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VICE Snow

Danny Larsens betrunkene Dämonen

Danny erzählt uns wie es sich anfühlt neben dem Louvre auszustellen, welche Krankheiten man vom Ausdruck "super stoked" bekommt und wieso Hæstkuk das schönste Kompliment der Welt ist.

Snowboarden ist cool und Kunst auch. Dass sich das verbinden lässt, haben wir von Danny Larsen gelernt, der beides ziemlich gut kann. Außerdem hat er uns erzählt, wie es sich anfühlt, neben dem Louvre auszustellen, und welche Krankheiten man vom Ausdruck „super stoked“ bekommt.

VICE: Wann hast du mit dem Zeichnen begonnen?

Danny Larsen: Ich schätze, ich habe immer schon gezeichnet, mein Vater ist ziemlich gut mit dem Pinsel, also kam das ganz von selbst. Ich habe viel gedoodelt, mehr gezeichnet habe ich dann, als ich bei der Pirate Movie Production eingestiegen bin. Sie haben sich sehr auf Kunst fokussiert und der Art Director Ludschi hat mich angespornt, etwas für das Art Book, das sie mit den DVDs rausgegeben haben, zusammenzustellen.

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Wann und wo zeichnest du normalerweise?

Ich zeichne die ganze Zeit, aber am glücklichsten bin ich, wenn ich zu Hause an meinem Küchentisch sitze, neben mir liegt ein riesiger Haufen an Stiften und Papier, mein Laptop spielt die Musik, von der ich inspiriert werden will, und ich habe unendlichen Nachschub an miesem Instant-Kaffee. Ich schätze, ich baue mir immer ein kleines Zeichen-Nest, wenn ich richtig reinkomme. Ich reise aber auch immer mit Stiften, verschiedenen Arten von Papier und einem Moleskine, man weiß nie, wann man eine gute Idee hat.

Du planst also nicht „Morgen Nachmittag zeichne ich“?

Naja, manchmal habe ich Deadlines, dann muss ich mich dazu zwingen, mich hinzusetzen und mir was einfallen zu lassen, aber das ist nicht meine bevorzugte Art zu arbeiten. Es ist etwas ganz anderes, wenn ich mich inspirieren lassen kann und in den Zustand gelange, in dem ich alles um mich herum vergesse. Schwieriger ist es, das zu erreichen, wenn man muss. Andererseits weiß ich, dass ich, wenn ich mich hinsetze und etwas zeichne, meistens kurz bevor ich fertig bin, eine viel bessere Idee habe. Zumindest hab ich inzwischen herausbekommen, wie mein Gehirn in Bezug auf Kreativität funktioniert, dann hilft es manchmal doch zu zeichnen, obwohl mir gerade nicht danach ist.

Wofür sind diese Deadlines?

Ich mache mehr und mehr für die Snowboardindustrie. Ich mache das Artwork für die meisten meiner Sponsoren und designe alles von Schuhen über Brillen bis zu ein paar Shirts hier und da. Ich gestalte auch die Covers für Bands, Skateboards für eine russische Skateboardfirma, die Freunden von mir gehört, und ich habe auch ein paar Boards designt. Zudem habe ich die Zeichnungen für die K2-Site gemacht, die 2012/13 rauskommen, und arbeite gerade an denen für 2013/14.

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Wie genau werden die neuen Boards aussehen?

Betrunkene Dämonen, inspiriert von 80er-Jahre Skate-Grafik, ein Klassiker.

Dämonen also. Ein paar deiner Zeichnungen machen mir eine Scheißangst. Wovor hast du eigentlich am meisten Angst?

Machen sie das wirklich? Das ist lustig. Ich denke, meine größte Angst, egal wie beschissen hippiemäßig das klingt, ist die Habgier der Menschen. Dinge, die die Menschen für ein bisschen mehr Besitz bereit sind zu opfern.

Das klingt poetisch. Du hast gesagt, du schreibst auch. Gedichte?

