Dieser Artikel ist Teil unserer laufenden Berichterstattung über die schwarz-blaue Regierung, die wir hier unter dem Namen “Schwarz-blaue Geschichten” gesammelt haben.
Wolfgang Schüssel war so vieles: Testimonial für randlose Brillen, der Mann, der neben Jörg Haider in einem Cabrio saß, ÖVP-Chef und Österreichs erster “Schweigekanzler”. Aufgrund seiner quasi nichtvorhandenen Kommentare zu Aussagen des Koalitionspartners FPÖ wurde ihm damals dieser ehrenvolle Titel verliehen.
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Und als hätten wir nicht schon genug vom allgemein ziemlich abgefuckten schwarz-blauen Geist der Vergangenheit, scheint uns mit Sebastian Kurz nun die Reinkarnation des “Schweigekanzlers” geschenkt worden zu sein. Ja, ihr habt richtig gelesen: Wir haben “geschenkt” geschrieben. Aber wir meinen nicht die Art von Geschenken, über die man sich freut. Wir meinen die Geschenke, die man schon am ersten Tag auf Willhaben stellt, um sie an wildfremde Menschen zu verschenken.
Was Sebastian Kurz seit seinem Amtsantritt als schnittigster Bundeskanzler des Universums genau macht, wissen wir nicht. OK, er sagt Dinge wie “Genau so falsch wie die Hetze ist die Träumerei” oder bezeichnet Michael Jeannée als “kritischen Journalisten”. In diesem Artikel soll es aber darum gehen, was Sebastian Kurz eben nicht gemacht hat. Was folgt, sind einige Dinge, zu denen man als Bundeskanzler Stellung beziehen könnte und sollte, zu denen Sebastian Kurz aber wahlweise nichts oder eher wenig gesagt hat. Und ein sehr treffender Tweet.
- Die Kritik an ÖVP-Wissenschaftssprecher Rudolf Taschner, der in seinen Kolumnen den Klimawandel anzweifelte und sich für die “g’sunde Watschn” aussprach.
- Prölls Forderung nach einer gemeinsamen Aufarbeitung der Bundesregierung von Österreichs NS-Vergangenheit.
- Die Liederbuch-Affäre, zu der Kurz sagte, er gedenke, sich nicht weiter in Landbauers FPÖ-Zukunft einzumischen.
- Der Tweet von Straches Sprecher Martin Glier, in dem er das rechtsextreme Portal Metapedia zitiert hat.
- Norbert Hofers Pressesprecher, der hochrangiger Burschenschafter ist und laut dem Dokumentationsarchiv Österreichischen Widerstandes ein Naheverhältnis zum Rechtsextremismus pflegt.
- Die rechtsextremen Kandidaten für den Uni-Rat.
Auch bei VICE:
- Kickls “konzentrieren”-Sager, zu dem Sebastian Kurz lediglich meinte, Kickl habe seine Aussage klar gestellt.
- Straches Kosovo-Sager, zu dem Sebastian Kurz lediglich meinte, Strache habe seine Aussage klar gestellt.
- Die Attacken auf Journalistinnen und Journalisten, die in letzter Zeit von der FPÖ und ihrem Umfeld ausgingen.
- Die Tatsache, dass Wilhelm Brauneder zum Vorsitzenden der FPÖ-Historikerkommission ernannt wurde.
- Die Tatsache, dass Alexander Höferl, Chefredakteur von unzensuriert, nun als Kickls Kommunikationsleiter arbeitet.
- Efgani Dönmez’ Beitrag für Info Direkt.
- Die Welle an Hass und der darauffolgende Flowerrain für das Neujahrsbaby Asel.
- Der internationale Aufruf zum Boykott von FPÖ-Ministern.
Auch bei VICE:
- Die Kritik an seiner Person, nachdem er (als ehemaliges Anti-Raucher-Testimonial) das Kippen des Rauchverbotes unterstützt hatte.
- Manfred Haimbuchners umstrittene Aussagen beim politischen Aschermittwoch in Ried.
- Die Ehe für alle – eine Entscheidung, die Kurz zumindest “respektiert”. (Ja, wir werten diese Aussage als “Schweigen”, denn sie drückt lediglich seinen Respekt für den österreichischen Rechtsstaat aus, und sollte somit eine Selbstverständlichkeit sein.)
- #metoo und die schwerwiegenden Vorwürfe gegen den ÖSV.
- Das Rauchverbot-Volksbegehren.
- Das Frauenvolksbegehren.
- Die Attacken der FPÖ auf den ORF, zu denen Kurz eine “sachliche Debatte” forderte.