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Drogen

Ein Nachmittag mit Kanadas erstem Weedautomaten

Ich habe einen Nachmittag bei der BC Pain Society verbracht, wo du eine halbe Unze bestes Kush für 50 Dollar bekommst, und mich dort mit besorgten Kiffern über die Änderungen der Cannabis-Gesetzgebung unterhalten.

Einige der Produkte, die du beim Weed-Automaten kaufen kannst. Alle Fotos von der Autorin

Zwanzig Minuten nachdem ich Andy Bishop—einen selbsternannten „Cosmic-Country“-Musiker—in Vancouver getroffen hatte, schaute ich ihm dabei zu, wie er sich Gras an einem Automaten kaufte. Bishop, der über ein ärztliches Rezept für den Konsum von Marihuana verfügt, willigte ein, mich bei der BC Pain Soicety zu treffen, wo auch Kanadas erster Weed-Automat steht, der halbe Unzen (ca. 14 Gramm) für 50 Dollar (ca. 33 Euro) vertickt. Der Automat steht dort jetzt seit einem Monat, obwohl eine derartige Ausgabe in Apotheken seit dem 1. April technisch illegal geworden ist. Laut Gesetzgebung ist nun jeglicher Anbau, bis auf den, der von der kanadischen Gesundheitsbehörde zertifiziert worden ist, verboten. (Eine einstweilige Verfügung erlaubt es Homegrowern momentan noch, weiter ihr Ding zu machen. Die Frage lautet aber: „Für wie lange noch?“) Akteure wie die Pain Society bewegen sich in einer Grauzone. Das hat ihr Geschäftsmodell jedoch keineswegs beeinträchtigt—vor allem seit Vancouvers Polizei deutlich gemacht hat, dass sie keinen Bedarf darin sieht, bei derartigen Abgabestellen einzuschreiten, solange sie nur an Patienten verkaufen. Der Weed-Automat, an dem es zehn verschiedene Sorten zu kaufen gibt, ist schon ein so großer Erfolg, dass schon bald ein zweiter aufgebaut wird. Der Präsident der Pain Society, Chuck Varabioff, plant noch, zwei weitere im Osten von Vancouver zu eröffnen. „Wir führen hier nur die beliebtesten Sorten, damit wir einen schnellen Durchlauf haben. Nichts wird schlecht, nichts bleibt länger als eine Woche in der Maschine“, sagte er mir. Der zweite Automat wird die selben zehn Sorten führen, allerdings nur einzelne Gramm. Die kleineren Pakete wird es dann für 5 Dollar (3,3 Euro) geben—halb so viel, wie man auf dem Schwarzmarkt dafür bezahlen müsste. Varabioff sagt, dass sie die besten Preise in ganz Nordamerika haben.

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Andy Bishop nachdem er den Weed-Automaten bedient hat.

Der Bestseller ist die Sorte Master Kush. „Das rattert nur so durch den Automaten—ich fülle es drei, vier Mal am Tag wieder auf“, so Varabioff. Bei seiner Ankunft muss Bishop nur seinen Ausweis einer anderen Abgabestelle vorzeigen, sowie einen Lichtbildausweis und ein ausgefülltes Formular. Obwohl Bishop schon als Teenager kiffte, hat er erst vor Kurzem angefangen, Marihuana medizinisch zu verwenden. Bishop ist ein 31 Jahre alter Gitarrist, der in einigen semiguten Indie-Rockbands gespielt hat. Als er Schmerzen in seinem Handgelenk bekam, suchte er nach einer Kur, die ohne Schmerztabletten auskommt. Seit sechs Monaten hat er jetzt das Rezept, und bislang ist Vancouver der Ort gewesen, an dem es am leichtesten war, an medizinisches Marihuana zu kommen. „Ich war sehr froh, dass ich die Karte hier bekommen habe, und dachte, dass ich sie auch zu Hause in Toronto benutzen könnte, aber dort sind sie sehr verschwiegen. Ich konnte noch nicht mal eine Abgabestelle finden“, erzählte er. „Und ich habe auch gehört, dass sie dort nicht das Rezept für Naturheilmittel akzeptieren, sondern nur staatlich anerkannte. Für jemanden wie mich sind die sehr schwer zu bekommen.“ Bishop entschied sich für ein Gramm Master Kush aus dem passend dekorierten Automaten und fragte noch nach ein paar Blättchen, bevor er sich dann seinen Joint ansteckte. Das Produkt ist wirklich erster Güteklasse—es kratzt kaum im Hals und ist sehr sanft.

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Neben dem Weed-Automaten hat die BC Pain Society auch diesen Kaugummiautomaten aufgestellt, an dem man einzelne Gramm kaufen kann.