Keine Gedichte, ich bin ein kultureller Neandertaler, wenn es um Gedichte geht. Die meiste Zeit finde ich Lyrik verdammt nervig, um ehrlich zu sein. Ich weiß nicht genau, was ich schreibe, aber ich schätze, dass ich viel über meine Gedanken schreibe. Dinge, die mich nerven, glücklich machen, verwundern. Nachdem ich snowboarde, ist das hauptsächlich der Bereich, der mich inspiriert, also würde ich sagen, dass ich über meine Gedanken zum Snowboarden schreibe. Ich versuche gerade, ein Buch zu schreiben, habe aber keine Ahnung, worüber genau. Ich weiß zumindest, worüber ich nicht schreiben möchte, und zwar über das Snowboarden. Wahrscheinlich nicht der beste Start für ein Buch, aber es ist zumindest ein Anfang.

Zu wissen, was man nicht will, ist immer ein Anfang. Hast du schon was veröffentlicht?

Ja, ich hatte Kolumnen in norwegischen, deutschen und englischen Publikationen. Mein Deutsch ist ziemlich schlecht, also hab ich keine Ahnung, was da tatsächlich rausgekommen ist, aber die Übersetzer waren kluge Leute, also denke ich, dass es in guten Händen war. Ich bin übrigens auch dafür bekannt, der Typ zu sein, der „Erster!“ unter Online Posts schreibt. Das ist grundsätzlich dasselbe, oder? Also vergiss nicht, meine zukünftigen Publikationen im Comment-Feld von Facebook nachzulesen.

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Klingt toll, da bin ich super stoked. Übrigens das erste Mal, dass ich dieses Wort verwende.

Es ist ein beschissenes Wort, das ein bisschen zu viel beschreibt, um ignoriert zu werden. Ich will hier nur hervorheben, dass du nicht nur „stoked“, sondern „super stoked“ gesagt hast. Das ist ein bisschen, wie Aids mit Krebs zu haben, einfach einen Tick zu viel.

Erklär mir, wieso man nicht ein einziges Snowboardinterview findet, in dem das Wort nicht zumindest einmal benutzt wurde. Ich hab wirklich versucht, das rauszufinden.

Wir sind stumpfsinnige Schafe, es gibt kein Snowboardinterview, in dem „fun“ nicht als unser Hauptantrieb genannt wird. Wenn du in einer Szene abhängst, kopierst du die Leute um dich rum, das ist nur natürlich. Aber jetzt, da du es sagst, wünschte ich, wir hätten ein besseres Vokabular. Ich meine, da müssen doch mehr Wörter sein, mit denen man das Snowboarden beschreiben kann, anstatt immer zu sagen: „Mann, ich bin so stoked, es hat so viel Spaß gemacht!“ Sogar einfach zu sagen, „Ich hatte eine großartige Zeit!“, wäre wirklich super, aber was soll man machen.

Es gibt so viele schöne Wörter, ich würde prächtig oder brillant empfehlen. Es wäre super, ein Interview mit einem Boarder zu sehen, der gerade einen krassen Sprung hingelegt hat, zum Interviewer geht und sagt: „Ich hatte eine brillante Zeit in der Luft!“

Das wäre super! Ich schätze, der Gebrauch von „stoked“ ist gar nicht so schlimm. Mich enttäuscht eher das ewige gegenseitige Kopieren. Man glaubt zu sehen, wie ein Snowboarder sich zu verhalten hat, und das wird kopiert. Das verflacht die ganze Snowboard-Kultur, es fühlt sich an, als wären da immer weniger Ausnahmen, und das ist enttäuschend.

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Jetzt liegt es an dir, diese Revolution zu starten!

Ja klar, ich bin Che Guelarsen. Große Aufgaben liegen vor mir.

Du solltest Shirts mit deinem Kopf drauf drucken. Verwirkliche deinen Traum!

Ich befürchte, ich fände das unangenehm, wenn Leute mein Bild auf ihrem Shirt tragen. Da draußen gibt es großartige Leute, Leute mit Ideen, Kreativität und diesem kleinen Extra, das mir den Glauben an die Szene behält, und ich sehe mehr und mehr von ihnen auftauchen.

Wer zum Beispiel?

