Drogen sind an britischen Privatschulen strengstens verboten. Natürlich. Um sicherzugehen, dass die wohlhabenden Sprösslinge ihr Taschengeld nicht für Kiffe ausgeben, gibt es an manchen Internaten unangekündigte Drogentests, sogar Drogenspürhunde werden in die Schlafräume geschickt. Wird jemand erwischt, fliegt er oder sie von der Schule. Offiziell jedenfalls.
Aber genau wie in der restlichen Welt – Überraschung! – funktioniert diese Null-Toleranz-Politik auch in britischen Elite-Internaten nicht. Abseits der gepflegten Cricket-Felder, in den altehrwürdigen Hallen renommierter Bildungseinrichtungen wird gekifft und gekokst. Immer wieder gibt es Meldungen über dealende Schüler oder Koksgelage auf Klassenfahrten. Ex-Premierminister David Cameron gab öffentlich zu, während seiner Zeit auf dem Elite-Internat Eton reichlich gekifft zu haben.
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In den vergangenen fünf Jahren habe ich viel über die Gen Z geschrieben, über Kinder aus Sozialwohnsiedlungen und über die superreichen. Während die britische Jugend heutzutage lieber zu Hause mit Freunden abhängt, als sich an den Türstehern vorbei in Bars und Clubs zu quatschen, hat mich wirklich erschrocken, wie weit verbreitet der Drogenkonsum an Privatschulen anscheinend ist. Und je höher die Jahresbeiträge, desto schlimmer scheint es zu sein.
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Charles, 18, ist der Sohn eines Hedgefonds-Managers und besucht eine der teuersten und renommiertesten Schulen der Welt. Sein Alltag klingt mehr nach The Wolf of Wall Street als Club der toten Dichter.
“Wir hatten diesen Typen in unserem Jahrgang – sein Vater ist ein richtiger russischer Oligarch und Playboy”, sagt Charles. “Weil der Vater wollte, dass sein Sohn auch einen Ruf als Playboy hat, hat er ihn Partys in diesem riesigen Haus in London feiern lassen, mit Koks, Ketamin, Pilzen, Ecstasy, Premium-Alkohol und Edel-Escorts. Wir sind fast jedes Wochenende hingegangen. Die Partys sind dermaßen eskaliert, dass wir an einem Montag so fertig waren, dass die Schule allen Oberstufenschülern verboten hat, an den Wochenenden nach Hause zu fahren.”
Kinder aus extrem wohlhabenden und privilegierten Familien wachsen oft mit weniger elterlicher Aufsicht auf. Kindermädchen und Internate nehmen ihren Platz ein und die Eltern wiederum füllen ihre Abwesenheit mit Geld und Geschenken. “Seit ich Teenager bin, haben meine Mutter und mein Vater mich quasi machen lassen, was ich will”, sagt Charles. “Mein Au Pair war leicht zu überreden, mein Vater war immer mit der Arbeit beschäftigt und meine Mutter war entweder im Spa oder bei irgendwelchen Wohltätigkeitsgeschichten.”
Alonso hingegen lernte durch einen Schulwechsel eine ganz neue Welt kennen. Er hatte es mit einem Stipendium aus seiner “relativ beschissenen” Schule und einer Sozialsiedlung in die Oberstufe eines Internats geschafft. Normalerweise kostet ein Schuljahr dort umgerechnet 40.000 Euro. Die Drogen- und Partykultur an seiner neuen Schule überraschte ihn. “Zu Hause haben alle immer behauptet, Drogen zu nehmen, vor allem zu kiffen. In der Realität wurde aber mehr erzählt als konsumiert”, sagt er. “An meiner neuen Schule war es das genaue Gegenteil.”
Als sich Alonso an das Privatschulleben gewöhnt hatte und von seinen Mitschülern akzeptiert worden war, sah er, was sich hinter der Fassade abspielte. Die Bestrafung für Alkohol- und Drogenkonsum steht klar auf der Website und im Handbuch der Schule: Schulverweis. In der Realität sah es dann aber etwas anders aus.
