Bei der dritten und letzten Präsidentschaftsdebatte zwischen Hillary Clinton und Donald Trump kam es wenig überraschend erneut zu einem verbalen Ausfall des Republikaners gegen die erfahrene Politikerin. Trump bezeichnete Clinton als „nasty woman” und zementierte damit einmal mehr, dass er nicht nur ein Problem mit Menschen anderer Hautfarbe und Religion, sondern auch mit dem weiblichen Geschlecht hat. Trotzdem hält ihm eine Frau weiterhin unverrückbar die Stellung: Melania Trump.
In einem ihrer seltenen Fernsehauftritte hat das ehemalige Model und die potenzielle First Lady Melania Trump am Montagabend (also vor der letzten Debatte) mit dem amerikanischen Journalisten Anderson Cooper gesprochen, um die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass ihr Ehemann kein Frauenhasser ist.
Videos by VICE
Egal welcher Vorwurf auf den Tisch kam—von dem heimlich mitgeschnittenen Gespräch zwischen Donald Trump und Billy Bush bis hin zu den zahlreichen Missbrauchsvorwürfen—, Melania verteidigte ihren Mann eisern. Sie wich sogar von ihrem vorhergehenden Statement, in dem sie sich enttäuscht über Bemerkungen wie „grab her by the pussy” zeigte, ab und beteuerte, dass ihr Mann „von dem Moderator dazu angestachelt wurde, dreckige Sachen zu sagen.”
Mehr lesen: Wäre die Welt besser, wenn Putin und Erdoğan weiblich wären?
Melania verteidigte Trumps Verhalten außerdem als eine Art leichtsinnigen Ausrutscher, eine Folge seines jungenhaften Wesens. „Ich sage manchmal, dass ich zwei Jungs zu Hause habe: meinen kleinen Sohn und meinen Mann. Ich weiß aber auch, wie manche Männer reden … so habe ich das gesehen.” Als sie konkret zu den Vorwürfen der Journalistin Natasha Stoynoff vom People Magazine befragt wird, die behauptet, Donald Trump hätte sie während einem Interview bedrängt, bezeichnete sie Teile des Artikels als schlichtweg erfunden. Unter anderem hatte Stoynoff angegeben, dass der Unternehmer ihr ungewollt seine Zunge in den Hals gesteckt und davon gesprochen hätte, mit ihr eine Affäre starten zu wollen. Eine Geschichte, die von mittlerweile sechs Quellen bestätigt wurde.
„Im selben Artikel hat sie auch etwas über mich geschrieben”, sagte Melanie Trump. „Sie behauptete, sie hätte mich auf der 5th Avenue getroffen und ich hätte zu ihr gesagt: ‚Natasha, wie kommt es, dass wir überhaupt nichts mehr von dir hören?’ Ich war noch nie mit ihr befreundet. Ich würde sie auf der Straße gar nicht wiedererkennen.”
Folgt Broadly bei Facebook, Twitter und Instagram.
Während sich die Beweise für Trumps Frauenfeindlichkeit immer weiter erhärten, ist es immer schwieriger nachzuvollziehen, warum Melania weiterhin unerschütterlich zu ihrem Mann steht. Im besten Fall ist der schließlich ein peinlicher Frauenverachter, im schlimmsten Fall ein Triebtäter. Dr. Nicole Martinez, Psychologin und Beziehungsexpertin, meint, dass Melania nicht viel anders ist, als diese eine Freundin von uns, die ihren dämlichen Freund immer wieder in Schutz nimmt.
Wenn dir Melanias widersprüchliche Art also bekannt vorkommt, dann liegt das daran, dass ein derartiges Verhalten ganz normal für Frauen ist, die trotz allem bei ihren unbestreitbar ätzenden Partnern bleiben. In Martinez’ Augen sprechen Melanias Reaktionen (genau wie ihre Passivität) Bände. Während der gesamten Wahlkampfkampagne ihres Mannes und seiner unzähligen anstößigen Äußerungen, blieb es relativ still um sie—zumindest bis jetzt. In ihrem aktuellen Interview präsentierte sie sich derweil als starke und unabhängige Frau. „Sie hat auffällig viele Schlagworte verwendet”, sagt Martinez. „Mit solchen Aussagen wie ‚Ich bin so stark und so unabhängig’ hat sie versucht zu beweisen, dass sie das genaue Gegenteil von ihrem Verhalten ist.”
Viele Frauen sagen ihren Freunden und ihrer Familie nicht, dass ihr Mann fremdgegangen ist, weil sie nicht wollen, dass sie ihn nicht mehr mögen.
Martinez weist auch daraufhin, dass Melania nicht in der Lage zu sein scheint zuzugeben, dass ihr Mann im Unrecht ist—obwohl es nicht an Beweisen mangelt, die gegen ihn sprechen. Stattdessen gibt sie fortwährend anderen Leuten die Schuld für die Fehler ihres Mannes. „Das ist ganz typisch”, erklärt Martinez. „Viele Frauen sagen ihren Freunden und ihrer Familie nicht, dass ihr Mann fremdgegangen ist, weil sie nicht wollen, dass sie ihn nicht mehr mögen.” Sie erklärt auch, dass Menschen in ungesunden Beziehungen oft nicht zugeben wollen, dass sie sich freiwillig für jemanden entschieden haben, der so schrecklich ist. Darum versuchen sie ihre Scham zu mindern, indem sie so tun, als wäre ihre Partner gar nicht so schlimm.
Mehr lesen: Die Wahrheit hinter der einen großen Liebe
Auch wenn diese Beziehungsdynamik sehr weit verbreitet zu sein scheint, glaubt Martinez, dass man nie mit hundertprozentiger Sicherheit sagen kann, was Melanias wahren Beweggründe sind. „Es könnte einfach nur daran liegen, dass sie ihn liebt. Es könnte aber auch mit Geld zu tun haben oder damit, dass sie davon eingeschüchtert ist, mit einem reichen, mächtigen Mann zusammen zu sein.” Was sie weiß, ist, dass Frauen in Beziehungen mit Männern wie Donald Trump es in der Regel sieben oder acht Mal versuchen, bis sie es endgültig schaffen, sich von ihrem Partner zu lösen.
Martinez’ Erfahrung nach teilen Frauen, die die Fehltritte ihrer Partner leugnen, letztendlich oft dasselbe Schicksal: Es wundert wohl niemanden, sagt Martinez, dass „sie am Ende immer betrogen werden.”