Wow, jetzt bringst du mich ordentlich in Verlegenheit. Die Leute bei den Videograss-Projekten sind starke Individuen und faszinierende Leute, die auch noch verdammt gut boarden. Die Videograss-Videos anzusehen ist, um den guten alten Forrest zu zitieren, „wie eine Pralinenschachtel, man weiß nie, was einen erwartet“. Ich denke der Hauptgrund, wieso sie so gut sind, ist, dass sie die Tatsache schätzen, dass sie alle verschieden sind. Sie betonen das sogar, was das Ganze viel unterhaltsamer und inspirierender macht, ich werde dieses Jahr auch mit ihnen filmen. Ich hab da vielleicht gerade schamlose Eigenwerbung gemacht.

Das ist okay, jeder ist sich selbst am nächsten. Wer ist dein Lieblingskünstler?

Theodor Kittelsen. Ich liebe es, wie er die Schönheit und die Dunkelheit vermischt und dadurch die Schönheit der Dunkelheit hervorbringt. Ich weiß nicht genau, wie ich es ausdrücken soll, aber er schafft es, Dinge zu porträtieren, vor denen wir uns hier oben im Norden fürchten. Er zeigt Dunkelheit auf eine attraktive Art und Weise, er romantisiert das Ganze fast schon. Verdammte Scheiße, ich höre mich an wie ein Kunst-Idiot. Ich hätte einfach bei „Sein Zeug ist prächtig!“ bleiben sollen.

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Auch das ist okay, wir sind da sehr tolerant. Wie bist du zu deiner ersten Ausstellung gekommen?

Die Pirate Movie Production hat eine Ausstellungstour veranstaltet, bei der ich ein paar von meinen Sachen gezeigt habe. Es war ein bisschen surreal, dass mein Zeug in einer Kunstgalerie in Paris gehangen hat. Da waren sogar kultivierte Pariser, die mit einem Glas Champagner in der Hand herumflaniert sind. Dann haben sie die Hand zum Bild bewegt und in wisperndem Französisch über mein Bild gesprochen. Das hat es dann tatsächlich wie ein Kunstwerk aussehen lassen. Wir waren weniger als fünf Minuten vom Louvre entfernt! Ich habe mich kaputtgelacht, war aber gleichzeitig auch sehr glücklich, dass das tatsächlich passiert.

Hast du was zu ihnen gesagt? Zum Beispiel: „Da habt ihr verdammt recht, Freunde!“

Nein, ich war zu beschäftigt damit zu lachen.

Verkaufst du deine Bilder auch oder stellst du sie nur aus?

Meistens zeichne ich sie, zeige sie meiner Frau und gebe sie in einen Ordner. Ich hatte Glück, zu den letzten paar Ausstellungen eingeladen zu werden, das ist alles ein bisschen neu für mich. Ich bekomme immer mehr Angebote, bei so was mitzumachen, und gleichzeitig interessieren sich auch immer mehr Leute dafür, meine Bilder zu kaufen. Manche verkaufe ich dann auch, aber es ist schwer, einen Preis dafür zu finden.

Wie entscheidest du dann über den Preis?

Ich habe keine Ahnung.

Hast du Snowboardkollegen, die malen?

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Nick Dirks kommt, glaube ich, gerade mit super Zeug heraus und natürlich Corey Smith. Ich kenne ihn nicht so gut, aber wir sind Cyber-Bekannte, und in einer Welt, in der Menschen LOL sagen, anstatt tatsächlich zu lachen, zählt das schon. Schophs Sachen sind auch richtig gut.

Bekommst du auch professionelle Aufträge? So was wie: „Hey, ich hab diese weiße Wand im Schlafzimmer, zeichne mir was Geiles!“

Haha, ich glaube nicht, dass ich jemals etwas „Geiles“ gezeichnet habe. Die meiste Zeit wollen die Leute, dass ich zeichne, worauf ich Lust habe, das ist super. Was am nächsten an einen richtigen Auftrag rankommt, ist das neueste Dead Trooper Cover. Sie wollten, dass ich ihnen etwas Mexikanisches zeichne, nachdem es ein fake Live-in-Mexico-Album ist.

