Header: Gerard mit Blick auf den Anfang, Ilias im Bandfoto-Modus. Alle Fotos vom Autor
Die Musikwelt befindet sich durch Social Media und Streaming seit ein paar Jahren im ärgsten Umbruch seit der Compact Disk und wer da nicht mithalten kann, wird abgesägt. Gerard hat das erkannt und beschlossen, Sachen lieber selber zu machen und mit futuresfuture sein eigenes Label/Agentur/Verlag-Ding zu gründen. Dazugeholt hat er sich dafür Ilias Dahimène, der schon die Labels Seayou, Problembär und Redelsteiner Dahimène Edition schupft und damit nicht nur die Infrastruktur-Basis, sondern auch das nötige Know-How mitbringt. Die zwei kennen sich zwar erst seit einem halben Jahr, erkannten aber sofort, dass sich ihre Vorstellungen überschneiden und so wird mit Jänner 2017 das Label offiziell starten.
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Mit einem Start-Roster, das dem Labelnamen sehr gerecht wird: Jugo Ürdens, Schönbrunner Gloriettenstürmer und M.P. kennt man auch außerhalb von Kennerkreisen schon (zum Beispiel von uns) und Naked Cameo und Bitten By werden auch im kommenden Jahr ihr erstes Material veröffentlichen. Alles Künstler, die Genregrenzen aufbrechen und das Potential haben, irgendwann die Stadthalle zu füllen. Das steht zumindest im Zehnjahresplan laut Gerard: “Im nächsten Jahr sollte jeder unserer Acts etwas veröffentlichen. In spätestens fünf Jahren sollte jeder, mit dem wir zu tun haben, von Musik leben können. Und in spätestens zehn Jahren sollten sie in der Stadthalle spielen. Wenn wir das bei jemandem nicht sehen, dann arbeiten wir nicht mit denen.”
Das Besondere an futuresfuture—abseits der Acts—wird die Verknüpfung von drei Geschäftszweigen: Arts, Brands und Lab. Mit Arts ist das Label gemeint und das Brands wird die Zusammenarbeit mit Marken sein, die mit der Philosophie des Labels einhergehen. Mit Lab decken sie alles, was nicht in die zwei anderen Zweige passt. Konkret heißt das, dass sie derzeit zum Beispiel an einer App arbeiten, die dem Künstler genau zeigt, wie viel für sie gearbeitet wird und wie viel das Label dabei an Geld für sich abzweigt. Sie soll Transparenz schaffen, die für Gerard im Musikgeschäft bisher gefehlt hat.
“Es wird ein bisschen versucht, die Leistung zu verschleiern, sodass man sich als Künstler nicht beschweren kann, weil man nicht weiß, was passiert”, sagt er im Noisey-Gespräch. Das soll es bei seinem Label nicht geben. Die Künstler werden nur für einen Release unter Vertrag genommen und wenn sie sich danach dafür entscheiden, zu einem anderen Label zu wechseln—weil sie vielleicht zu groß werden—, bieten sie weiterhin Management-Dienste an. Sie begleiten die Künstler einfach bei ihrem Werdegang und verzichten dabei auf Verträge, die gleich mehrere Alben verlangen.
Das ist natürlich auf dem Papier riskant, weil die Künstler jederzeit wieder abhauen können, wenn sie mehr Erfolg wittern, erfahrungsgemäß bleiben sie aber, wenn das Label gute Arbeit leistet. Ilias macht das bei seinen anderen Labels genau so und bisher sind ihm von den 70 Acts nur zwei abgeworben worden. Eine davon ist Wanda und selbst da konnte er die zweitgrößte Summe bieten, neben Sony und Warner. Mit den Großen können sie also mittlerweile auch mithalten, das gibt ihnen Selbstvertrauen. Dass durch dieses Modell den Künstlern auch der Druck genommen wird, in einer gewissen Zeit so und so viele Alben rauszuhauen und stattdessen auf Qualität setzen zu können, spricht für eine schöne Zukunft. Nicht nur für das Label—auch für alle gesignten Künstler.
Wenn ihr wollt, dass sich Gerard eure Demo anhört, könnt ihr das hier machen. Er hat mir versprochen, sich alle anzuhören. Sein neues Album AAA erscheint übrigens im ersten Halbjahr 2017, zum ersten Mal auf seinem eigenen Label.
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