Tätowiert, bebaucht und dafür verspottet, Protagonisten ohne Interesse an moderner Rollenverteilung in einer Beziehung: Das Trash-TV-Format Echte Männer von VOX präsentiert gleich fünf männliche Prachtexemplare, ein Format aus der Steinzeit.
Gleich vorweg: Dieses Sendung, in denen ein paar Typen mal so richtig an ihre Grenzen gelangen sollen, hat sich VOX nicht selbst ausgedacht. Das Ganze stammt aus Dänemark, hieß dort Real Man und war ein Wahnsinnserfolg. In Deutschland zeichnet sich bereits ab—Echte Männer ist ein Rohrkrepierer. Die sechsteilige Show startete direkt im Anschluss an die EM. Schließlich wollte man dem Herrn im Haus erneut Premiumcontent liefern. Ging aber in die Hose. Aber woran liegt das?
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Diese sogenannten echten Männer sind eine Mischung aus extrem übertriebenen Schluffis und Stereotypen, die man so schon x-beliebig oft in Hollywood-B-Movies weggelacht hat. Die wöchentliche, einstündige Folge erfüllt allein den Zweck, sich über die fünf Buddys lustig zu machen. Das geht schon beim Vorspann los: Die Boys hüpfen hoch hinaus in den babyblauen Himmel—natürlich mit nacktem Oberkörper. Das ist amüsant. Die Hintergrundmusik erinnert dabei an The BossHoss, diese Band, die immer ein bisschen zu breitbeinig durch die Gegend läuft.
Einer kotzt, weil es ihm zu scharf ist, und erzählt dann der Kamera, dass er von sich selbst enttäuscht ist. Dabei hängen ihm noch Kotzebrocken im fusseligen Bart.
Ansonsten plärren die ganze Show durch vor allem The Black Keys, oder das Dan-Auerbach-Nebenprojekt The Arcs. Das ist also Männermusik. Dazu müssen die gecasteten Krankenpfleger, Bestatter, Schlosser, Stallbetreiber und Trockenbauer zunächst Currywurst mit scharfer Soße futtern. Dieser Moment, in dem man sich fragt, wofür das jetzt genau gut sein soll, ist schnell vorbei. Ganz klar: Die Jungs werden vorgeführt. Einer kotzt, weil es ihm zu scharf ist, und erzählt dann der Kamera, dass er von sich selbst enttäuscht ist. Dabei hängen ihm noch Kotzebrocken im fusseligen Bart. Ein anderer wimmert sanft vor sich hin, nachdem er diese Challenge gewonnen hat. Der Rest trinkt fleißig Kakao aus Trinkpäckchen, weil das angeblich bei der Hotness der Mahlzeit hilft. O-Ton Andreas, der ansonsten ein großer Bratwurst- und Pommes-Fan ist: „Scharfes Essen brennt überall, merk ich, wenn ich aufm Pott bin.”
Was einem dieser Fernseh-Schmu beibringen will: Männer fressen nur Fast Food in sich rein, lassen sich von Frauen bekochen, wollen gleichzeitig mit jeder Person, die dem weiblichen Geschlecht angehört, knutschen und—naja—sind Egomanen. Als Nächstes steht zur Primetime ein Parcours an. Das erklärte Ziel der Sendung ist es ja, dass die gesamte Gruppe später bei einem Triathlon erfolgreich teilnehmen wird. Das heißt 1,5 Kilometer schwimmen, 30 Kilometer Mountainbiken und 10 Kilometer Crosslauf. Um mal im VOX-Jargon zu bleiben: Nix für Mädchen. Und so muss der Trupp mit seiner puren Manneskraft Fitness-First-mäßig Reifen umwerfen und gestapelte Palletten überwinden. Ihre Gegner bei diesem Wettbewerb sind tatsächlich ein paar Sportlerinnen. Zitat von Nerv-Kandidat Andreas: „Die mach ich platt.” Damit es für das Publikum richtig was zum Lachen gibt, haben die ehemaligen Couch-Potatos allesamt hautenge Leggins an und werden grundsätzlich in Slow-Motion gezeigt. Stichwort: Wangenfett.
Beim intimen Bro-Talk im Auto stellt sich zum Beispiel heraus, dass sie seit Start der Sendung viel besser beim Sex durchhalten. Was will man mehr?
Nächster Tagesordnungspunkt: im Dunkeln Veggie-Futter verdrücken. Nur sagt ihnen das keiner. Als sie nach und nach dahinterkommen, dass hier nicht ihr Lieblingsessen (also Hauptsache FLEISCH) serviert wird, steht ihnen der Frust deutlich ins Gesicht geschrieben. Allein der Sound vom Tofu-Kauen turnt ab. Als sie von ihrem Personal Trainer Helge erfahren, dass sie zukünftig weniger Rind und Hähnchen in sich hineinstopfen sollen, scheint für alle das Limit erreicht.
Was jeden durchhalten lässt, ist der Gedanke daran als Gewinnertyp hervorzugehen. Beim intimen Bro-Talk im Auto stellt sich zum Beispiel heraus, dass sie seit Start der Sendung viel besser beim Sex durchhalten. Was will man mehr? Dafür ringen sich die Jungs letztlich auch durch und kochen für ihre Frauen, Freundinnen und Familien rein vegetarisch. 2016 wirkt das für alle wie etwas komplett Neues. Eine Sache, die für sie jeglicher Logik entbehrt. Zum einen fehlt da das Filetstück, was sonst zu jeder vernünftigen Mahlzeit dazugehört, und zum anderen steht der sonst gefüllte Teller noch nicht auf dem Tisch, wenn die hart arbeitenden Kerle nach Hause kommen.
Fazit: Einfach alles an Echte Männer ist altbacken. Hier wird einem vermittelt, dass jeder Typ die ganze Zeit nur an heiße Girls denkt. Daneben noch Hobbys zu haben, erscheint fast unmöglich. Nur in den Einzelinterviews mit den Kandidaten deutet sich so was wie eine mögliche weitere Freizeitgestaltung an. Da sitzen die Männer nämlich vor ihren Werkelkammern, Geräteschuppen und Dartscheiben. Wenn sie den Mund aufmachen, kommt meist nicht so viel dabei herum. Außer natürlich man hört Andreas zu, wenn er über das Verschlingen von XXL-Burgern spricht: „Es ist egal, wie du danach aussiehst, denn der Burger gehört dir.” Ist klar.
„Es ist egal, wie du danach aussiehst, denn der Burger gehört dir.” Ist klar.
Für die Augen liefert VOX Boys in Muskelshirts und herausguckenden Unterhosen. Ob das am Ende vielleicht doch alles eine Show für deprimierte Single-Girls ist? Dass im Vorhinein Werbung für Essie-Nagellack ausgestrahlt wird und bei Prominent Ex-GNTM-Teilnehmerin Rebecca Mir glupschäugig über die krassen Essstörungen von Models berichtet, spricht dafür. Obwohl die Männer hier kein Bild von einem Holzhacker-Superman abgeben, sondern eher von so ziemlich verhuschten Jüngelchen: Die haben Angst im Dunkeln, lassen sich von Mama „Zauberküsschen” auf die Schnittwunde geben, die sie sich beim Kochen durch eigene Dummheit zugefügt haben, und beenden einen gelungenen Tag vor der Glotze. Zum Beispiel mit der aktuellen Folge, hier ist der Link.