Fotos aus Nordkorea, wie ihr sie noch nie gesehen habt

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Fotos aus Nordkorea, wie ihr sie noch nie gesehen habt

In den letzten Jahren ist Fabian fünf Mal nach Nordkorea gereist und hat in der Zeit enge Beziehungen Führungspersonen knüpfen können. Seine Bilder bieten einen ungewohnten Blick auf das "Einsiedlerkönigreich".

Alle Fotos: Fabian Muir

Einige von euch kennen Fabian Muir vielleicht schon: Das ist der Fotograf, der einmal 10.000 Kilometer durch Australien gereist ist, um eine Burka zu fotografieren. Der tiefblaue Schleier vor dem roten steinigen Untergrund in der Fotoreihe "Blue Burqa in a Sunburnt Landscape" war eine subtile und doch bissige Reaktion auf den Versuch Australiens, ein Verbot für Gesichtsschleier einzuführen.

Und auch in seinem neuesten Projekt zwingt er uns auf clevere Weise, unseren Blick auf die Dinge zu ändern. In den letzten Jahren ist Fabian fünf Mal nach Nordkorea gereist und hat in der Zeit enge Beziehungen zu führenden Köpfen knüpfen können, sodass er mehr als jeder andere Fotograf vor ihm ins Einsiedlerkönigreich vordringen konnte. Ausgelassenheit, unbeschwerte Farbkleckse—das hier sind definitiv nicht die grauen Bilder, die man in der westlichen Welt von der Demokratischen Volksrepublik Korea gewöhnt ist.

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Ich habe mich mit Fabian getroffen und ihn gefragt, wie er das geschafft hat.

VICE: Hi Fabian. Über Nordkorea zu berichten, ist schwer, weil man als Besucher immer dieselben Sehenswürdigkeiten von den Behörden zu sehen bekommt. Wir sind also mittlerweile immer an die gleichen langweiligen Geschichten gewöhnt. Wie kann man aus so einem Kreislauf ausbrechen?
Fabian Muir: Unter den Orten, die ich besucht habe, war überraschenderweise nur eine Provinz, die absolut tabu für Ausländer ist. Es war also wichtig, richtig zu verhandeln. In zwei Jahren war ich fünf Mal in Nordkorea. Du musst nur angeben, wohin du reisen willst, dann bekommst du eine Rückmeldung von den Behörden, und so geht das dann immer hin und her zwischen dir, deinem Reiseveranstalter und den Behörden.

Hast du viel Freiraum bekommen?
Ich durfte mich nur vier Mal wirklich allein umschauen, ansonsten waren immer zwei Guides dabei, die mich genau kontrollierten. Das wird immer so sein, da kommt man nicht drum herum, also muss man einfach lernen, schnell gute Fotos zu machen.

Deine Arbeiten vermitteln ein positives Bild des Landes. War das Absicht?
Ja. Das ist zwar vielleicht offensichtlich, aber mich hat die Vorstellung fasziniert, dass die Menschen inmitten dieses Wahnsinns einfach nur ein normales Leben führen. Kennst du Tomas van Houtryve? 2009 hat er einen berühmten Foto-Essay gemacht, The Land of No Smiles. Der Titel hat schon die Perspektive angedeutet. Diese Fotos hatte ich im Kopf, deshalb hat es mich so überrascht, dass sich mir bei meinen Reisen ein anderes Bild geboten hat, ein fröhlicheres und menschlicheres.

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Hat man versucht, deine Fotos zu zensieren?
Ich habe drei verschiedene Grenzen überquert. Zu Fuß, mit dem Flugzeug und mit dem Zug. Nie hat sich jemand meine Fotos oder Speicherkarten angeschaut. Die interessiert viel mehr, welche Dinge man mitbringt. David Guttenfelder, der mitgeholfen hat, ein Büro der Associated Press in Pjöngjang einzurichten, war 40 Mal dort. Er meint auch, dass sie bei ihm nie die Karten kontrolliert haben. Diese anderen Storys sollte man also mit Vorsicht genießen.

Muss man beim Fotografieren bestimmte Regeln einhalten?
Ich habe neulich ein Video gesehen, in dem ein extrem nervöser BBC-Journalist ein Foto machte, es aber so zugeschnitten hatte, dass die politischen Führer nicht ganz drauf waren. Da wurden sie wütend. Wenn man sie fotografiert, dann den ganzen Körper, man darf nichts abschneiden. Und man darf das Militär nicht fotografieren. Und keine Arbeiter, ich glaube, weil viele von ihnen auch Teil der Armee sind.

