datenschutzgesetz als besonders sensibel. Auch wenn ich die Einstellung der Menschen nicht teile, die diese Petitionen unterzeichnen, heißt es nicht, dass sie kein Recht auf Privatsphäre und Datenschutz haben.

Die AfD-Unterstützer würden sagen, es geht um eine Kleinigkeit.
Das finde ich überhaupt nicht. Man sieht daran die Doppelmoral: Gerade eine Partei, die auf „Recht und Ordnung" pocht, managt ihre eigenen Vereine nicht sauber. Sie stellt ihre eigenen finanziellen Interessen im Vordergrund, um die Spendenbeiträge zu maximieren und kümmert sich nicht um die Rechte ihrer eigenen Unterstützer. Es wäre auch nicht der erste Skandal im AfD-Umfeld: Gegen die von Storchs stand bereits der Verdacht auf Veruntreuung von Spendengeldern im Raum, als es um die Anschaffung von Goldbarren mit Vereinsgeldern ging. Wenn die AfD mit ihren eigenen Unterstützern so umgeht, was wäre erst wenn sie an der Regierung wären?

Wie geht es jetzt weiter?
Ich habe eine Beschwerde bei der Berliner Landesdatenschutzbeauftragten eingereicht. Sie hat den von Storchs inzwischen einen langen Fragenkatalog geschickt und sie haben einen Monat Zeit, darauf zu reagieren. Aber schon jetzt sieht man Änderungen: Die von Storchs haben die Vereinsnamen im Impressum einiger ihrer Seiten geändert oder eine Datenschutzerklärung auf eine Seite eingefügt, wo vorher keine war.

Was passiert ein Gericht feststellt, dass das illegal war?
Dann kommen Bußgelder auf sie zu. Je nach Schwere des Falls könnten das mehrere Hunderttausende Euro sein. Ich hoffe, sie werden angemessen bestraft. Alles andere wäre ein falsches Zeichen. Die AfD ist die Partei, die sich gern als ein politischer Neuanfang profiliert, als eine Alternative zu angeblich verlogenen etablierten Parteien – dabei haben sie selbst viel mehr Dreck am Stecken als alle anderen Parteien zusammen.