Alonso berichtet von mehreren Schülerinnen und Schülern, die beim Trinken und Kiffen oder sogar mit Ecstasy und Koks erwischt worden waren, aber dafür kaum mehr als eine Verwarnung und ein paar Wochen Hausarrest bekommen hatten. Eine Person, die 12 Jahre an Alonsos Schule gearbeitet hat, erklärt den Grund für den großen Unterschied zwischen offizieller Haltung und Umsetzung an der Schule: “Man darf nicht vergessen, dass die Eltern viel Macht an Privatschulen haben. Die Schulen verbiegen sich regelrecht, um ihnen gerecht zu werden. Sie sind das, was man sehr geschätzte Kunden nennt”, sagt die Person, die unerkannt bleiben will.
“Wir hatten zahlreiche Drogenzwischenfälle während meiner Zeit an der Schule, die eigentlich mit einem Verweis geahndet hätten müssen. Stattdessen wurde abgewiegelt, verziehen oder vertuscht – meistens auf Druck der mächtigen und wohlhabenden Eltern.” Tatsächlich konnte sich die Person nur an einen Schüler erinnern, der jemals wegen Drogen von der Schule geflogen war: “Es war ein Stipendiat kurz vor der Mittleren Reife, der keine Schulgebühren zahlte. Er dealte alles, was er in die Finger kriegen konnte. Er hatte wahrscheinlich erkannt, dass seine Mitschüler sich die Drogen locker leisten können.”
Gerade bei teuren Drogen wie Kokain spielt Geld eine große Rolle. Natürlich gibt es zahlreiche Gründe, warum und welche Drogen junge Menschen nehmen, aber unterm Strich ist es so: Wenn du das Geld nicht hast oder dich nicht in Kreisen bewegst, in denen Drogen verfügbar sind, wirst du auch weniger wahrscheinlich Drogen nehmen. Mädchen aus wohlhabenden Familien sind dreimal so gefährdet, Alkohol- oder Drogenprobleme zu entwickeln wie ihre weniger betuchten Gleichaltrigen. Bei Jungs ist die Wahrscheinlichkeit doppelt so hoch.
Die 18-jährige Annabelle studiert an der renommierten Durham University. Das Elite-Internat davor verließ sie mit erstklassigen Noten und reichlich Kokain- und Adderall-Erfahrung. “Koks war für Spaß am Wochenende und das Adderall war für die Schulzeit”, sagt sie. “Ich kenne haufenweise Leute, die das nehmen, vor allem Mädchen während stressigen Phasen wie in Prüfungszeiten.”
Während Annabelle und ihre Freundinnen sich das ADHS-Medikament per Gruppenbestellung im Darknet besorgten, kauften sie das Koks bei einem Mitschüler, der es vom Dealer seines Vaters bekam. “Es war schon alles ziemlich absurd”, sagt Annabelle. “Mein Kumpel Greg wusste, dass sein Vater manchmal kokst. Also hat er sich die Nummer seines Dealers besorgt. Der Vater hat das nie erfahren, allerdings habe ich gehört, dass Greg nach dem Schulabschluss in eine Entzugsklinik ging. Das war auch definitiv nötig.”
Als ich Annabelle frage, ob Geld bei teuren Drogen wie Kokain jemals ein Thema gewesen sei, lacht sie nur.
Das soll jetzt nicht heißen, dass an britischen Elite-Internaten nur geballert wird, aber Drogen spielen an einigen der teuersten Schulen Großbritanniens definitiv eine Rolle. Wirklich verwunderlich ist das nicht. Kinder aus wohlhabenden Familien können es sich leisten, sich weniger um ihre Zukunft zu sorgen. Und wenn die Familie Millionen auf der Bank hat, machen die paar Hunderter, die man sich durch die Nase zieht, auch nichts aus.
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