Reden wir über deine Bilder. Fangen wir mit den trostloseren Motiven an. Was ist mit dem kargen Feld? Der Mann wird wohl noch etwas auf die Ernte warten müssen.
Das war im Mai 2015 an einer Provinzstraße im Westen. Es hatte dort lange nicht geregnet. Klimatisch scheint es in dem Land immer zwischen den Extremen zu wechseln. Vielleicht hast du ja von den aktuellen Überschwemmungen dort gehört.

Es herrscht eine Menge Paranoia bezüglich des Wetters und sie reden recht offen darüber—über den "beschwerlichen Marsch" zum Beispiel, die große Hungersnot der 90er. Was das Foto hier angeht, so haben sich die Wolken meines Wissens erst im Juli so richtig geöffnet, was ihnen schon einen großen Teil der Jahresernte gekostet hat.

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Was ist mit dem Typen am Strand?
Es gibt diesen brillanten, mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Roman, Das geraubte Leben des Waisen Jun Do, von Adam Johnson, in dem er sich mit jeder Perversion, die dir je in Bezug auf Nordkorea zu Ohren gekommen ist, auseinandersetzt. Im Volksglauben ist die Stadt Wonsan der Ort, an dem du dich nach einer erfolgreichen Bürokratenkarriere zur Ruhe lässt. In dem Buch ist es allerdings ein Schlachthof, in dem Menschen zu Kleber verkocht werden.

Nachdem ich das Buch gelesen hatte, war ich von dem Land fasziniert. Wie sich herausstellt, ist es ein tatsächlich existierender Ferienort. Vor Kurzem haben sie sogar einen gigantischen Flughafen dorthin gebaut, auch wenn niemand weiß warum. Ich weiß nicht, ob jeder dorthin kann oder ob der Ort bestimmten Klassen vorenthalten ist. Die Hotels sind jedenfalls auffällig luxuriös. Es gibt dort auch Strandleben. Strandleben, wie wir es kennen: Kinder spielen im Wasser, die Leute haben Wasserspielzeug dabei. Das einzige, was einen daran erinnert, dass man sich dort in einer Zeitkapsel befindet, sind die extrem altmodischen Badeklamotten.

Ist das ein Kim-Jong-un-Blumenarrangement?
Komischerweise gibt es nirgendwo Bilder des aktuellen Herrschers in dieser Form zu sehen. Es gibt keine Großbilder von Kim Jong-un, wie sie sonst überall von von Kim Il-sung und Kim Jong-il zu sehen sind. Das hier war bei einer Blumenausstellung. Die finden relativ häufig statt. Die Begonien heißen Kim Jong Ilia und die violetten nennen sie Kim Il Sungia.

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Diese Picknickszene sieht fast europäisch aus. Wolltest du damit zeigen, wie "normal" es dort inmitten der ganzen anderen Dinge zugehen kann?
Das ist am Moran-Hügel in Pjöngjang. Wenn du solche dokumentarischen Aufnahmen in Nordkorea machst, sagen dir die Leute immer, dass alles, was du siehst, gestellt ist. Ich würde mir aber ernsthafte Sorgen machen, wenn sie 2.000 Menschen mobilisiert hätten, nur um mir was vorzuspielen. Picknicks siehst du überall in Nordkorea—die sind quasi Picknickfanatiker.

Hast du dir jemals Sorgen gemacht, nur als ein Spielball der Kims zu enden—dass du nur die Welt zeigst, die sie den Außenstehenden auch zeigen wollen?
Ich habe durchaus negative Reaktionen bekommen, aber diese Menschen sind selbst nie dort gewesen und sind auch nicht die Tausenden Kilometer gereist, die ich gereist bin. Die können einfach nicht verstehen, dass das hier eine sehr faire Repräsentation von dem ist, was ich erlebt habe. Ich habe versucht, eine gewisse Balance zu halten—der Bauer auf dem trocken Feld hier, der Ferienort dort. Aber manche Menschen weigern sich einfach zu akzeptieren, dass selbst in der Demokratischen Volksrepublik Korea Menschen Menschen sind—und sie sind so herzlich und spontan wie Menschen auf der ganzen Welt. Wenn du den Kritikern das Bild eines lächelnden Kindes zeigst, vermuten sie sofort, dass dahinter jemand mit Bajonett im Anschlag steht.

Danke, Fabian.

Mehr Arbeiten von Fabian gibt es hier.