Allein am Handy: Eine junge Britin vor einem Club in Wigan | Foto: Imago
Hi, mein Name ist Anna und ich bin introvertiert. Außerdem mag ich elektronische Musik und hänge gerne mit meinen Freunden ab. Entgegen landläufiger Meinung bedeutet introvertiert sein nämlich nicht, dass du sozial total unfähig bist. Dass ich introvertiert bin, bedeutet eigentlich nur, dass ich meine Energie eher aus mir selbst herausziehe als aus der Interaktion mit anderen Leuten. Während eine extrovertierte Person ihren Kick vielleicht dadurch bekommt, dass sie an der Bar mit fremden Leuten quatscht, bekomme ich meinen durch etwas, das Psychologen „einsame Betätigung” nennen. Dazu gehört zum Beispiel, einen Essay über Introvertiertheit und Clubbing zu schreiben, während ich dabei über meine Kopfhörer Dauwd höre.
Wie viele andere Introvertierte finde ich Smalltalk nicht einfach nur langweilig, sondern körperlich anstrengend. Das heißt, dass es für mich ziemlich kräftezehrend sein kann, auf Partys zu gehen, bei denen ich niemanden kenne. Ein lauter Ort mit vielen externen Stimuli und fremden Leuten—aka: Clubs!—mutet auf den ersten Blick also nicht unbedingt als die passendste Umgebung für einen introvertierten Menschen an. Ich bin jedoch hier, um euch zu sagen, dass es Mittel und Wege gibt, damit euch eure persönlichen Eigenheiten nicht den Dingen in die Quere kommen, die ihr gerne macht.
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Tatsächlich ist Clubbing, wenn du es richtig anstellst, eigentlich das Beste, was du als introvertierter Mensch machen kannst. Deine Lieblingsmusik in einem dunklen Raum hören, mit optionalen, kurzen Unterbrechungen, in denen du dich mit deinen Freunden unterhalten kannst, das klingt doch schwer nach dem Paradies. Hier ist er also, mein Clubbing-Guide für Introvertierte:
1. Geh nicht einfach auf jede beschissene Party
Wenn du dich aus der Komfortzone der eigenen vier Wände nach draußen bewegst, steht und fällt der Spaßfaktor damit, wie sehr dir die DJs im Line-Up gefallen. Auch wenn diese Weisheit so ziemlich alle Menschen betrifft, wird ein Extrovertierter auf einer grottigen Party immerhin noch seinen Spaß damit haben, sich mit den ganzen Knallköpfen im Raucherbereich zu unterhalten. Für die meisten Introvertierten gilt allerdings: Wenn dich der Abend musikalisch nicht interessiert, bleiben dir kaum noch andere Vorteile davon, dich in einen Raum mit flackernden Lichter zu begeben, in dem du dein eigenes Wort nicht verstehst, geschweige denn das deiner Kumpels. Such dir deine Clubabende also bewusst aus.
2. Geh in kleinen Gruppen aus und nur mit Menschen, die du wirklich kennst
Ich gehe ungern in großen Gruppen oder mit Menschen in Clubs, die ich nicht so gut kenne. Sorry, so ist das halt. Ich bevorzuge es, wenn die Partytruppe übersichtlich bleibt und auf meine Liebsten und Nächsten beschränkt ist—entspannte Menschen, von denen ich weiß, dass sie mir nicht meine ganze Energie rauben werden. Oder anders gesagt: Ich gehe ausschließlich mit Leuten aus, mit denen ich über den Smalltalk-Status hinaus bin. Seien wir doch ehrlich, du wirst bestimmt keinen Zustand der inneren Erleuchtung erreichen, wenn du dir von anderen Leuten anhören musst, wie lange sie heute auf den Bus gewartet haben.
Foto: Bruno Bayley
3. Chill zu Hause, bevor es losgeht
Nimm dir die Zeit, die du brauchst, um dich fertig zu machen. Socializing als Introvertierte funktioniert in einer konstanten Schleife aus Interaktion und Erholungsphasen. Das mag jetzt gegen deine Intuition gehen, aber wenn du dich im Beisein anderer Menschen von deiner besten Seite zeigen willst, dann nimm dir vor der Party etwas Zeit für dich. Du musst dabei auch nichts besonders Abgedrehtes oder Ausgefallenes machen. Spring einfach unter die Dusche, leg einen Mix von dem DJ auf, für den du diesen ganzen Aufriss hier betreibst, und schenk dir ein leckeres Glas Gin-Tonic ein.
4. Such die Bar zum Vorglühen aus
Die eine Sache, die mir Clubs so richtig vermiest, ist das ewig lange Vorspiel. In einer überfüllten Bar rumzustehen und sich mit Menschen zu unterhalten, die ich nicht kenne (siehe oben), ist unglaublich anstrengend und dementsprechend bin ich dann, wenn wir endlich im Club ankommen, bereits total bedient und will einfach nur noch nach Hause. Aber auch hier gibt es eine recht einfache Möglichkeit, dieses Risiko zu minimieren. Wenn du die Bar aussuchst, kannst du aktiv dafür sorgen, dass deine Stimmung oben bleibt, indem du einen Ort auswählst, der nicht total überlaufen ist. Du willst dich langsam an deine Partynacht herantasten und nicht sofort eine Kopfnuss verpasst bekommen, bevor du überhaupt die Chance hattest, dich auf den Kampf vorzubereiten.
5. Begib dich so schnell wie möglich auf die Tanzfläche
Der warme, gemütliche Kokon der Tanzfläche ist der Grund, warum du diese ganze Scheiße hier überhaupt mitmachst. Genieß sie also. Lass dich mitreißen. Wiege dich sachte in den lieblichen Tönen melodischen Technos. Hör einfach auf die Musik. Du musst mit niemandem sprechen—verdammt, du musst noch nicht mal irgendjemanden anschauen. Einfach nur himmlisch!
6. Wenn du gehen willst, dann geh einfach
Fühl dich deswegen nicht schlecht und lass dir von niemandem deswegen ein schlechtes Gewissen einreden. Nicht jede Party hat das Zeug dazu, die legendäre, epische Feier zu werden. (Ja, du wirst dich trotzdem schlecht fühlen, wenn du abhaust.)
Foto: Robert Foster
7. Geh zur Afterhour bei deinen Freunden
Du hast bis zum Ende durchgehalten! Jetzt kannst du dich mit einer schönen Afterhour belohnen. Sie ist der perfekte Ort, um dich mit deinen Freunden auszutauschen und ein paar tiefgreifende Gespräche zu führen. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung hassen es Introvertierte keineswegs, sich mit anderen Menschen zu unterhalten. Tatsächlich finden viele von uns große Freude in prätentiösen, pseudo-philosophischen Diskussionen mit einem engen Freund oder einer engen Freundin. Und wo lässt sich so etwas besser führen, als um 7 Uhr morgens beim Sonnenaufgang auf einem Hausdach in Osnabrück?
8. Fühl dich nicht schlecht, wenn du am nächsten Tag aufwachst und alle Termine absagst
Du brauchst Erholung—nicht nur von deinem Kater! Die Zeit, die du dir vorm Ausgehen für dich genommen hast, hat dir vielleicht genug Energie gegeben, um dich durch die Nacht zu bringen. Die Chancen stehen aber nicht schlecht, dass du dich zumindest jetzt total ausgelaugt fühlst. Stell dein Handy auf Flugmodus, leg Kiasmos auf und suhle dich in deiner selbstgefälligen Einsamkeit.
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Dieser Artikel ist vorab auf THUMP erschienen.
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