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Abitur

Ein Abistreich in Neuss ist völlig eskaliert

"Als die Lehrer alles gesehen haben, sind manche in Tränen ausgebrochen, andere hatten Heulkrämpfe", sagt ein Abiturient des katholischen Gymnasiums.

Ein Abistreich ist selten eine Situation, in der die Nachwuchs-Elite dieses Landes vor Intellektualität und Stilsicherheit glänzt. An ihrem letzten Schultag wollen Abiturienten vor allem den Schulbetrieb lahmlegen, Fünftklässler beeindrucken und ihre schlecht sitzenden T-Shirts mit beknackten Mottos à la "Abigasmus – 12 Jahre bis zum Höhepunkt" der Welt präsentieren. In Neuss ist ein Abistreich nun allerdings eskaliert – wegen eines Pimmels.

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Die Abiturienten des katholischen Quirinus-Gymnasium in Neuss – eine Stadt, die vor allem für die bezaubernde Wollny-Familie und die Nähe zu Düsseldorf bekannt ist – klebten Anfang April für den Abistreich einen zwei Meter großen Penis aus Stickern an die Wand ihres Schul-Foyers. Aus dem Penis "spritzten" dann noch weitere Sticker, die offensichtlich Spermien darstellten, in Richtung eines Dutzend gedruckter Fotos von Lehrern und Lehrerinnen.

Der Pimmel im Foyer | Alle Fotos: Privat

Das war jedoch erst der halbe Streich. In eine Glasvitrine platzierten die Abiturienten außerdem einen 20-Zentimeter-Dildo, daneben legten sie ein XXL-Kondom und einen Zettel mit einer Grußbotschaft aus der Feder eines Dichters: "Weil sie jetzt nicht mehr mit uns ficken können – hier ein kleiner Ausgleich. XOXO Q2." Die Tafel eines Fördervereins überklebten die Schüler so, dass man dort "rein in den anus" las. Dank unseres Informanten-Netzwerkes konnten wir mit einem Beteiligten über die Be-Pimmelung der Schule reden.


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"Das war alles gar nicht geplant", sagt uns einer der Neusser Abiturienten, der lieber anonym bleiben möchte. "Wir haben uns am Vorabend des Abistreichs mit 30 oder 40 Leuten in der Schule getroffen und alles vorbereitet, also Luftballons aufgeblasen und so. Dann hatten wir noch eine Menge Sticker übrig. Da meinte einer: Lass uns doch einen Penis an die Wand kleben." Mit äußerster Präzision wurde daraufhin das männliche Geschlechtsteil dargestellt. Unser anonymer Informant erzählt weiter: "Dann wurden noch Bilder von unbeliebten Lehrern ausgedruckt und danebengeklebt." Auch für die dildo-eske Krönung des Streiches scheuten die Abiturienten keine Mühen: "Einer ist noch spontan in einen Late-Night-Sexshop nach Düsseldorf gefahren und hat für 50 Euro den Dildo gekauft."

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Dildo und Botschaft

Was bis hierhin ziemlich witzig klingt, löste bei den Betroffenen aber Bestürzung aus. "Als die Lehrer am Tag des Abistreichs den Penis und ihre Fotos gesehen haben, sind manche in Tränen ausgebrochen, andere hatten sogar Heulkrämpfe", sagt der Abiturient. "Wir haben dann alles in kürzester Zeit entfernt." Der schiefgelaufene Abistreich hat Konsequenzen für den Jahrgang. Drei Lehrerinnen des Gymnasiums verfassten einen Brief an die Schüler, in dem sie sich über die "sexistischen, überaus niveaulosen, sehr respektlosen und ehrabschneidenden" Wandgestaltungen beschwerten, "die das gesamte Lehrerkollegium diffamieren". Aus Protest legten die Lehrerinnen ihre Mitwirkung an den Vorbereitungen des Abiturgottesdienstes nieder.

Das Schreiben der Lehrerinnen

"Der Abi-Gottesdienst steht jetzt auf der Kippe, die Zeugnisvergabe soll auch gestrichen werden", sagt unser Informant, "aber mehr können die uns auch nicht." Man halte zusammen und würde nicht verraten, wer für die Pimmel-Eskalation verantwortlich ist.

Für unseren Neusser Abiturienten ist die Reaktion der Schule völlig übertrieben. "Wie kann die Situation mit einem Penis so krass eskalieren?", fragt er. "Weißt du, die wirklichen Probleme an der Schule werden natürlich nicht angesprochen. Lieber über Pimmel diskutieren als über den Zustand der Toiletten oder darüber, dass zehn Prozent des Unterrichts einfach ausfallen." Auch für die Konferenz, die die Schule zur Deeskalation einberief, fielen Unterrichtsstunden aus.

Die Tafel des Fördervereins

Die Eskalation in Neuss lenkt nicht nur von den eigentlichen Problemen des Gymnasiums ab, sondern auch von anderen völlig verfehlten Abistreichen. So backte in Rheine ein Abiturient einen Hasch-Kuchen und verfütterte ihn im Erdkundeunterricht an unwissende Lehrer und Schüler. Zwei Lehrer und sechs Mitschüler mussten danach wegen Übelkeit ins Krankenhaus gebracht werden.

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