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Ein Plädoyer für kleine Brüste

Ich habe seit über einem Jahr keinen BH mehr getragen und das ist auch gut so.
Titelbild: Kai Schreiber via photopin

Obwohl es immer wieder heißt, dass der Arsch der neue Busen und mittlerweile ein schöner, knackiger Hintern sowieso viel wichtiger als ein pralles C-Körbchen ist, muss ich immer wieder sprichwörtlich am eigenen Leib feststellen, dass dieser Paradigmenwechsel, der uns von Lifestyle-Medien so gerne gepredigt wird, noch nicht so ganz in der Mitte der sexuell aktiven Menschen angekommen ist.

Der Busenvergleich ist das weibliche, leicht abgeschwächte Äquivalent zum Schwanzvergleich—wobei man dabei eher innerlich mit sich hadert, anstatt den Konkurrenzkampf offen auszutragen. Ich als Frau mit kleinen Brüsten ertappe mich des Öfteren dabei, wie ich mich mit anderen Frauen vergleiche und mir eines von den prallen Dekolletés wünsche, die mir von jedem dritten Billboard entgegen hüpfen—aber warum eigentlich?

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Wer bestimmt, was schön, sexy und „normal" ist? Ein kleines, schönes A-Körbchen ist grundsätzlich sicher nicht weniger sexy als ein E-Körbchen, das so mancher Frau übrigens ziemliche Schwierigkeiten bereiten kann, sowohl gesundheits-, als auch selbstbewusstseinstechnisch. Denn auch, wenn ich es mir lange nicht vorstellen konnte, können Frauen mit großen Brüsten genauso unzufrieden sein, wie ich es einmal war.

Als bei meinen Freundinnen in der Unterstufe der Busen so langsam zu sprießen begann und sie sich nicht nur stolz ihre ersten Snoopy-BHs gekauft, sondern diese auch tatsächlich ausgefüllt haben, durfte ich meine Zeit damit verbringen, von den Burschen dafür ausgelacht zu werden, dass mein Busen noch auf sich warten ließ, beziehungsweise nach einer kurzen Wachstumsphase nicht mehr größer werden wollte. Von da an überlegte ich mir drei Mal, ob ich mit ins Schwimmbad gehen sollte, wenn meine Freundinnen mit den Burschen aus der Parallelgasse am See abgehangen sind.

Ich habe jahrelang Push-Ups getragen und hatte Angst vor der Reaktion von Typen, wenn sie sehen, dass sich darunter nur ein kleines A-Körbchen verbirgt, obwohl ich ansonsten eigentlich recht selbstbewusst bin. Manchmal ertappe ich mich noch immer dabei, wie ich meinen Körper mit dem meiner Freundinnen vergleiche und neidisch auf ihre Brüste starre wie ein pubertärer Junge, der erst gestern seine erste Erektion hatte. Letzten Endes habe ich also so ziemlich mein gesamtes Teenie-Mädchen-Dasein gebraucht, um zu merken, dass es einfach verdammt noch mal egal ist, wie riesig oder winzig meine Brüste sind, solange ich cool damit bin.

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Kleine Brüste sind toll. Ich werde niemals unter meinen Brüsten schwitzen, geschweige denn einen hässlichen Oma-BH kaufen müssen, der meine Oberweite in Zaum hält, da sie ansonsten in mein Gesicht rollt, sobald ich auf dem Rücken liege. Natürlich, ich habe nicht viel, das irgendwo hin rollen könnte—und ich bin mittlerweile froh darüber. Ich habe seit wahrscheinlich einem Jahr keinen BH mehr getragen, kann jedes am Kragen noch so verschnörkelte Oberteil anziehen, ohne gleich fett auszusehen und werde wohl nie im Leben auch nur einen einzigen Dehnungsstreifen auf meiner Brust finden— Babys will ich nämlich auch keine.

Noch heute passiert es manchmal beim Weggehen, dass ein wildfremder Typ mich anspricht, ansieht, und mir sagt, dass er mich eigentlich super findet, aber meine Brüste leider zu klein für ihn sind (warum auch immer Männer sich dazu berufen fühlen, mich an ihrer Meinung teilhaben zu lassen—ich erzähle ja auch nicht jedem, wenn seine Hosenbeule auf den ersten Blick nicht üppig genug aussieht).

Wäre mir das mit 16 passiert, hätte ich wahrscheinlich wahlweise losgeheult oder mir noch mindestens vier Flügerl mit schwarzem Vodka bestellt, um den Vorfall schnellstmöglich zu vergessen. Heute bin ich froh, dass ich so weit bin, die kleine Handvoll zu zeigen, die ich nun mal habe und darauf zu scheißen, ob das Mädchen mit dem flachen Arsch neben mir ein Doppel D hat.

Erklärt Verena auf Twitter, warum sie Unrecht hat: @verenabgnr


Titelbild: they be pumpkins via photopin (license)