Bishop erzählte mir auch, dass er es vor Kurzem mal in Seattle versucht habe, die Gesetze dort aber wesentlich strikter seien—es ist nicht erlaubt, Abgabestellen in einer bestimmten Distanz zu Parks und Schulen zu haben. Nicht so hier: Der Clark Park befindet sich auf der anderen Seite der Straße, genauso wie Stratford Hall, eine öffentliche Schule. Während wir die Abgabestelle langsam mit Rauch füllen, treffe ich noch mehr Vancouveraner mit Rezepten. (Während der zwei Stunden, dich dort war, sah ich mindestens zehn Menschen, die sich an dem Automaten bedienten—kein schlechter Schnitt für einen frühen Nachmittag unter der Woche.) Freyja Prit ist eine Immobilienmaklerin, die Hasch-Schokolade verwendet, um die Schmerzen ihrer Krebserkrankung im Endstadium zu lindern. „Einige der älteren Damen fühlen sich wohler, sich mit mir zu unterhalten. Also setze ich mich mit ihnen hin und unterhalte mich über die verschiedenen Konsumformen“, erzählte sie mir. Ich unterhielt mich auch mit Justin Johnson, der halbtags für die BC Pain Society arbeitet. Er bevorzugt es, Konzentrate zu rauchen (die unter der neuen kanadischen Gesetzgebung nicht legal sind), ist aber auch ein eifriger Automatennutzer. „Ich extrahiere es mit Lösungsmitteln“, sagte er, während er einen Kanister zum Tisch bringt, in dem sich das gleiche Zeug befindet, mit dem man Feuerzeuge auffüllt. Er zeigte mir auch ein kleines Gefäß mit Harz, das ein bisschen wie Honig aussieht. Wenn es etwas gibt, zu dem jeder Nutzer von medizinischem Marihuana eine persönliche Meinung hat, dann ist es die Konsumform. „Von meinem aufgegossenen Öl nehme ich das Achtel eines Teelöffels, was ungefähr das Äquivalent zum Rauchen von vier oder fünf Gramm ist“, erklärte mir Prit. „Wer hat denn Zeit, so viel zu rauchen? Ich habe ein Leben, einen Sohn, eine Karriere.“ Johnson ist da noch etwas härter drauf. Ich schaute mir an, wie er einen Titannagel, der an seiner Bong befestigt war, mit einem kleinen Gasbrenner erhitzte—eine fortgeschrittene Stoner-Technik mit dem Namen Dabbing. Er nahm einen Zug und sofort war der Raum von einem Metallgeruch erfüllt—anstatt des angenehm süßlichen Geruchs, den Cannabisrauch sonst verbreitet. Plötzlich fiel mehr auch die große Lüftungsanlage in der Mitte des Raums auf, und ich war sehr glücklich darüber, dass sie da war. „Wahrscheinlich wirst du schon high, wenn du nur in meiner Nähe sitzt“, sagte Johnson zwischen einigen heftigen Hustern. „Was du gerade gesehen hast, ist ungefähr das Äquivalent zu einem Gramm Marihuana, das in einem Zug konsumiert wird.“

Justin Johnson raucht Harz.

Ein paar Züge später drehte sich unsere Unterhaltung um die neue Gesetzgebung. „Die Regierung sollte es jedem Patienten erlauben, sein eigenes Gras anzubauen—sie versuchen, das hier alles zu standardisieren, wie bei Monsanto“, sagte Johnson. „Sie wollen, dass wir unser ganzes Gras nur von der Regierung bekommen, konsumfertig. Das ist einfach abscheulich.“ Die meisten Menschen bei der Pain Society glauben, dass Cannabis teurer wird, falls die Regierung das Ruder übernehmen sollte. Andere haben Angst davor, dass sie kein staatlich anerkanntes Rezept bekommen werden. Beide Befürchtungen haben auch durchaus ihre Begründung. „Letztendlich geht es hier um viel mehr als um den Weed-Automaten“, sagte mir Johnson. Bishop stimmte Johnson zu—jetzt gerade ist es noch relativ leicht, seine Dosis zu bekommen, aber das könnte sich schnell ändern. „Das neue Gesetz widerspricht unserer Verfassung, weil es einfach nicht erlaubt ist, Menschen Medizin wegzunehmen, die du ihnen vorher zugesprochen hattest“, sagte Bishop „Die werden dann in die Illegalität getrieben, weil sie sonst keine Möglichkeit mehr haben, daran zu kommen.“ Mittlerweile konnte ich den vollen Effekt des Kush auch selber spüren. Es war an der Zeit, nach Hause zu gehen und ein Nickerchen zu machen—natürlich nicht, ohne auf dem Weg noch einen kleinen Stopp für ein paar Kokos-Curry-Nudeln einzulegen.