Die Welt der Michelin-Restaurants war historisch gesehen immer mit einer exklusiven Atmosphäre behaftet: Dreisprachige Kellner servieren den Gästen ausgeklügelte Gerichte, die man in einigen Fällen auch mit einem Kunstwerk verwechseln könnte.
Es war also eine Überraschung, als letztes Jahr das ziemlich günstige Tsuta in Tokio, der Welthauptstadt der Michelin-Sterne, als erstes Ramen-Restaurant einen der begehrten Sterne erhalten hat. Jetzt bekommt das Tsuta Gesellschaft: Nakiryu, ebenfalls in Tokio, hat im neuesten Guide Michelin einen Stern verliehen bekommen.
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Das Nakiryu liegt nur ein paar Minuten zu Fuß vom Tsuta entfernt und ist vor allem für seine tantanmen bekannt ist, eine Art Kombination aus Ramen und Dan Dan Mian, scharfen Sichuan-Nudeln. Dan Dan Mian allein sind schon legendär, aber wenn man sie mit Ramen kombiniert, entsteht eine ganz neue Geschmackswelt. Nachdem die Auszeichnung verkündet wurde, hat die japanische Nachrichtenseite Rocket News 24 eine Schüssel Nudeln dort probiert und war „absolut begeistert”. Nicht schlecht für eine Schüssel Ramen, die umgerechnet circa 6,50 Euro kostet und die man sich an einem Automaten bestellt.
Es scheint eine Demokratisierung des Reiseführers im Gange zu sein: Neben dem Tsuta und dem Nakiryu haben auch andere günstige und vergleichsweise legereLokale Sterne bekommen. Vor ein paar Jahren hat das Dim-Sum-Restaurant Tim Ho Wan in Hongkong einen Stern erhalten—ein Journalist von VICE, der „genug Essen für zwei oder drei Leute bestellte”, gab dort insgesamt umgerechnet 8,70 Euro aus. Dieses Jahr hat auch ein Imbiss in Singapur, HK Soya Sauce Chicken Rice and Noodle, einen Stern gewonnen: Hier gibt es Nudeln für umgerechnet etwa 1,40 Euro.
Wenn du Sterne-Ramen essen möchtest, bleibt dir nichts anderes übrig, als nach Tokio zu fliegen und dich mit allen anderen brav anzustellen—jetzt wahrscheinlich mehrere Stunden lang.
Doch vielleicht ändert sich das bald, immerhin hat Tim Ho Wan schon eine Filiale in New York eröffnet und auch der Imbiss aus Singapur will so groß werden wie KFC. Vielleicht zieht es die Restaurants ja auch nach Europa.
Für einige mag die Globalisierung mit vielen Sorgen verbunden sein, noch mehr Michelin-Essen, das weniger als zehn Euro kostet, gehört wahrscheinlich nicht dazu.
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