Ein BVB-Fanclub und sein aufgebauschter Kampf gegen Rechts

„BVB-Fanclub gibt Engagement gegen Rechts vorerst auf”, titelte der WDR. Die Website sport.de drückte es noch drastischer aus: „BVB-Fanklub kapituliert vor rechter Hetze”. Grund für die sprachgewaltigen Worte in den Titelzeile war der Fanclub BVB Freunde Deutschland, der in einer Stellungnahme seinen aktiven Kampf gegen Rechts für „vorerst beendet” erklärte.

„Wir haben zahlreiche Morddrohungen erhalten, Anrufe mit Gewaltandrohungen, tausende Mails mit rechtem Gedankengut und auch der Postbote brachte Briefe mit skurrilen Inhalten”, erklärte der Fanclub in seiner Stellungnahme. Weitere Gründe für den Rückzug seien die mangelnde Unterstützung von BVB-Fans und der Politik in Dortmund gewesen, sowie die Fangruppierung 0231 RIOT, die laut Stellungnahme „das Kommando auf der Südtribüne übernommen hat”. Der Fanclub wurde Anfang des Jahres mit dem Statement AfD-Wähler auszuschließen deutschlandweit bekannt und gibt an, dass er „seit 12 Jahren aktiv gegen gegen Rassismus” arbeitet. Aktive Fans, Stadiongänger und das größte BVB-Fanzine schwatzgelb.de wunderten sich jedoch über den Aufschrei rund um den ominösen Fanclub.

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Die breite und aufsehenerregende Berichterstattung rund um den unbekannten Fanclub machte viele BVB-Fans stutzig. Auf Twitter fragten einige irritierte BVB-Fans beim Fanclub über deren bisheriges Engagement nach, doch der wich den Fragen aus. Unter anderem das BVB-Fanzine schwatzgelb.de suchte nach Antworten. „Mit so vielen Mitgliedern wären die BVB Freunde Deutschland zweifelsfrei der größte BVB-Fanclub in der Bundesrepublik”, schrieb schwatzgelb.de in einem Text zur Einordnung der Berichte über die 1.382 angegebenen Mitglieder des Fanclubs. Das gutvernetzte Magazin fragte bei den großen Fan-Institutionen wie der BVB-Fanabteilung, dem Bündnis Südtribüne Dortmund oder dem Fanrat nach, doch der Fanclub schien auch dort recht unbekannt zu sein. „Wo wir auch nachgefragt haben, die BVB Freunde Deutschland sind bisher weder im Stadion noch darüber hinaus in Erscheinung getreten.” Das Fanzine erklärt dies damit, dass es sich um keinen „Fanclub im klassischen Sinne” handelt, der gleichgesinnte Fans aus einer Region organisiert, sondern um eine „lose Gemeinschaft von Internetnutzern”. Vor allem die berichtenden Medien werden daher für ihre Berichte kritisiert.

„Viele Medien übernahmen die Stellungnahme, ohne sie zu hinterfragen oder die Rolle der BVB Freunde Deutschland in den Gesamtkontext antirassistischer Arbeit von Verein und Fans einzuordnen”, schrieb schwatzgelb.de. „Aufgeben” oder „kapitulieren” in Bezug auf den Kampf gegen Rechts vermitteln suggestiv ein ziemlich düsteres Bild rund um das Problem der Diskriminierung im Umfeld von Borussia Dortmund Es seien knallige Aussagen in den Titelspalten, die in der Welt des Klick-Journalismus gut funktionieren. Der BVB und seine Südtribüne stehen schließlich nicht erst seit den antisemitischen Gesängen im Sonderzug zum Pokalfinale in Generalverdacht, auf der Südtribüne rechtsgesinnte Fans wie junge Offensivtalente heranzuzüchten.

Der Kritikpunkt: „Dass die BVB Freunde Deutschland also—um es mal vorsichtig auszudrücken—nicht die Speerspitze des antirassistischen Engagements bei Borussia Dortmund bilden, hätte man mit weniger als einer Stunde Recherchearbeit herausfinden können.” Der Fanclub bauschte sich und seine eigene Antidiskriminierungsarbeit gerne auf, die Medien fraßen es. Die Fans fühlen sich—wie so oft—von den Medien und ihrer populistischen Berichterstattung übergangen. Denn laut vielen Anhängern würde eine gründliche Berichterstattung über die tatsächlichen Probleme des Vereins diese Probleme wesentlich besser bekämpfen. Dabei hoben Nutzer auf Twitter oder schwatzgelb.de auch gute Berichte und Reportagen aus der Vergangenheit hervor.

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Der Verein Borussia Dortmund stellte indes in einer eigenen Stellungnahme klar, dass die BVB Freunde Deutschland eineingetragener Fanclub seien und der Verein damals dem Fanclub sowie seiner Diskriminierungsarbeit weitreichende Unterstützung zugesagt hatte. Auf die Berichterstattung rund um die aufsehenerregende Stellungnahme des Fanclubs hätte der Verein wohl gerne verzichtet. Auch deshalb erklärte der Klub sich weiter „aktiv gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung einzusetzen”—wenn das mal nicht ein Bericht wert ist.