Wenn ich fake Live-in-Mexico-Album höre, schießen mir da so einige Bilder durch den Kopf, die meisten von ihnen involvieren eine Mariachi-Band mit falschen Bärten.

Haha, sie haben einen großen Gig auf einem Metal Festival in Mexiko gespielt, aber nach dem zweiten Song hat es zu schütten begonnen, deshalb haben sie ein Proberaum-Album von den Liedern, die sie für ihre mexikanischen Fans gespielt hätten, aufgenommen. Mariachi Metal hört sich aber nach einer neuen Nische an.

Ja, das tut es wirklich, das könnte mein großer Moment sein.

Ein paar norwegische Black Metal Jungs haben gerade einen Song mit einem Banjo herausgebracht, also ja, ich denke, da bist du an was dran!

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Super, ich geb dir natürlich Credits, wenn ich ein riesiger Mariachi Metal Star bin. Als ich Google nach dir durchforstet habe, kam ich auf deinen Steckbrief auf der Etnies-Seite. Dort steht, dass dein Spitzname „Sunshine Unicorn“ ist, was ich großartig finde. Willst du mir erklären, wie deine Leute darauf gekommen sind?

Vielen Dank, aber leider hab ich den selbst erfunden. Ich erinnere mich, dass ich bei diesem Interview ein kleines bisschen verkatert war, ich hatte noch nicht mal Kaffee gehabt, da musste ich schon Etnies-Fragen via Web-Interview beantworten. Ich bin schon öfter „Darkness“ genannt worden, also hab ich beschlossen, das ein bisschen aufzumischen. Manchmal musst du den Leuten verweigern, was sie wollen, vor allem, wenn du noch nicht einmal deinen Morgenkaffee hattest.

Du solltest den Namen patentieren lassen und einen Arsch voll Geld damit machen. „Sunshine Unicorn“ könnte so was Pickiges, Süßes wie Twinkies werden.

Ich bin mir noch nicht sicher, wie ich das angehe, aber die Welt braucht definitiv eine neue Hello Kitty.

Kitten of Hell.

Fun! Super stoked!

Bin ich auch! Wieso haben so viele Snowboarder Schnurrbärte? Hat das aerodynamische Gründe?

Ja, das funktioniert wie ein Affenschwanz, gut für die Balance. Nein, nicht wirklich, aber es hat was mit Affen zu tun, Affen sehen, Affen machen. Ich habe einen Schnurrbart, weil ich endlich Bartwuchs habe.

Das ist ein vernünftiger Grund. Ich bin froh, dass ich keinen habe.

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Es ist weniger charmant bei der weiblichen Population.

Die allgemeine Meinung zu Frauen mit Schnurrbärten ist sehr negativ.

Kleinkarierte Idioten.

Genau. Zum Schluss würde ich dich noch gern was zur großartigen norwegischen Sprache fragen. Ich habe gehört, dass ihr super Schimpfwörter habt, welches ist das beste?

Ich denke, mein Lieblingsschimpfwort ist ein bisschen verwirrend, weil es hauptsächlich ein Kompliment ist. Wenn dich jemand „Pferdepenis“ nennt, ist das eigentlich nicht beleidigend gemeint, sondern mehr als universaler Spitzname für Menschen, die man mag, gedacht. Das norwegische Wort dafür ist „Hæstkuk“. Zum Beispiel: „Man muss sie doch lieben, diese Hæstkuk da oben im Norden.“

Das klingt wie ein sehr schmeichelhaftes Kompliment, ich werde versuchen, das in Österreich zu etablieren.

Haha, sehr gut. Und glaube mir, es hört sich gar nicht nach „bestückt wie ein Pferd“ oder so was an. Es ist mehr wie „du dreckiger, von Geschlechtskrankheiten infizierter Pferdepenis“.

Süß, also ist es ein Kompliment?

Ein sehr süßes sogar.

Dann sag ich danke für das Interview, du bist ein richtiger Hæstkuk.

Danke, du bist auf jeden Fall auch ein Hæstkuk.

Das ist so nett von dir!

Dieses Interview ist ins Absurde abgedriftet.

Illustrationen: Danny Larsen